Die Demokratien sind längst nicht so reformfähig, wie es nötig wäre. Außerdem bringen Wahlen nicht immer ein befriedigendes demokratisches Erlebnis für die Wähler, weil die Wahlsysteme nicht die Meinung der Bevölkerung widerspiegeln. Es sind starke Thesen, die Sarah Händel vom Verein Mehr Demokratie e.V. zu Beginn der Podiumsdiskussion „Mitsprechen, mitmachen, mitentscheiden“ mit den Landtagskandidaten aus dem Wahlkreis Weinheim formuliert. „Die Menschen unterstützen weniger Parteien, sondern Projekte“, meint Händel und fragt sogleich in die Runde, ob nicht mehr direkte Demokratie und vereinfachte Volksentscheide nötig wären.
Uli Sckerl (Grüne) misst der direkten Demokratie eine hohe Bedeutung zu, er plädiert für eine Gesetzesänderung, um Volksabstimmungen zu erleichtern. Sebastian Cuny (SPD) meint, dass Volksbegehren „Konflikte in der Gesellschaft lösen können. Wir sollten diesen Weg weitergehen.“ Auch Bastian Schneider (CDU/in Vertretung von Julia Philippi) will direkte Demokratie mittels Digitalisierung unbürokratischer und einfacher machen, sieht sie jedoch nur als Ergänzung. In der repräsentativen Demokratie verfügten die Politiker über notwendiges Expertenwissen, das in Volksabstimmungen meist fehle. Alexander Kohl (FDP) sieht in Volksbegehren auf Landesebene ein Mittel, die Menschen wieder mehr für Politik zu interessieren.
Stephan Frauenkron (Freie Wähler) zeigt sich mit vielen Dingen bei den alteingesessenen Parteien unzufrieden, gerade bei Volksabstimmungen will er eine Entbürokratisierung. Er regt eine Art Zertifizierung an: Mit der Begleitung von unabhängigen Stellen im Vorfeld könne sichergestellt werden, dass alle Punkte und formale Kriterien für eine Zulassung des Volksbegehrens erfüllt würden und es damit rechtens sei. „Das dient dem Schutz des Bürgers“, sagt Frauenkron.
Ob Einwohner gar auf Kreisebene ein Volksbegehren beantragen sollten? Aber sicher, meint Frauenkron. „Die Interessenlagen der Städte und Gemeinden brauchen ein Korrektiv“, meint der 37 Jahre alte Hauptamtsleiter der Gemeinde Plankstadt und spricht dabei aus eigener, kommunalpolitischer Erfahrung. „Die Bürgermeister haben – natürlich – eigene Interessen“, weiß Frauenkron. Ein klares Ja zu diesem Punkt kommt auch von den anderen Diskussionsteilnehmern, nur Schneider sieht den Bedarf nicht. „Wenn ein Thema die Bürger wirklich interessiert, finden sich auch Landräte, die es im Kreistag einbringen.“
Einig sind sich am Ende alle, dass das Landtagswahlrecht dringend reformiert werden muss, nur ein Zwei-Stimmen-Wahlrecht könne wirklich die Gesellschaft im Landtag widerspiegeln. Auch Frauenkron plädiert für eine direkte Wahl und eine Landesliste – dem Vorschlag einer „Ersatzstimme“ auf Landesebene für jeden Wähler erteilt er jedoch eine Absage. „Dieses Experiment ist fragwürdig, da zeige ich klare Kante.“ Am ehesten sei der Einsatz einer Ersatzstimme noch bei Bürgermeisterwahlen möglich.
In den Vorberichten zur Landtagswahl am 14. März kann sich jeder Kandidat im Wahlkreis Weinheim eine sogenannte Kontingent-Veranstaltung vorschlagen, bei der schwerpunktmäßig vor allem über ihn berichtet wird. Stephan Frauenkron (Freie Wähler) hat diese Podiumsdiskussion gewählt.