Karlsruhe. Bundesinnenminister Horst Seehofer hat mit der Veröffentlichung eines AfD-kritischen Interviews die Partei in ihrem Recht auf Chancengleichheit verletzt. Der frühere CSU-Chef hätte den Bricht nicht auf der Internetseite seines Ministeriums einstellen dürfen, entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe nach einer Klage der AfD. Damit habe Seehofer gegen seine Pflicht zur staatlichen Neutralität im Regierungsamt verstoßen.
„Die Zulässigkeit der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung endet dort, wo Werbung für oder Einflussnahme gegen einzelne im politischen Wettbewerb stehende Parteien oder Personen beginnt“, sagte der scheidende Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle am Dienstag bei seiner wohl letzten Urteilsverkündung. Insbesondere müsse der Rückgriff auf mit dem Amt verbundene Ressourcen unterbleiben.
Ohne direkte Konsequenzen
Mit der Entscheidung unterstreicht der Zweite Senat bereits zum wiederholten Mal, dass ein Minister nicht die Autorität seines Amtes nutzen darf, um am politischen Meinungskampf mitzuwirken. Äußert er sich als Parteipolitiker, gelten diese Beschränkungen nicht. Die AfD hatte in einem ähnlichen Fall schon einmal erfolgreich gegen die damalige Bildungsministerin Johanna Wanka (CDU) geklagt.
Direkte Konsequenzen für Seehofer hat das Urteil nicht. Das Interview steht schon lange nicht mehr auf der Internetseite. Das Interview hatte Seehofer im September 2018 der Deutschen Presse-Agentur gegeben. Unmittelbar davor hatte die AfD-Fraktion versucht, im Bundestag den Haushalt des Bundespräsidenten diskutieren zu lassen.
Platzierung unzulässig
Der Vorwurf der AfD: Frank-Walter Steinmeier habe „für eine linksradikale Großveranstaltung“ geworben, indem er ein Konzert gegen Rassismus der zeitweilig vom Verfassungsschutz beobachteten Punkband Feine Sahne Fischfilet unterstützt hatte.
Seehofer kommentierte das im Interview, man könne nicht „wie auf dem Jahrmarkt den Bundespräsidenten abkanzeln“ und „Das ist staatszersetzend.“ Nach der Veröffentlichung hatte das Ministerium den dpa-Text zu anderen Berichten auf seiner Homepage gestellt. Das allein wurde Seehofer jetzt vorgehalten. Die Richter beanstanden ausdrücklich nicht die Äußerungen.
Das Innenministerium wollte das Urteil zunächst nicht kommentieren. Der AfD-Vorsitzende Tino Chrupalla sagte: „Der Bundesvorstand wird AfD-Wähler und Parteimitglieder auch weiterhin vor Diffamierungen schützen.“ Der Co-Vorsitzende Jörg Meuthen nannte das Urteil einen „Beitrag zur politischen Hygiene in Deutschland“. Der FDP-Innenpolitiker Benjamin Strasser betonte, es sei zwar ein Fehler gewesen, das Interview auf der Webseite des Ministeriums zu veröffentlichen. An der Richtigkeit der Aussage ändere das aber nichts.