US-Präsidentschaft - Republikaner sind besorgt, dass das Verhalten der eigenen Partei schadet / Regierungschef droht mit Dekret und Gerichtsverfahren

Trump will Vertrauen in die Briefwahl schwächen

Von 
Thomas Spang
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Briefwahlunterlagen liegen neben der Kandidatenliste von 2008. © dpa

Washington. Nevada ist der jüngste Staat, der das Wählen inmitten einer außer Kontrolle geratenen Pandemie sicherer machen will. Um am 3. November lange Schlange vor den Wahllokalen zu vermeiden, beschloss der Bundesstaat allen registrierten Wählern automatisch Briefwahl-Unterlagen zuzuschicken. „Wir sehen uns vor Gericht“, drohte US-Präsident Trump dem demokratischen Gouverneur Steve Sisolak, der das Gesetz am Montagabend per Unterschrift in Kraft setzte. Auf welcher Grundlage der Präsident klagen wollte, blieb schwammig. Denn nach der US-Verfassung werden die Wahlen dezentral in den 50 Bundesstaaten durchgeführt. Zuständig sind dort die einzelnen Wahlkreise. Die Aufsicht führt nicht die Bundesregierung, sondern die jeweiligen „State Secretaries“ der Gliedstaaten – vergleichbar mit den deutschen Landesinnenministern.

Trump drohte bei seinem „Corona-Briefing“ im Weißen Haus damit, per Dekret die Briefwahlen zu regulieren. „Ich habe das Recht dazu“, behauptete der Präsident, ohne zu erklären, auf welches Gesetz er sich dabei beruft.

Nachdem er in Umfragen zum Teil zweistellig hinter seinen demokratischen Herausforderer Joe Biden zurückgefallen war, verstärkte der Präsident seine Attacken auf das Wahlsystem selbst. Die 70 Angriffe auf die Briefwahlen seit März gipfelten vergangene Woche in dem Vorstoß, die Wahlen am 3. November zu verschieben. Die Idee stieß auf den geschlossenen Widerstand der republikanischen Führer im US-Kongress. Angewidert wandte sich Steven Calabresi von der erzkonservativen „Federalist Society“ von Trump ab. Der bisherige Unterstützer des Präsidenten hielt diesem vor, sich „faschistisch“ zu verhalten. Die Generalsekretärin der Republikaner, Ronny McDaniel, fürchtet, ihre Partei könnte einen Nachteil haben, wenn die eigenen Wähler wegen der Pandemie zu Hause blieben und nicht an der Briefwahl teilnähmen. Umfragen deuten darauf hin, dass Trumps Attacken auf die Briefwahlen genau diesen Effekt haben könnten. In diesem November haben 77 Prozent aller Amerikaner die Möglichkeit, ihre Stimme per Briefwahl abzugeben. Wahlrechtsexperten betonen, es gebe selten Probleme. Eine eigens von Trump eingesetzte Kommission, die angeblich „massiven Wahlbetrug“ bei den Wahlen 2016 untersuchen sollte, stellte ihre Arbeit zwei Jahre später ein, ohne nur einen einzigen Fall gefunden zu haben. Trump macht trotzdem keine Anstalten von seinen Attacken abzulassen. „Seine unverschämten Lügen über Briefwahlbetrug“, so Herausforderer Joe Biden, haben nichts mit der Sicherheit der Wahlen zu tun. „Er versucht, von seinem kompletten Versagen abzulenken.“

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