Berlin. Der immense Druck fiel am Donnerstagabend für einen kurzen Moment weg. Die Senderchefs der ARD-Häuser setzen ein Zeichen und einigen sich auf einen ungewöhnlichen Schritt, der dann prompt in der 20-Uhr-Hauptausgabe der „Tagesschau“ gemeldet wird: Die Vorsitzende des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB), Patricia Schlesinger, tritt als ARD-Vorsitzende und Repräsentantin der öffentlich-rechtlichen ARD-Gemeinschaft zurück.
Seit Wochen gibt es ungeklärte Vorwürfe gegen die 61-Jährige – von fragwürdigen Beraterverträgen, einer großen Gehaltserhöhung, Essen mit „Multiplikatoren“ auf RBB-Kosten in der Privatwohnung Schlesingers bis hin zu einem Dienstwagen mit Massagesitzen. Es gilt die Unschuldsvermutung. Die unabhängige Untersuchung wird sich aber noch viele Wochen hinziehen.
Durch Schlesingers Rückzug wird versucht, für die ARD Distanz zu dem Fall zu schaffen, der den Sender in Berlin und Brandenburg nicht mehr zur Ruhe kommen lässt. Ein Imageschaden für die ARD soll vermieden werden. Besser gesagt: Er darf sich nicht weiter vergrößern.
Die ARD-Sender stehen vor wichtigen Monaten, sie müssen über ihre künftige Finanzierung verhandeln. Der ARD-Vorsitz ist dafür eine Schlüsselposition. Spätestens beim Geld hörte auch hier die Solidarität auf. Vorher hatten sich die anderen Intendanten nicht geäußert, die RBB-Affäre also regional eingrenzen wollen. Das gelang nicht. Kaum ein Tag verging ohne neue Schlagzeilen.
Der Druck auf Schlesinger selbst wird tags darauf nochmals erhöht: Der Rundfunkrat will sich am Montag zu einer Sondersitzung treffen. Rundfunkratsvorsitzende Friederike von Kirchbach teilte am Freitag der Deutschen Presse-Agentur als Grund mit: „Wegen des anhaltenden Drucks auf Intendantin Schlesinger an der RBB-Spitze auch nach dem Rückzug von der ARD-Spitze müssen wir uns darüber verständigen, ob das Vertrauen des Rats in Schlesinger als RBB-Chefin weiterhin gegeben ist.“ dpa