Finanzen

Lindner zieht die Notbremse

Die Verhandlungen über Ausgabenwünsche sind festgefahren. Der Terminplan für den Bundeshaushalt ist geplatzt

Von 
Theresa Münch
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Lindner hat den Kabinettstermin auf unbestimmte Zeit verschoben. © Oliver Weiken/dpa

Berlin. Wochenlang haben sie verhandelt und gestritten, jetzt ist der Haushaltskonflikt in der Bundesregierung eskaliert: Finanzminister Christian Lindner kann den vorgesehenen Zeitplan für den Etat 2024 nicht einhalten. Der FDP-Politiker hat den eigentlich für die kommende Woche geplanten Kabinettstermin auf unbestimmte Zeit verschoben. Ganz bewusst nennt er keinen neuen Stichtag. „Wir werden im Kabinett noch einmal gemeinsam über finanzielle Realitäten sprechen müssen“, sagte Lindner.

Auseinandersetzungen über den Haushalt sind in der Bundesregierung zwar nicht ungewöhnlich: Fast in jedem Jahr wollen die Fachminister mehr Geld, als der Finanzminister ihnen zugestehen will. Nun aber liegen die Vorstellungen Lindners und gleich mehrerer seiner Kabinettskollegen so weit auseinander, dass der Finanzminister noch einmal grundsätzlich reden will.

Das gab es selten – und es könnte im Extremfall die Arbeit der rot-grün-gelben Bundesregierung lahmlegen. Denn dauert der Streit über die Einzeletats länger, fehlt die finanzielle Basis für Gesetzesvorhaben. Die oppositionelle Union fordert daher ein Machtwort von höchster Ebene. „Kanzler Scholz muss jetzt umgehend eingreifen, um die Haushaltsblockade aufzulösen“, sagte der Chef der CSU-Bundestagsabgeordneten, Alexander Dobrindt.

Scholz selbst zeigte sich gelassen: In den vergangenen Jahren sei die Vorstellung der Eckwerte „immer wieder mal verschoben worden, auch in der Zeit, als ich Finanzminister war“, sagte er. „Das hat eigentlich nie große Aufregung ausgelöst, jetzt auch nicht, also jedenfalls bei mir nicht.“ Auch Wirtschaftsminister Robert Habeck bemühte sich, die Wogen zu glätten. „Das ist kein großes Drama“, sagte der Grünen-Politiker. „Wir haben einfach ein objektives Problem im Haushalt.“ Das versuche man gemeinsam zu lösen.

Seine Ministerkollegen haben bei Lindner Ausgabenwünsche angemeldet, die rund 70 Milliarden Euro über dem bisher vereinbarten Finanzplan lagen. Allein Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) wollte zehn Milliarden Euro mehr für die Truppe. Lindner ist nicht abgeneigt, den Wehretat etwas aufzustocken, forderte aber dafür Einsparungen an anderer Stelle. Debattiert wird auch über neue Förderprogramme nach dem von Habeck vorangetriebenen Verbot neuer Öl- und Gasheizungen ab 2024 und zahlreiche weitere Projekte.

Höhere Kosten durch Zinsen

Die Kosten für den Bund werden im kommenden Jahr nach den Erwartungen des Finanzministeriums deutlich steigen. Das liegt unter anderem an der Belastung durch Zinsausgaben, die sich innerhalb von zwei Jahren von vier auf rund 40 Milliarden Euro verzehnfacht haben. Im Ministerium werden auch die laufenden Tarifverhandlungen, deren Ergebnis Milliarden verschlingen könnte, genannt. Auch die Hilfen für die Ukraine schlagen zu Buche.

Wie es mit der Haushalts-Aufstellung weitergeht, ist völlig unklar. Es werde weiter gesprochen, hieß es aus dem Finanzministerium. Ob die aktuelle Verschiebung die Verabschiedung des Haushalts insgesamt verzögern wird, ist ebenfalls noch offen. Der endgültige Regierungsentwurf soll nach bisherigem Plan am 21. Juni vom Kabinett abgesegnet werden. Danach wäre der Bundestag am Zug. Hier wird ein Beschluss für 1. Dezember angestrebt. dpa

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