Laschet als Kanzler? Es gibt Zweifel

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Armin Laschet ist neuer CDU-Vorsitzender – ob er auch als Kanzlerkandidat ins Rennen geht, ist noch offen. © Bild dpa

Die Christdemokraten bestätigen am Freitag Armin Laschet als ihren neunten Parteivorsitzenden. Die Deutschen wünschen sich allerdings jemand anderen als Kanzlerkandidaten der Union.

In der Parteizentrale der CDU im Berliner Ortsteil Tiergarten ist alles bereit für den Neuen. Schon vor dem Parteitag hat seine Vorgängerin Annegret Kramp-Karrenbauer ihre Sachen zusammengepackt und das Büro besenrein hinterlassen. Am Freitag wird Armin Laschet ganz offiziell in den Raum im 5. Stock des Konrad-Adenauer-Hauses einziehen. Gegen 16.30 Uhr wird CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak das Ergebnis der Briefwahl verkünden, bei der die Delegierten die Wahl des digitalen Parteitags noch einmal schriftlich bestätigen sollten. Dann wird Armin Laschet ganz offiziell der neunte Vorsitzende der CDU Deutschlands sein.

Seine Amtszeit beginnt indes mit schlechten Nachrichten: Nur eine Minderheit der Deutschen hält den neuen CDU-Parteichef für den aussichtsreichsten Kanzlerkandidaten der Union. Nach einer Kantar-Umfrage im Auftrag dieser Redaktion sagen nur 21 Prozent, mit Laschet habe die Union die besten Chancen bei der Bundestagswahl im September. 43 Prozent nennen den bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Vorsitzenden Markus Söder. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) kommt auf sieben Prozent, Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus auf ein Prozent. Zehn Prozent wünschen sich ausdrücklich keinen der vier zur Auswahl gestellten Politiker. Laschet hatte sich beim CDU-Parteitag am vergangenen Wochenende gegen den früheren Unionsfraktionsvorsitzenden Friedrich Merz durchgesetzt.

Noch deutlicher fällt Söders Vorsprung vor Laschet unter den Anhängern von CDU und CSU aus: 65 Prozent trauen dem bayerischen, 20 Prozent dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten am meisten zu. Spahn kommt auch im Unionslager nur auf sieben, Brinkhaus auf ein Prozent.

Auch in der Anhängerschaft möglicher Koalitionspartner ist die Präferenz eindeutig: Unter den Grünen-Wählern sprechen sich 42 Prozent für Söder und 34 Prozent für Laschet aus. Und das, obwohl Laschet schon als junger Bundestagsabgeordneter der „Pizza-Connection“ angehörte, einer Runde, bei der in den 1990er Jahren konservative und grüne Nachwuchspolitiker in Bonn mögliche Schnittmengen ausloteten. Bei der FDP – die in Nordrhein-Westfalen mit Laschet regiert – sind 43 Prozent für Söder und zwölf Prozent für Laschet. Im Lager des sozialdemokratischen Koalitionspartners auf Bundesebene trauen 44 Prozent Söder und 29 Prozent Laschet mehr zu.

Bei den Männern (51 zu 19 Prozent) führt Söder deutlicher vor Laschet als bei den Frauen (36 zu 22 Prozent). In den ostdeutschen Bundesländern (45 zu 17 Prozent) ist der Vorsprung des bayerischen auf den nordrhein-westfälischen Regierungschef etwas größer als in den westdeutschen (43 zu 22 Prozent).

Über die K-Frage wollen CDU und CSU im Frühjahr entscheiden. In der CDU gehen aber viele davon aus, dass der neue Parteichef sich die Kandidatur nicht nehmen lassen wird. Zu verlockend ist die Aussicht, dass mit Laschet der erste Nordrhein-Westfale seit Konrad Adenauer Bundeskanzler werden könnte.

Vorher wartet aber noch eine andere Mammutaufgabe auf Laschet: die Gräben in der Partei überwinden. Tief ist die Wunde vor allem im Lager von Merz nach dessen Niederlage: Viele hatten gehofft, er werde als Parteichef dem Kurs von Kanzlerin Angela Merkel ein Ende setzen.

Eine zentrale Herausforderung für Armin Laschet sieht der Parteienforscher Uwe Jun deshalb darin, „die innerparteiliche Geschlossenheit herzustellen“. „Das gilt nicht nur für die eigene Partei, sondern auch mit Blick auf die Schwesterpartei. CDU und CSU müssen im Wahlkampf geschlossen auftreten“, so der Professor für Politikwissenschaft an der Uni Trier: „Außerdem muss er die verschiedenen Positionen in der CDU programmatisch auf einen Nenner bringen und auf dieser Grundlage ein Zukunftskonzept für die Partei präsentieren.“ Wichtig sei auch die Integration seiner Unterstützer: „die ostdeutschen Verbände, die konservativeren Verbände und die Wirtschaftsliberalen in der Union“.

Das sieht auch der Vorsitzende der Mittelstandsvereinigung von CDU/CSU, Carsten Linnemann, so. „Jetzt hängt natürlich auch viel von seiner Person ab“, so Linnemann: „Vor allem die ostdeutschen Landesverbände müssen noch stärker das Gefühl vermittelt bekommen, dass man ihm vertrauen kann, dass er Partei und Land in eine innovative, dynamische Zukunft führen kann.“ Linnemann hatte im internen Machtkampf Merz unterstützt. Jetzt setzt er auf Geschlossenheit.

Genauso wie die Junge Union. Diese hatte ebenfalls für Merz geworben. „Armin Laschet ist am Samstag mit Mehrheit gewählt worden. Das ist Demokratie“, sagt JU-Chef Tilman Kuban nun. Laschet habe in NRW gezeigt, dass er die verschiedenen Flügel einbinden könne: „Ein solches Angebot wünschen wir uns auch für die gesamte Partei. Es geht darum, dass auch die konservativ-wirtschaftsliberale Idee ihren Platz in der CDU hat.“

Einen ersten Eindruck, wie es um die Geschlossenheit bestellt ist, wird das Ergebnis der Briefwahl ergeben. Bekommt Laschet dabei nicht mindestens 70 Prozent der Stimmen, wird das seinen Start erschweren.

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