Berlin. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die reicheren Nationen dazu aufgerufen, von ihren Corona-Impfstoffmengen etwas an ärmere Länder abzugeben. „Das ist nicht einfach, aber es ist eine Frage der Menschlichkeit und eine Frage unserer eigenen Maßstäbe, an denen wir uns messen lassen“, sagte er am Montag in Berlin in einer gemeinsamen Online-Pressekonferenz mit dem Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus. Zugleich sei es im eigenen Interesse der reicheren Länder.
„In den nächsten Wochen und Monaten werden Impfstoffdosen noch überall ein knappes Gut sein“, sagte Steinmeier. „Je rascher auch wir in Deutschland und in Europa bereit sind, ein wenig von dem abzugeben, was uns gesichert ist, desto eher können wir das Infektionsgeschehen global eindämmen.“ Ob und wie überzeugend die internationale Zusammenarbeit bei Impfungen, Tests und Medikamenten gelinge, sei auch „ein Lackmustest der internationalen Solidarität“.
Markt leergekauft
Steinmeier warnte, wer jetzt die nötige Solidarität verweigere, dürfe sich nicht wundern, wenn andere Länder dieses Vakuum mit Lieferungen für eigene Zwecke nutzten. „Die Pandemie ist auch ein geopolitischer Moment mit enormen Folgen für unsere Zukunft und die Rolle, die wir in der Welt nach der Pandemie spielen.“
Steinmeier lobte die Milliarden-Zusagen des G7-Gipfels am vergangenen Freitag für die internationalen Impfbemühungen als „ein mehr als nur gutes Signal“. Andere Staaten der Welt seien aufgerufen, diesem Beispiel zu folgen. WHO-Chef Tedros nannte die Finanzzusagen zwar hilfreich. Sie nützten aber nichts, wenn die reichen Länder parallel den Markt mit Impfstoffen leer kauften. Wegen solcher Aktivitäten seien dem von der WHO mitgesteuerten Solidarprojekt Covax, das Impfstoffe für alle Länder der Welt einkauft, zugesagte Impfstoffmengen teilweise wieder gestrichen worden. Die Gefahr sei, dass sich das Virus in Weltregionen, wo nicht geimpft werde, verändern und von dort wieder weltweit ausbreiten könne.