Mannheim. Es ist ein ständiges Auf und Ab. Nach ihrem Rekordtief im Mai klettert die CDU/CSU im aktuellen Politbarometer der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen um vier Zähler auf 28 Prozent – und distanziert die Grünen, die drei Punkte einbüßen und auf 22 Prozent landen.
Auf den ersten Blick ein formi-dabler Vorsprung – 15 Wochen vor der Bundestagswahl am 26. September. Doch Umfragen sind keine Ergebnisse. Für 78 Prozent der Deutschen ist „heute noch nicht klar“, wer die Bundestagswahl gewinnt. Aber auch das Abschneiden der Union in der Sonntagsfrage ist nur eine Momentaufnahme. „Dass sie sich jetzt wieder berappelt hat, ist ja kein Wunder. Immerhin war sie im Rekordtief und die CDU hat am Sonntag bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt einen überraschend hohen Sieg errungen, während die Grünen enttäuschten“, ordnet Andrea Wolf von der Forschungsgruppe ein.
Ein Glaubwürdigkeitsproblem
Dennoch müssen bei den Grünen die Alarmglocken schrillen. Denn bei der Bundestagswahl geht es auch darum, wer ins Kanzleramt einzieht. Dieses Ziel verfolgen die Grünen, dafür müssen sie nicht unbedingt vor der Union landen. Der zweite Platz könnte reichen, falls es – wie jetzt in der aktuellen Umfrage – eine Mehrheit für eine Ampelkoalition mit SPD und FDP geben würde. Vor diesem Hintergrund ist es aber für die Ökopartei schon ein böser Dämpfer, dass Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock so dramatisch im Ansehen abstürzt. Auf der Rangliste der beliebtesten zehn Politikerinnen und Politiker landet sie mit einem Imagewert von minus 0,2 auf dem letzten Platz. Dagegen macht Armin Laschet (CDU) Boden gut und klettert mit einer Benotung von 0,6 immerhin auf Platz sechs. SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hält seinen vierten Rang (unverändert 0,9).
„Der Absturz von Baerbock erinnert schon ein wenig an 2017, als SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz nach der verlorenen Landtagswahl im Saarland Federn lassen und dann noch das Desaster in NRW hinnehmen musste“, so die Wahlforscherin. Damals entgleiste der Schulz-Zug – ein Sprachbild, das jetzt auch die Konkurrenz genüsslich bei Baerbock verwendet. „Bei der Kanzlerkandidatin kommt aber noch hinzu, dass sie sich in letzter Zeit eine ganze Reihe von politischen Fehlern geleistet hat. Daraus ist jetzt ein Glaubwürdigkeitsproblem entstanden“, sagt Wolf.
Als Kanzlerkandidatin steht Baerbock seit ihrer Nominierung im April mehr im Rampenlicht. Früher konnte sie sich das Scheinwerferlicht mit ihrem Co-Vorsitzenden Robert Habeck teilen, der durch seine Fauxpas Baerbock noch heller leuchten ließ. Während Habeck Probleme hatte, die Details der Pendlerpauschale zu rekapitulieren, zitierte Baerbock Paragrafen aus Gesetzestexten.
Doch seit ihrer Nominierung patzt sie plötzlich auch inhaltlich. Wer in einer Rede im Bundestag fälschlicherweise der SPD die soziale Marktwirtschaft zuschreibt, erntet Häme. Und wer den Verdacht ausräumen will, er wolle Verbindungen zu Lobbygruppen verschweigen, kann alle Organisationen in den Lebenslauf aufnehmen, mit denen man jemals etwas zu tun hatte. Nur: Mitgliedschaft und Mitarbeit sind nicht dasselbe. Erst recht, wenn es sich um eine Organisation wie das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR handelt. Dort kann nämlich keiner Mitglied werden.
Laschet und Scholz profitieren
Solche Fehler sind nicht nur „Mist“, wie Baerbock selbst meint. „Die Wähler fragen sich ja, wer ist geeignet für das Kanzleramt, und da haben sich bei Baerbock jetzt einige Dinge angesammelt, die sich negativ auf die Frage nach ihrer Kanzlertauglichkeit auswirken“, sagt Wolf. Dass Baerbock das Zeug dazu hat, glauben jetzt nur noch 28 Prozent der Befragten. Auch hier ein Absturz: Vor fünf Wochen waren es 42. Dagegen verbessern sich Laschet und Scholz. 43 Prozent (Mai 37) trauen dem NRW-Ministerpräsidenten inzwischen die Merkel-Nachfolge zu. Bei Scholz sind es 48 (42). „Baerbock hat das Problem, das sie zwar bei den eigenen Anhängern großen Rückhalt hat, sie polarisiert aber stark und kann deshalb in den anderen Lagern weniger punkten“, sagt Wolf.
Im Duell Laschet gegen Baerbock favorisieren jetzt 59 Prozent (46) den CDU-Politiker, Baerbock fällt von 42 auf 31 Prozent. Auch Scholz kann das Umfrage-Duell gegen Baerbock mit 58 (48) zu 32 (41) für sich entscheiden. Eng wäre das Rennen zwischen Laschet und Scholz. Der CDU-Mann käme auf 46 Prozent (41), der Finanzminister auf 43 (45).