Kriminalität - Hessische Ministerin und Generalstaatsanwalt berichten von Zuwachs an Ermittlungen wegen Terror und Kinderpornos

Zahl der Strafverfahren steigt

Von 
Gerhard Kneier
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Frankfurt. Islamistischer Terror und Kinderpornografie: Vor allem Ermittlungen in diesen beiden Kriminalitätsfeldern halten die hessische Justiz in Atem. In beiden Bereichen nimmt die Zahl der Strafverfahren rapide zu, wie Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) und der Frankfurter Generalstaatsanwalt Helmut Fünfsinn gestern in ihrer Jahresbilanz erläuterten.

Eines der größten Verfahren ist das der im Darknet ausgehobenen Kinderporno-Plattform "Elysium" mit weltweit fast 90 000 Nutzern. Die Zahl der Festnahmen dazu hat sich inzwischen auf 16 erhöht, darunter 14 Fälle mit aktivem sexuellen Missbrauch an kleinen Kindern. Und Terrorverfahren gab es in Hessen von 2013 bis 2016 insgesamt 491, in diesem Jahr kamen bis jetzt noch einmal weitere 169 hinzu.

Die militärischen Misserfolge und finanzielle Schwäche der Terroristen in den Kampfgebieten hat keineswegs einen Rückgang dieser Verfahren in Deutschland zur Folge. "Im Gegenteil", sagt die Justizministerin. Neben Rückkehrern aus Syrien und Irak, die dort den "Islamischen Staat" oder andere Terrororganisationen unterstützt haben, machen den Sicherheitsbehörden immer wieder auch hierzulande aktive Verdächtige zu schaffen.

Zu den spektakulärsten Fällen zählt der eines Anfang Februar bei einer Razzia in Hessen festgenommenen Tunesiers. Ihm und 16 weiteren Beschuldigten wird in dem gemeinsamen Verfahren von Frankfurter Staatsanwaltschaft und Landeskriminalamt Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung und Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat zur Last gelegt. Konkret soll er ein Netzwerk an IS-Helfern mit dem Ziel aufgebaut haben, in Deutschland einen Anschlag zu verüben. Doch das Verwaltungsgericht Frankfurt gab in dieser Woche dem Eilantrag des Mannes gegen die geplante Abschiebung nach Tunesien statt, weil dort die Verhängung der Todesstrafe gegen ihn nicht rechtssicher ausgeschlossen sei. Fünfsinn betont aber, das Verfahren dazu sei noch nicht abgeschlossen, parallel gebe es auch ein Auslieferungsverfahren. Auf jeden Fall soll er in Untersuchungshaft bleiben.

Zu den weiteren großen Verfahren gehört das gegen einen zuletzt an der TU Darmstadt als Doktorand eingeschriebenen Syrers, der eine Anleitung zum Bombenbau und dem Bau eines Fernzünders für Mobilfunkgeräte gespeichert habe. Und gegen einen in Frankfurt wohnhaften Türken läuft bereits der Prozess, weil er in Syrien für die terroristische Vereinigung "Junud al-Sham" gekämpft habe.

Personalmangel bei Behörden

Die eigentlich in Terrorverfahren federführende Bundesanwaltschaft in Karlsruhe schafft es längst nicht mehr, alle Ermittlungen selbst zu führen. Sie hat in diesem Jahr schon 47 Verfahren an die Frankfurter Justiz abgegeben. Staatsanwaltschaften und Gerichte in Hessen benötigen nicht nur deshalb mehr Personal. Von den 250 neuen Stellen aber konnten bislang noch gar nicht alle besetzt werden. Allein die der Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft unterstehende Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität in Gießen hat letztes Jahr 1798 Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Nicht alle Übeltäter, die überwiegend dem Bereich Kinderpornografie zuzuordnen sind, kommen aber aus Hessen. Die Zentralstelle führt etwa ein Viertel aller entsprechenden Verfahren im ganzen Bundesgebiet zumindest, bis die Verdächtigen ermittelt sind, dann erst gibt sie einen größeren Teil davon an die örtlichen Staatsanwaltschaften ab.

Zur zerschlagenen Kinderporno-Plattform "Elysium" im Darknet meldete der Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft, Georg Ungefuk, zwei neue Festnahmen in Deutschland. Ein in Nordrhein-Westfalen wohnhafter Niederländer habe sich nach Kontakt über die Plattform gemeinsam mit einem Deutschen aus Berlin an seinem zweijährigen Kind vergangen, gegen beide wurde Haftbefehl verhängt. Kühne-Hörmann erneuerte ihre Forderung, die Höchststrafe bei Kinderpornos von drei auf fünf Jahre zu erhöhen. Sonst sei es schwierig, Überwachungsmaßnahmen zu verhängen.

Korrespondent

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