Stuttgart. Jetzt soll doch alles auf den Seziertisch: Das Wissenschaftsministerium wird die Vergabe von Leistungszulagen für Professoren an allen baden-württembergischen Hochschulen und Universitäten überprüfen. Bis Ende kommender Woche sollen alle Unterlagen im Ministerium vorliegen. Dies teilte das Wissenschaftsministerium gestern im Anschluss an Gespräche von Ministerin Theresia Bauer (Grüne) mit sämtlichen Rektoren, Kanzlern und Präsidenten der Hochschulen in Stuttgart mit. Bauer begründete diesen Schritt, den sie bis vor kurzem mit Verweis auf die Eigenverantwortung der Hochschulen noch abgelehnt hatte, damit, dass ein Vertrauensverlust in die akademische Selbstverwaltung drohe.
Vergabe von Leistungsbezügen
Die Hochschulen verfügen über ein jährliches Budget für die leistungsorientierte Besoldung der Hochschullehrer (Vergaberahmen).
Innerhalb dieses Vergaberahmens ist die Hochschule bei der Mittelvergabe frei.
Das Wissenschaftsministerium kann nur bei Überschreitung des Vergaberahmens eingreifen. bub
Mehrere Ermittlungen
Die vermutlich rechtswidrige Vergabe von Zulagen an der Hochschule in Ludwigsburg beschäftigte bereits Gerichte sowie einen Untersuchungsausschuss des Landtags zur Rolle der Ministerin. In der vergangenen Woche war auch ein entsprechender Verdacht in Konstanz bekannt geworden. Dort gibt es eine Anzeige, der zufolge bis zu 50 Professoren unrechtmäßige Zulagen erhalten haben sollen. Bauer hatte daraufhin die Führungsebene der Hochschulen nach Stuttgart zitiert.
Künftig sollen die Hochschulen auch geplante Änderungen an den jeweiligen Richtlinien vorab dem Ministerium vorlegen. Zudem wird das Haus von Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) eine Rahmenrichtlinie für die Vergabe von Zulagen erarbeiten. Damit werde einem Wunsch entsprochen, den einige Hochschulen an das Ministerium herangetragen hatten. Diese Vereinbarung werde von allen Seiten vorbehaltlos mitgetragen, hieß es gestern. Widerspruch seitens der Hochschulen habe es nicht gegeben.
Bauer wollte das Vorgehen nicht als Zweifel an der Autonomie der Hochschulen verstanden wissen und erteilte zudem eine weitgehende Absolution: "Was wir bereits sagen können: An den Hochschulen ist nicht mehr Geld für Leistungsbezüge und Zulagen ausgegeben worden, als für diesen Zweck zur Verfügung steht", sagte sie.
Für die Landtagsopposition kommt die von Bauer jetzt angekündigte "systematische Aufarbeitung" freilich viel zu spät. "Das hätte schon 2012 nach Bekanntwerden der Vorgänge in Ludwigsburg passieren müssen", so Sascha Binder, SPD-Obmann im Untersuchungsausschuss. Das Ministerium hätte den gesamten rechtlichen Prozess zur Vergabe von Leistungsbezügen hinterfragen müssen, um sicher sein zu können, dass es nicht weitere Fälle gibt. Binder deutet zudem an, dass die Ministerin Kenntnis von weiteren Fällen haben könnte. "Warum sonst sollte sie jetzt alle Richtlinien anfordern, wo sie sich bis jetzt immer strikt verweigert hat?", fragt er. Auch Nico Weinmann, wissenschaftspolitischer Sprecher der FDP, verweist darauf, dass Bauer genau diesen Schritt noch vor zehn Tagen abgelehnt habe: "Es ist für sie zu hoffen, dass sie nicht von einer bösen Ahnung getrieben ist."
Weitere Unterlagen angefordert
Einstimmig hatte der Untersuchungsausschuss dafür plädiert, beim Ministerium auch die Konstanzer Unterlagen anzufordern. Einsicht bekommen werden die Ausschussmitglieder aber nicht: Das Ministerium verweigert die Herausgabe mit dem Hinweis, dass Gegenstand von Untersuchungsausschüssen nur abgeschlossenes Regierungshandeln sei. Damit die Vorgänge an den Hochschulen öffentlich aufgearbeitet werden, will die CDU in den nächsten Tagen einen Berichtsantrag an die Landesregierung stellen. Ministerin Bauer soll erklären, was sie über Konstanz weiß und ob sie von weiteren Unregelmäßigkeiten Kenntnis hat. Einen ähnlichen Antrag haben die Grünen bereits vergangene Woche gestellt.