Landtag

Schutz für afghanische Flüchtlinge

Nur die AfD lehnt den Nachzug für bis zu 1000 Menschen zu bereits schon in Hessen lebenden Verwandten ab, ansonsten gibt es einmütige Zustimmung

Von 
Gerhard Kneier
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Taliban-Kämpfer stehen Wache an einem Explosionsort in Kabul: Die Lage in Afghanistan bleibt hochgefährlich – Hessen will helfen. © Ebrahim Noroozi/AP/dpa

Wiesbaden. Für die AfD ist die Sache klar: Inmitten der schwersten Wirtschaftskrise „verhöhnt die hessische Landesregierung die deutsche Bevölkerung“, wetterte ihr stellvertretender Fraktionschef Volker Richter am Donnerstag im Wiesbadener Landtag gegen die Koalition aus CDU und Grünen. Doch damit stand seine Partei in der Aktuellen Stunde des Landesparlaments zum Aufnahmeprogramm für 1000 Flüchtlinge aus Afghanistan ziemlich alleine. Alle anderen Fraktionen von Regierung und Opposition unterstützten nämlich einmütig das Vorhaben, die begrenzte Zahl an Menschen aus dem von den Taliban beherrschten Land zu ihren in Hessen lebenden Familienangehörigen nachholen zu lassen.

Sozialminister Kai Klose (Grüne) erläuterte das sogenannte Landesaufnahmeprogramm, das vor seiner Umsetzung erst noch von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) genehmigt werden muss. Dass ihre Parteifreundin das tun wird, steht für die SPD-Abgeordnete Heike Hofmann außer Frage, wie sie in der Landtagsdebatte sagte. Laut Klose wird derzeit an einer Verordnung gearbeitet, die es den über 30 000 derzeit in Hessen lebenden Menschen aus Afghanistan erlaubt, für ihre noch vor Ort verbliebenen Angehörigen entsprechende Nachreiseanträge zu stellen. Der Begriff der Familienangehörigen ist darin bewusst weit gefasst – von Ehepartnern und Kindern bis hin zu Enkeln und Großeltern.

Land übernimmt Flugkosten

Voraussetzung ist allerdings, dass sie auch für den Lebensunterhalt der einreisenden Flüchtlinge aufkommen. Die Kosten für den Flug sowie bei Schwangerschaft, Geburt, Pflegebedürftigkeit und Krankheit übernimmt dagegen das Land Hessen. Der Minister Kai Klose nannte es eine humanitäre Pflicht, den Betroffenen zu helfen.

Ähnlich äußerten sich die Redner aller Parteien. Sie verwiesen auf die Gefährdung der sogenannten Ortskräfte, die nach dem überstürzten Abzug der amerikanischen und dann auch der deutschen Soldaten ungeschützt dem Regime der Taliban ausgeliefert sind. Der FDP-Abgeordnete Yanki Pürsün sagte, 30 von ihnen seien bereits getötet worden.

Er kritisierte, das von CDU und Grünen beschlossene Landesaufnahmeprogramm greife zu kurz. Auch die von den Taliban bedrohten Ortskräfte ohne Familienangehörige in Hessen verdienten Schutz. Saadet Sönmez von der Linken bemängelte, viele in Hessen lebende Flüchtlinge aus Afghanistan könnten es sich gar nicht leisten, ihre nachkommenden Angehörigen zu ernähren, auch sei die Obergrenze von 1000 nicht nachzuvollziehen. Der Grünen-Politiker Marcus Bocklet und Max Schad von der CDU räumten ein, dass es sich dabei um einen Kompromiss zwischen den beiden Regierungsparteien handelt. AfD-Mann Richter sagte, die CDU unterwerfe sich damit „vollständig grüner Politik“.

Finanzhilfe vom Bund gefordert

Deren Sozialpolitiker Bocklet räumte ein, dass die Flüchtlingsaufnahme für die Kommunen nicht leicht sei. Man müsse aber auch in Krisenzeiten zu seinen Werten stehen. Der CDU-Abgeordnete Schad forderte mehr finanzielle Hilfe des Bundes bei der Unterbringung. Die Sozialdemokratin Hofmann verwies auch auf den zunehmenden Hunger der Menschen in Afghanistan.

Korrespondent