Nachhaltigkeit - In immer mehr hessischen Städten entstehen Angebote, bei denen man sich Alltagsgegenstände borgen kann

Leihen statt Kaufen in neuer „Bibliothek der Dinge“

Von 
Jenny Tobien
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Vom Grill bis zum Tischtennisschläger: Das Sortiment der „Bibliothek der Dinge“ in Frankfurt ist vielfältig. © dpa

Kassel/Frankfurt. Wer kennt das nicht? Da werden aus einem bestimmten Anlass der Schlagbohrer, das Waffeleisen oder ein großes Zelt gekauft – und wenig später stehen die selten genutzten Sachen als Staubfänger irgendwo herum. In mehreren hessischen Städten können Werkzeuge, Gartenzubehör, Elektrogeräte oder Freizeitartikel stattdessen ausgeliehen werden: ob beim Verein „allerleih“ in Kassel, in Leihläden in Maintal und Fulda oder neuerdings auch in der Frankfurter Stadtbücherei.

Ressourcen schonen



Wer Gegenstände teilt, anstatt sie zu kaufen, spart nicht nur Geld, sondern schützt auch die Umwelt.

Darauf weisen die Gründer von Leih-Initiativen hin. So würden etwa bei der Herstellung von Elektrogeräten wertvolle Ressourcen verbraucht.

Zugleich wächst der globale Berg an Elektroschrott. Laut einem Bericht, an dem unter anderem die Universität der Vereinten Nationen mitgeschrieben hat, kamen 2019 rund 53,6 Millionen Tonnen zusammen. Das entspricht einem Wachstum von 21 Prozent innerhalb von 5 Jahren.

Die Prognose ist düster: 2030 seien 74 Millionen Tonnen zu erwarten.

„Das läuft richtig gut an, wir werden regelrecht überrannt“, sagt Sebastian Wilke, der die „Bibliothek der Dinge“, die vor bald drei Wochen an den Start ging, mitinitiiert hat. Unter dem Motto „Zeusch für Eusch“ werden an zwei Standorten in Frankfurt mehr als 80 Gegenstände verliehen. In der Musikbibliothek in der Innenstadt gibt es Instrumente oder Aufnahmeequipment, im Bibliothekszentrum im Stadtteil Sachsenhausen sind beispielsweise Bohrmaschinen, ein Fahrrad oder ein Teleskop im Angebot.

„Der erste Gegenstand, der in Sachsenhausen wegging, war meines Wissens die Eismaschine“, sagt Wilke. Ausleihen könne jeder, der über 18 Jahre alt ist und einen Bibliotheksausweis besitzt. Nach spätestens vier Wochen müssen die Sachen zurückgegeben werden.

Ganz neu ist die Idee aber nicht. „Wir sind da nicht die Ersten. Das ist ein Trend, den es seit ein paar Jahren in öffentlichen Bibliotheken gibt, nicht nur in Deutschland, sondern auch im Ausland“, erklärt Wilke. Das Konzept ergebe auf vielen Ebenen Sinn. Da sei zum einen der Nachhaltigkeitsaspekt, denn durch das Teilen werden die Umwelt geschützt und Ressourcen geschont. Zudem könne man Dinge erst einmal ausprobieren – ob die Gitarre, das Waveboard oder die VR-Brille – bevor man sich diese endgültig anschaffe.

Acht-Mann-Zelt und E-Lastenrad

Ein ähnliches Angebot gibt es seit einigen Monaten in Kassel: Dort ging im vergangenen September der Verein „allerleih“ an den Start. In Kooperation mit der Kassler Stadtbücherei und einem Repariercafé verleiht die Initiative um die 130 Gegenstände an die Mitglieder des Fördervereins. „Wir haben beispielsweise ein E-Lastenrad, viel professionelles Werkzeug, einen Beamer und eine Leinwand, ein Acht-Mann-Camping-Zelt oder eine Nudelmaschine“, sagt Initiatorin Josefine Döring. „Das Schöne ist, dass es neben den nachhaltigen und umweltschonenden Aspekten auch einen sozialen Aspekt gibt“, erklärt die 25-jährige Studentin. Da keine Ausleihgebühren sondern lediglich ein Mitgliedsbeitrag von zwei Euro im Monat anfallen würde, könne jeder das Angebot nutzen. Das sei ein großer Schritt in puncto Chancengleichheit und wirtschaftlicher Teilhabe.

Offenbach startet Umfrage

Bislang sei die Nachfrage, wohl auch wegen der aktuellen Corona-Pandemie, noch recht überschaubar. Doch die Idee verbreitet sich weiter: So hätte der Verein bereits Anfragen aus Marburg und Göttingen erhalten, wo demnach ähnliche Initiativen geplant sind. Auch Offenbach plant eine „Bibliothek der Dinge“. Derzeit ruft die Stadt im Internet zu einer Umfrage auf, um herauszufinden, welche Objekte besonders gefragt wären. „Wir möchten Gegenstände aus verschiedenen Bereichen verleihen, zum Beispiel Dinge, die Sie im Haushalt, im Urlaub oder in der Freizeit nutzen können“, heißt es da. „Das spart Geld und fördert Nachhaltigkeit!“ lhe

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