Betreuung - Kindertagesstätten reagieren mit unterschiedlichen Konzepten auf Vorgaben des Landes / Familienzentrum Kirschenstraße weicht auf Waldsporthalle aus

„Vom Normalbetrieb weit entfernt“

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Corina Busalt
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Brotzeit auf der Tribüne: Erzieherin Steffi Berger (3.v.l.) ist zurzeit mit ihrer Gruppe vom Familienzentrum Kirschenstraße in der Waldsporthalle aktiv. © corina busalt

Viernheim. Im eingeschränkten Regelbetrieb laufen seit wenigen Tagen die Viernheimer Kindergärten. Wie die Einrichtungen die Vorgaben des Landes Hessen umsetzen, bleibt ihnen überlassen. Entsprechend unterschiedlich sind die Angebote der Kitas. „Vom Normalbetrieb sind wir jedenfalls noch weit entfernt“, sagt Rudolf Haas, Leiter des Amtes für Soziales und Standesamt.

Denn gerade für Eltern, die beide fünf Tage in der Woche berufstätig, mit ihrer Arbeit aber nicht „systemrelevant“ sind, bleibt die Situation schwierig. Viele von ihnen können ihr Kind lediglich zwei Tage in den Kindergarten bringen und müssen sich an den übrigen Tagen selbst um die Betreuung kümmern. Aber Haas ist sich sicher: „Alle Einrichtungen haben versucht, das Bestmögliche aus der Situation herauszuholen.“ Vieles sei von Räumen und Personal abhängig, Dinge, die schwer beeinflussbar seien.

Den AWO-Kindergarten Am Kapellenberg besuchen derzeit 119 Kinder. Von ihnen dürfen laut Leiterin Myriam Keller nur 60, also 50 Prozent, gleichzeitig in der Einrichtung sein. 43 Kinder haben einen Anspruch auf Notbetreuung. „Bleiben also noch 17 Plätze übrig, die sich die restlichen knapp 80 Kinder teilen müssen“, rechnet Keller vor. „Das ist einfach viel zu wenig.“

In Absprache mit ihren Mitarbeitern hat der Kapellenberg-Kindergarten es nun so geregelt, dass bis zu den Sommerferien in acht Wochen jedes der 80 Kinder ohne Anspruch auf Notbetreuung eine Woche lang am Stück die Einrichtung besuchen darf. „Das schien uns pädagogisch am sinnvollsten“, sagt die Leiterin.

Eltern gefordert

In den restlichen sieben Wochen müssen sich die Eltern um die Betreuung ihres Nachwuchses kümmern. „Natürlich haben sich unsere Eltern am Anfang mehr erwartet, als diese eine Woche. Aber sie haben Verständnis gezeigt“, sagt Keller.

Eigentlich ist die Einrichtung Am Kapellenberg ein Kindergarten mit offenem Konzept. Die Kinder dürfen im regulären Betrieb also zwischen den einzelnen Gruppen wechseln. „Das geht nicht mehr“, sagt die Leiterin. „Jedes Kind muss in seiner Gruppe bleiben. Das ist für die Kleinen eine große Umstellung.“

Eine Umstellung bedeutet der eingeschränkte Regelbetrieb auch für die Kinder des AWO-Familienzentrums Kirschenstraße. Rund 40 Vorschüler kommen nicht mehr in die Einrichtung, sondern täglich in die Waldsporthalle. Durch die Auslagerung dieser drei Gruppen können alle 95 Kindergartenkinder fünf Tage lang die Einrichtung besuchen. Und auch die Grundschüler können täglich von 7.30 bis 16 Uhr betreut werden. „Die Rückmeldung der Eltern war gigantisch“, freut sich Leiter Thomas Sebert. „Es wäre für uns eine Horrorvorstellung gewesen, auswählen zu müssen.“

Die Waldsporthalle ist durch Trennwände in drei Bereiche unterteilt, jede Gruppe hat ihren eigenen „Gruppenraum“. Sebert schwärmt: „Die Lage ist natürlich ideal.“ Die Halle sei in der Nähe des Kindergartens. Vogelpark, Anglersee, Wald und Spielplätze sind zu Fuß erreichbar. Das Mittagessen liefert das benachbarte Bistro Maximum, gefrühstückt wird auf der Zuschauerempore. Und weil die Halle größer ist als die Gruppenräume, können Kinder und Erzieher besser Abstand halten. Zusätzlich zu den drei ausgelagerten Schulanfänger-Gruppen gibt es noch eine Gruppe, die sich tagsüber im Wald aufhält.

„Dass uns das gelungen ist, darüber sind wir sehr glücklich“, sagt Sebert. Er weiß aber auch: „Jede Einrichtung tut ihr Bestes. Das hängt stark von den räumlichen Gegebenheiten und dem Personal ab.“

Verkleinerte Gruppen

Wieder anders sieht es in den beiden städtischen Einrichtungen Entdeckerland und Meilenstein aus: Das Entdeckerland besuchen 117 Kinder, davon gehört ein Drittel zur Notbetreuung. Die restlichen Kinder dürfen an zwei Tagen in der Woche den Kindergarten besuchen. In der Kita Meilenstein gibt es 20 Kindergarten- und 22 Krippenkinder. Hier besucht die Hälfte die Notbetreuung, und die andere Hälfte darf ebenfalls an zwei Tagen pro Woche kommen.

„Die Gruppen sind verkleinert und werden streng voneinander getrennt“, berichtet Haas. Auch die Erzieherinnen bleiben stets in ihren Gruppen. „Das Abstandsgebot ist bei kleinen Kindern natürlich nicht einzuhalten“, sagt der Sozialamtsleiter. Deshalb sei es auch wichtig zu betonen, dass die Erzieher eine tolle Leistung erbringen. „Pflegepersonal kann sich durch Masken und Bekleidung schützen, Erzieher können das nicht.“

Der eingeschränkte Regelbetrieb gilt nun bis Anfang Juli. Mit Beginn der Sommerferien schließt ein Großteil der Viernheimer Einrichtungen. „Auch hier überlegen wir, ob wir für besondere Fälle ein Angebot für die Zeit der Schließung machen“, sagt Haas. Da sei aber noch nichts in trockenen Tüchern.