Viernheim. „Nur wer nah an den Menschen ist, der weiß auch um die Sorgen der Bürger und kann etwas dagegen tun. Das möchte ich, so gut es geht, leben,“ betont Jörg Scheidel. Bei der Festrede anlässlich der CDU-Feierstunde am Tag der Deutschen Einheit stellt der 30-Jährige seine Ideen für Viernheim vor.
Scheidel bewirbt sich um das Amt des Ersten Stadtrats und damit als Nachfolger des verstorbenen Bastian Kempf. Den Automatismus, dass der nächste Erste Stadtrat erneut ein Christdemokrat sein wird, sieht die CDU dabei nicht. „Wir waren als größte Fraktion lediglich in der Rolle, einen Kandidaten zu benennen“, formuliert der CDU-Vorsitzende Torben Kruhmann und ergänzt aus der Fraktionssitzung: „Da war eine greifbare Begeisterung zu spüren“.
Die CDU hofft, dass sich diese positive Stimmung auch auf andere Fraktionen im Stadtparlament überträgt. Nach derzeitigem Stand wird nämlich keine andere Partei einen eigenen Kandidaten aufstellen. Einzig bei der UBV sei es „theoretisch möglich“, dass sie einen eigenen Bewerber benennt, teilte Fraktionsvorsitzender Walter Benz auf Anfrage mit. „Die Betrachtung der Mehrheitsverhältnisse in der Stadtverordnetenversammlung lässt nicht darauf schließen, dass es derzeit eine Mehrheit für einen zweiten sozialdemokratischen Dezernenten im Rathaus geben würde“, begründet Alicia Hanf, warum die SPD von der Nominierung eines eigenen Kandidierenden abgesehen habe.
Sehr positiv hat sich die Fraktion der Grünen zur Bewerbung geäußert: „Wir halten Jörg Scheidel aufgrund seines beruflichen Profils, seines politischen Erfahrungshintergrunds und seiner Persönlichkeit für einen großartigen Kandidaten“, teilt der Fraktionsvorsitzende Thomas Klauder mit. CDU und Grüne hatten sich schon vorab beim Anforderungsprofil für den Dezernenten abgestimmt, um auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Die Unterstützung der Grünen überrascht wiederum die SPD: „Wir hätten uns gut vorstellen können, einen geeigneten Kandidaten der Grünen zu unterstützen“, betont Alicia Hanf. Ob Scheidel für das Amt des Ersten Stadtrats die geeignete Person ist, könne die SPD aber nicht beurteilen. Zudem sei das vollständige Bewerberfeld noch nicht bekannt. Erst nach Ende der Bewerbungsfrist werde man einen Beschluss fassen.
Die FDP hatte bislang gar keine Möglichkeit, sich innerhalb der Fraktion abzustimmen. „Wir werden im Zusammenhang mit der Beratung zu diesem Thema auch noch mit Herrn Scheidel Kontakt aufnehmen“, teilt Tobias Gieding mit, dass sich die Freien Demokraten mit dem Kandidaten austauschen wollen. „Wir haben Jörg Scheidel ein Gespräch mit der Fraktion bereits zugesagt“, bestätigt auch Hanf. In der „Grünen Runde“ aus Partei, Fraktion und Bürgern war Scheidel schon zu Gast.
„Wir haben die Bewerbung zur Kenntnis genommen“, sagt UBV-Fraktionschef Walter Benz. Eine Bewertung der Personalie werde die Wählervereinigung erst vornehmen, wenn alle Kandidaten bekannt seien. Benz persönlich sieht die Besetzung des Stadtratspostens eher als fachliche denn als parteipolitische Frage. Durch das Architekturstudium sei bei Scheidel „eine gewisse Fachkompetenz“ vorhanden.
Ralf Kempf (WGV) kann ebenso noch keine Einschätzung abgeben: „Die Bewerbungsfrist endet am 9. Oktober. Erst wenn bekannt ist, wer sich bis dahin beworben hat, macht es aus unserer Sicht Sinn, sich zu positionieren.“
Die Zurückhaltung der anderen Parteien ist für den CDU-Kandidaten kein Problem: „Mir ist bewusst, dass es Stimmen geben wird, die mich, meine Person und meine Ansichten kritisieren“, so Scheidel. Sein Alter oder fehlende Verwaltungserfahrung könnten ihm vorgeworfen werden. „In unserem Kreis gibt es auf den Positionen noch jüngere Amtsinhaber“, lässt Scheidel das Alter als Argument nicht zählen. Zudem sei es von Vorteil, wenn Politik jünger werde und sich damit auch Jüngere für Politik begeistern ließen. Bei den Abläufen in der Verwaltung steht für den 30-Jährigen der Gestaltungswille vor dem Verwaltungswillen. „Es soll hinterher nicht heißen ,Das hat er gut verwaltet’, das wäre ja schlimm.“