Schriesheim. Nachdem die Bürgerentscheide zur Windkraft entschieden sind, können sich die Schriesheimer wieder dem wirklich wichtigen Thema zuwenden: der Zukunft ihrer Strahlenburg. Spaß beiseite (der auch wirklich nur dem gestrigen 11. 11. geschuldet sei). Denn vielen Schriesheimern ist die Zukunft des Wahrzeichens ihrer Stadt ein sehr ernstes Herzensanliegen.
Und für sie gibt es derzeit in der Tat einige ganz gute Nachrichten: Das historische Bauwerk wird inzwischen wieder angestrahlt, die Scheinwerfer funktionieren wieder. Doch vor allem: Für das Bauwerk gibt es einen Interessenten, der für das Wahrzeichen eine gute Zukunft verspricht: der Mannheimer Unternehmer Egon Scheuermann möchte das für 2,2 Millionen Euro zum Verkauf stehende Gebäude erwerben.
„Ja, ich interessiere mich dafür“, berichtet der 82-Jährige am Dienstag dem „Mannheimer Morgen“. „Ich bin ein Kulturfan“, begründet er: „Alte Gebäude und alles, wo Geschichte herrscht, das begeistert mich.“ Nicht ohne berechtigten Stolz verweist er auf die Zehntscheuer in Hemsbach, die er erworben und mit Leben erfüllt habe: „Derzeit ist sie abends beleuchtet. Gehen Sie hin, Sie werden begeistert sein“.
Kaufinteressent und Verkäufer kennen sich seit vielen Jahren
„Die Verhandlungen laufen“, berichtet Scheuermann. Das letzte Gespräch in dieser Sache habe gerade am Montagabend stattgefunden, und zwar mit Hans-Peter Lange, der für 75 Prozent der Besitzanteile steht. Und das Ideale: Projektentwickler Scheuermann und der Heidelberger Bauunternehmer Lange kennen sich seit Jahren, „aus gemeinsamen Bauzeiten“, so Scheuermann: „Wir können miteinander.“ Insofern rechnet er mit „einem Notartermin noch in diesem Jahr.“
Natürlich ist ihm klar, dass er in die Burg „zwei bis drei Millionen Euro hineinstecken“ muss. Und wie sieht sein Konzept aus? Wie bisher würde er dort gerne Gastronomie etablieren. Wird das Gebäude auch darüber hinaus für die Öffentlichkeit, für die Schriesheimer, zugänglich bleiben? „Die Bürgerinitiative muss vielleicht schon etwas beitragen“, formuliert er: „Ich habe diesbezüglich auch schon Kontakt mit dem Herrn Höfer aufgenommen“, berichtet er über sein Gespräch mit dem Alt-Bürgermeister, einem Initiator der Bürgerinitiative, die bekanntlich selbst die Burg erwerben möchte und dafür um Spenden wirbt.
Und auch von dort gibt es eine spektakuläre Neuigkeit: Die magische Millionengrenze bei der Spendenaktion ist überschritten, wie Brigitte Rufer von der Initiative mitteilt. Zu verdanken ist dies der Zusage vor allem einer einzigen Spenderin vom Wochenende, die ihren Namen jedoch noch nicht in den Medien verbreitet wissen möchte.
Eine Million Euro an Spendenzusagen sind viel, aber eben nicht genug
Der erfreuliche Zwischenbescheid kann über zwei Herausforderungen nicht hinwegtäuschen. Zum einen: Es hat einen Monat gedauert, bis aus 932.000 Euro eine Million wurden. Die Initiatoren sehen dies darin begründet, dass die öffentliche Aufmerksamkeit in den zurückliegenden Wochen vor allem den anstehenden Bürgerentscheiden über die Windkraft gegolten habe. Doch das ist nun vorbei. Und insofern bleibt die Initiative hoffnungsvoll, dass der Fluss der Spendenzusagen wieder an Fahrt gewinnt.
Aber das ist auch nötig. Denn eine Million Euro an Zusagen bedeutet auch, dass immer noch 1,2 Millionen fehlen, um den bislang bekannten Kaufpreis von 2,2 Millionen bezahlen zu können. Und die Zeit drängt. Sowohl die Aktiven als auch die Verkäufer wollen die Angelegenheit nicht endlos ausdehnen.
„Wir können den Spannungsbogen nicht auf Dauer aufrecht erhalten“, erläutert Alt-Bürgermeister Hansjörg Höfer, einer der Initiatoren der Bürgeraktion. Aber auch die Verkäufer wollten ursprünglich schon vor der Heizperiode, also Mitte/Ende Oktober, zu Potte kommen und nicht noch einen Winter mit der Burg im Gepäck erleben.
Der Erwerb durch Scheuermann böte allen Seiten eine Lösung. Die Initiative müsste nicht die ganzen 2,2 Millionen Euro aufbringen, sondern sich mit der vorhandenen Million an der Sanierung der Burg durch Scheuermann beteiligen, erhielte dafür jedoch dessen Zusicherung, dass sie für die Schriesheimer Bevölkerung zugänglich bleibt.
Wer ist Egon Scheuermann? Hat er Erfahrung in solchen Dingen?
In seiner bisherigen Vita hat Scheuermann gezeigt, dass dies möglich ist. In Mannheim gilt er als erfolgreicher Unternehmer und freigiebiger Mäzen, aber auch als bodenständiger Mensch. Er wuchs auf als ältestes von drei Kindern im Odenwald, wo die Eltern eine kleine Landwirtschaft betrieben. Der Besuch des Internats in Tauberbischofsheim und das dafür nötige Schulgeld waren nur dank der Rente der Großmutter möglich.
Es folgten eine Banklehre in Mannheim und ein Studium der Betriebswirtschaftslehre an der renommierten Universität von Cambridge, das er sich durch Kellnern und Musikmachen in Pubs verdiente.
Nach Tätigkeit als Kaufmännischer Leiter einer Mannheimer Baufirma wagte Scheuermann Anfang der 1980er Jahre den Sprung in die Selbstständigkeit und übernahm als Geschäftsführer das Ingenieurbüro Boxheimer und Partner, das später als Boxheimer und Scheuermann firmierte. In diesem Rahmen realisierte er bedeutende Wohn- und Gewerbebauten in der Region. Als Projektentwickler bewies er oft das richtige Gespür für Markttrends.
In Mannheim gilt er als freigiebieger Mäzen für soziale und kulturelle Zwecke und natürlich für seinen Verein, den Fußballclub VfR Mannheim. Als Abteilungsleiter Fußball, Präsidiumsmitglied sowie als Vorsitzender des Verwaltungsrates trug er dort mehr als 30 Jahre lang ehrenamtlich Verantwortung. Ob er dieses Engagement mit der Strahlenburg fortsetzen kann, „das hängt nun an den Eigentümern“, so Scheuermann.
Bisherige Eigentümer halten sich bedeckt
„Die Entscheidung wird in den nächsten Wochen getroffen“, sagt Hans-Peter Lange, der als Koordinator auf der Verkäuferseite fungiert. Zu einzelnen Interessenten und deren Chancen äußert er sich nicht: „Ich finde es kontraproduktiv, wenn jetzt öffentlich Namen genannt werden.“ Nur so viel lässt er sich dann doch entlocken: „Neben der Stiftung gibt es weitere drei ernstzunehmende Interessenten.“ Darunter auch solche, die mehr bieten als den nun geltenden Verkaufspreis in Höhe von 2,2 Millionen Euro. Doch um eines der vielen kursierenden Gerüchte zu entkräften: Ein Ölscheich sei nicht dabei. „Sowohl die Familie Lauer als auch ich legen Wert darauf, einen aus der Region stammenden neuen Eigentümer zu finden.“
Eine weitere Vorgabe, die sie verwirklicht sehen möchten: „Der neue Eigentümer soll Erfahrung in den Bereichen Gastronomie und Bauen haben“, erläutert Lange: „Und das ist bei allen drei Bewerbern der Fall, bei der Stiftung natürlich nicht.“
Apropos Stiftung: Wie kann sie im Spiel bleiben, wenn sie bislang nur etwas mehr als eine Million Euro anbieten kann? „Das müssen Sie die Stiftung fragen“, hält sich Lange bedeckt. Ein weiteres Absenken des Verkaufspreises werde es jedenfalls nicht geben: „Darin ist man sich in der Eigentümergemeinschaft einig.“
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