Schriesheim. In den Ortsdurchfahrten auf der B 3 in Schriesheim, Dossenheim und Hirschberg soll künftig aus Lärmschutzgründen Tempo 30 gelten. Denn: Der Krach des motorisierten Verkehrs gefährdet massiv die Gesundheit, so eine Richtlinie der Europäischen Union (EU) aus dem Jahr 2002. „Da bin ich mir mit meinen Kollegen einig. Lärm ist ein großes Problem, alle leiden darunter“, erklärte Schriesheims Bürgermeister Hansjörg Höfer am Montagabend im Ausschuss für Technik und Umwelt (ATU).
Das gemeinderätliche Fachgremium debattierte in der Sitzung zum wiederholten Mal den Lärmaktionsplan für die Stadt. Beschlossen werden soll das 48-seitige Papier in der Gemeinderatssitzung am 30. Juni. Am 29. Juni steht die Entscheidung jeweils in Dossenheim und Hirschberg an. Wann dann tatsächlich Tempo 30 in den Ortsdurchfahrten eingeführt werden kann, steht noch nicht fest. „Es wird höchste Zeit voranzugehen“, forderte Höfer.
Martin Reichert vom Karlsruher Gutachterbüro Modus Consult hatte dem ATU den Endbericht zu Fortschreibung des Lärmaktionsplans für Schriesheim, Dossenheim und Hirschberg präsentiert. Darin enthalten war das Ergebnis aus den Beteiligungen der Träger öffentlicher Belange, aber auch der Bürger bei der Offenlage des umfangreichen Papiers. Dabei äußerten die Stadträte deutliche Kritik daran, dass im Lärmaktionsplan nur wenig von den Anregungen der Anwohner umgesetzt werde.
40 Hinweise aus drei Kommunen
„Mit dem Argument ‚nicht fachgerecht’ kann so mancher Bürgerwunsch abgeschmettert werden“, kritisierte Christian Wolf, Fraktionssprecher der Grünen Liste (GL). „Nach Fachrecht nicht zulässig“, sei halt leider auch das von Anwohnern geforderte durchgängige Tempolimit 70 auf dem Autobahnzubringer an der Mozartstraße, nannte Schallschutz-Experte Reichert als Beispiel. 40 Hinweise und Anregungen aus Schriesheim, Dossenheim und Hirschberg waren bei der Offenlage eingegangen.
Unstrittig in Schriesheim ist Tempo 30 auf der gesamten B 3 – vom Lärm besonders betroffen sind hier laut Modus Consult aufgrund der Dezibel-Werte 186 Gebäude bei Tag und 220 bei Nacht. Aber auch am Beginn der Talstraße bis zum Festplatz sollen künftig wie im weiteren Verlauf der innerörtlichen Strecke nur noch 30 km/h gefahren werden dürfen, genauso wie auf der Ladenburger Straße zwischen B 3 und Dresdner Straße.
Auf der gesamten Ortsdurchfahrt Altenbach soll ebenfalls Tempo 30 gelten. Ortsvorsteher Herbert Kraus äußerte sich zufrieden, denn ein Antrag aus dem Ortsteil sei schon einmal aus verkehrsrechtlichen Gründen abgelehnt worden. „Die Chancen standen noch nie so gut“, verwies Reichert auf die Verbindlichkeit des Lärmaktionsplans, der seinen Ursprung in der EU-Richtlinie aus 2002 habe. Inwieweit und wann die höheren Verkehrsbehörden die Forderungen der Kommunen dann umsetzten, könne er aber nicht sagen.
So einen Aktionsplan „erstellen, lesen, verstehen“, sei ja schön und gut, das Ergebnis jedoch „ernüchternd“, bemängelte GL-Stadträtin Gerlinde Edelmann. Sie mahnte, dass vor lauter Plan die „echten Maßnahmen“ verlorengehen. Edelmann: „Die Leute leiden aber jetzt schon unter Lärm.“ Auch SPD-Fraktionschef Sebastian Cuny forderte eine beschleunigte Umsetzung zumindest der Tempo-30-Pläne. Ulrike von Eicke (FDP) kritisierte den Aktionsplan als „aktionistisch“. „Wir wollen schon Aktion machen, aber ein Schritt nach dem anderen“, betonte Michael Mittelstädt, der Sprecher der CDU-Fraktion.
Trotz Limit noch zu laut
Reichert verwies darauf, dass es bei der Bekämpfung des Straßenlärms allein mit Geschwindigkeitsbegrenzungen nicht getan sei. Die durch Tempo 30 erzielte Reduzierung der vorgeschriebenen Dezibel-Werte in der EU-Verordnung reiche in den meisten Fällen nicht aus. Eine weitere Möglichkeit wäre, bei einer Fahrbahnsanierung die Straßen mit Flüsterasphalt auszustatten. Allerdings seien solche Maßnahmen im Bereich der Bergstraße vom Regierungspräsidium Karlsruhe derzeit noch nicht geplant. „Flüsterasphalt“ sei übrigens auch ein Vorschlag der „sehr emsigen Öffentlichkeit“ gewesen, so der Schallschutz-Experte.