Die Fasnacht fällt aus – ja, das ist sicher. Aber geht gar nichts oder doch ein bisschen was? Wie überbrücken die Vereine die Situation? Wir befassen uns ab heute in einer Serie auf den Stadtteilseiten mit der Reaktion der Fasnachter auf die Corona-Pandemie und beginnen damit in Käfertal. In dem Stadtteil gibt es gleich zwei Karnevalsvereine, die aber sehr unterschiedlich agieren.
Für die „Löwenjäger“, nach dem Feuerio Mannheims zweitgrößter Verein, ist klar: Die Fasnacht fällt aus, fertig. „Um den Ernst der Lage zu unterstreichen, haben wir uns dazu entschieden, an keiner Prunksitzung, in welcher Form auch immer, teilzunehmen“, betont Bernd Nauwartat, der Vorsitzende.
„Völlig falsches Signal“
Damit grenzt er sich von jenen Vereinen ab, die nun versuchen, per Fernsehen oder Internet ein bisschen närrische Normalität zu ermöglichen. „Wir werden daran nicht teilnehmen und auch selbst keine durchführen – auch wenn wir da jetzt mittlerweile alleine dastehen“, so Nauwartat. Schließlich sei das mit allen federführenden Vereinen und der Karnevalskommission so abgesprochen gewesen.
Zudem halte man es „für ein völlig falsches Signal an das Publikum – ganz abgesehen von dem immer noch wahnsinnig hohen Gesundheitsrisiko“, bekräftigt der Vorsitzende: „Wir haben ganz andere Probleme in unserer Gesellschaft, unserer Meinung nach.“
Dennoch habe man sich Gedanken darüber gemacht, „wie wir unseren Auftrag, nämlich die Wahrung des Brauchtums zur Freude der Bevölkerung, auch in Zukunft umsetzen können“. Die „Löwenjäger“ würden ihre gesellschaftspolitische Aufgabe daher in dieser Kampagne in Form von Spenden wahrnehmen.
„Vielleicht können wir so auch Freude bei den Menschen verbreiten“, sagt Nauwartat. Die Einsparungen, da keine Orden gekauft wurden, keine Veranstaltungen sind und kein Wagen für den Fasnachtszug zu bauen ist, hat der Verein in Form von Spenden von jeweils 555 Euro an die „MM“-Aktion „Wir wollen helfen“, die Obdachlosenhilfe vom Caritasverband, das Kinderheim St. Josef Käfertal sowie die Mitarbeitervertretungen der Pflegeheime Unionshaus und Joseph-Bauer-Haus weitergegeben. Zwar seien bei dem Verein durch die Corona-Pandemie auch viele Einnahmen weggebrochen, „aber wir haben gut gewirtschaftet, und glücklicherweise ist das Löwenjägerhaus unser Eigentum“, erläutert der Vorsitzende.
Das interne Vereinsleben stehe „ziemlich still“. „Wir sind nicht ganz im Lockdown, aber doch stark eingebremst“, beschreibt es Nauwartat. Im Sommer habe es, immer für einzelne Abteilungen, Grillfeste gegeben. Die Garden konnten auf dem Gelände des SSV Vogelstang trainieren, derzeit läuft es online. „Das klappt auch sehr gut“, findet der Vorsitzende. „Unsere Mädchen sind sehr kreativ und überlegen sich ständig, was sie alles tun können. Sie haben einen digitalen Fotowettbewerb ins Leben gerufen. Zur Zeit überlegen sie, ob sie nicht einen Brötchen-Bring-Dienst am Wochenende anbieten sollen“, weiß Nauwartat.
Austritte habe es keine gegeben – im Gegenteil, sogar zwei neue Garde-Mitglieder. Ein Jahresheft wurde in kleiner Auflage gedruckt, sonst auf die Internetseite gestellt. Es steht unter dem Motto „Wir schlafen nicht – wir stärken uns nur“, denn Nauwartat ist überzeugt, dass es weitergeht.
Kein Vereinsheft, auch keine Orden haben die „Spargelstecher“ produziert. „Fasnachtlich sind wir im Lockdown – da gibt es momentan ja keine Chancen, sich zu treffen“, sagt Präsident Alexander Boppel. Im Sommer habe Elferrat Ruhi Gezici seinen Garten für das Garde-Training mit Abstand zur Verfügung gestellt, im Herbst gingen die Gruppen ins Gemeindezentrum.
Derzeit gehe „ein bisschen“ per Video, „aber das ist recht schwierig wegen der Verbindung“. Die Mitglieder nutzten jedoch die Chance, um miteinander zu sprechen. Austritte gebe es daher nicht: „Hier haben wir Gott sei Dank gar keine Probleme“, ist Boppel dankbar. Auch wirtschaftlich gebe es „keinerlei Probleme“, sagt er: „Wir haben zwar keine Einnahmen, aber auch keine Ausgaben, da für uns früh klar war, dass es keine Kampagne geben wird!“
Lüftung und Beleuchtung erneuert
Allerdings haben die „Spargelstecher“ sich ein doppeltes Alternativprogramm vorgenommen. Im Sommer begann der Elferrat mit Renovierungsarbeiten im Katholischen Gemeinde- und DJK-Sportzentrum. „Nach 33 Jahren war da einiges kaputt. Wir hatten einen Setzriss an der Wand, dadurch lockerten sich die Fließen, und man musste davon ausgehen, dass sie abfallen könnten“, schildert Boppel die Situation. Daher habe sich der Elferrat „entschlossen, das Ganze gleich richtig anzugehen“ und neue Lüftungsklappen eingebaut sowie LED-Beleuchtung montiert. Mehr als 200 Stunden ehrenamtlicher Arbeit stecken da schon drin – weitere folgen.
Zudem setzen die „Spargelstecher“ auf Internet-Fasnacht: Sie haben einen eigenen YouTube-Kanal eingerichtet und feiern jetzt eben dort mit filmischen Rückblicken ihren Geburtstag „70 Joohr Spargelstecher“. Auch die Internetseite, dazu Facebook und Instagram „befeuern wir immer wieder mit Neuigkeiten“, kündigt Alexander Boppel an. Zudem wird er bei einer Streaming-Sitzung des Rhein-Neckar Theaters am schmutzigen Donnerstag mit Céline Bouvier auftreten.