Betreuung - Grüne interviewen Bildungsbürgermeister online / Betroffene nennen im Vorfeld und live ihre Anliegen zu Kitas und Schulen

„Wer einen Platz hat, behält ihn“

Von 
Bertram Baehr
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Vor Waldkulisse und Sonnenblumen: Susanne Aschhoff (l.) und Johannes Schuler (r.) mit Bildungsbürgermeister Dirk Grunert. Die beiden Sprecher der Grünen-Ortsverbände Nord und Neckarstadt interviewten den Dezernenten fast eineinhalb Stunden lang und übertrugen das Gespräch live auf der Online-Plattform Facebook. © Internet

Die Nachricht kam – wie so viele zuvor aus Stuttgart – überraschend: Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) und Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) kündigten am 26. Mai an, bis „Ende Juni“ alle Kindertageseinrichtungen und Grundschulen wieder „vollständig“ zu öffnen. Aber was bedeutet das konkret vor Ort? „Unter welchen Bedingungen wissen wir selbst noch nicht genau“, sagt Bildungsbürgermeister Dirk Grunert bei einer Onlineveranstaltung der Grünen-Ortsverbände Nord und Neckarstadt: „Wir haben vom Land keinerlei Informationen“. Klar sei noch nicht einmal, welcher Tag genau „mit Ende Juni gemeint“ sei. Und so muss der städtische Dezernent auch bei der Frage passen, ob Kinder in wenigen Wochen ohne die bisher erforderlichen Anträge in die Kitas geschickt werden können.

Notbetreuungs-Hotline

  • Mit der Schaffung von Notbetreuungsplätzen Mitte März hat die Stadt auch Info-Telefone eingerichtet. Die „Kindernotbetreuungs-Hotline“ ist montags bis freitags, 9 bis 14 Uhr, besetzt.
  • Fragen zu Kindertagesstätten werden unter Telefon 0621/29 356 56 beantwortet. Auskünfte zur Kindertagespflege gibt es unter Telefon 0621/29 337 34. Um Schulkindbetreuung geht es unter 0621/29 379 50.
  • Das Facebook-Interview der Mannheimer Grünen mit Bildungsbürgermeister Grunert ist in voller Länge abrufbar unter www.bit.ly/2ACFt0A oder www.bit.ly/2XVLBZI 

Vor idyllischer Waldkulisse mit Sonnenblumen interviewen Susanne Aschhoff (Nord) und Johannes Schuler (Neckarstadt) den Dezernenten. „Wo bleiben die Kinder – Kita, Schule und Betreuung in Corona-Zeiten“: So lautet der Titel des Internet-Formats, bei dem die Zuschauer live auf Facebook Fragen stellen können. Viele Themenkomplexe haben Schuler und Aschhoff aber bereits vorbereitet – und bei Kitaträgern, Erziehern, Schulen und Elternverbänden nachgefragt. „Im Vorfeld haben wir 41 Zuschriften oder Anrufe von Schulrektoren, Tagesmüttern und -vätern, Eltern, Elterninitiativen, Kita-Fachkräften, Lehrerinnen und Lehrern und Einrichtungsleitungen erhalten“, teilt Schuler auf Anfrage des „Mannheimer Morgen“ mit. Während der Veranstaltung selbst, mit der man auf Facebook 1194 Personen erreicht habe, seien weitere 61 Anfragen oder Kommentare eingegangen.

Einer davon stammt von Irene Hoppe: „Faszinierend, dass man 60 Minuten nur um den heißen Brei herumredet“, es habe „keine klaren Aussagen“ gegeben. Lena Lynda fragt: „Bedeutet eine komplette Öffnung der Kitas (und Schulen) auch, dass wirklich 100 % der Kinder wieder an der Betreuung/Unterricht teilnehmen können?“ Dass Grunert zum Beispiel dazu so wenig Konkretes sagen kann, begründet er mehrfach mit der Vorgehensweise des Landes. Dessen Rechtsverordnungen „kamen leider meistens relativ kurzfristig. Also Freitagabend, teilweise Samstagnachmittag – und galten dann ab Montag. Das ist natürlich eine Riesen-Herausforderung.“

Anträge bearbeiten am Feiertag

Es sei nicht in jedem Fall machbar gewesen, alles sofort umzusetzen. Beispiel Notbetreuung: „Als erstes mussten wir Formulare entwickeln“, und wenn diese zurückkamen, „mussten sie bearbeitet werden“, Belege seien nachzureichen gewesen und vieles mehr. „Und dann musste am Ende, als klar war, wie viel Kinder in die Notbetreuung kommen, eine Personalplanung in den Häusern vor Ort gemacht werden“, erläutert Grunert. Am Feiertag Christi Himmelfahrt hätten wegen der Kurzfristigkeit der Verordnung 23 Mitarbeiter freiwillig gearbeitet – „einfach nur, um die Anträge abarbeiten zu können“.

Johannes Schuler bringt das Dilemma auf den Punkt: Es gebe unter Eltern „viel Unsicherheit“, sie wollten wissen, wie es weitergeht. Zumindest für die, die in Kitas und Krippen im Zuge der Notbetreuung oder des „eingeschränkten Regelbetriebs“ bereits zum Zuge gekommen sind, hat Dirk Grunert eine klare Botschaft. „Generell gilt: Eine Zusage, die wir gegeben haben, hat Bestandsschutz. Wer einen Platz hat, bekommt ihn nicht weggenommen. Die Eltern müssen ja auch planen können.“

„Schub“ bei Digitalisierung

Einen weiteren großen Themenkomplex sprechen die Grünen an: die Digitalisierung der Schulen. Viele Betroffene beklagen, dass die Einheitlichkeit fehle. Was gleiche technische Voraussetzungen angehe: Da sei die Stadt mit Mitteln aus dem Digitalpakt dran, betont Grunert. Aber pädagogische Konzepte und Lehrerfortbildung seien Sache des Landes. Der Bildungsdezernent ist allerdings zuversichtlich, dass die Digitalisierung durch Corona einen „Schub“ erhalte. In den Blick nehmen müsse man aber vor allem Schüler, die privat nicht über geeignete Computer oder schnelles Internet verfügten.

Viele, so Susanne Aschhoff, bewegt auch die Frage: „Wenn eine zweite Corona-Welle kommt, was dann?“ Das sei „nicht einfach zu beantworten“, sagt Grunert. Aber er zeigt sich angesichts der stark sinkenden Infektionszahlen bundesweit und in Mannheim zuversichtlich, dass sich die „zweite Welle vermeiden“ lasse – „wenn alle dazu beitragen, dass sich die gesundheitliche Situation stabilisiert“.

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim. Schwerpunkte: Schulen und Kitas

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