Neue Innenstadt in Mannheim

Weniger Autos, mehr Fußgänger

Von 
Thorsten Langscheid
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Blick in die Kunststraße (Höhe Stadthaus/Paradeplatz): Die Allee könnte aufgewertet werden, Parkplätze und Autofahrspur fallen weg. © CDU

Die CDU schlägt vor, die Fußgängerzone in den Quadraten auf Kunststraße und Fressgasse auszuweiten. Wir haben die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema zusammengestellt.

Info-Veranstaltung

  • Am Donnerstag, 10. Oktober, wird die CDU im Café Sammo (B 1, 6a) die Öffentlichkeit über ihre Pläne informieren. Mit dabei sind unter anderen Wolfgang Ockert (Bürgerverein Östliche Unterstadt) und Lutz Pauels (Werbegemeinschaft City). Los geht’s um 19 Uhr.

Ist der Vorschlag der Christdemokraten neu?

Nein, diskutiert wurde darüber schon öfter. Von den Grünen gab es mehrfach und bereits vor längerer Zeit, etwa 2012 und 2014, ähnlich auch von SPD und Freien Wählern Vorstöße in die Richtung. Die Stadtverwaltung hatte Kunststraße und Fressgasse beim Fahrradjubiläum Monnem Bike im Sommer 2017 für den Autoverkehr gesperrt, um zu zeigen, dass in der City auch eine „andere Aufenthaltsqualität“ möglich ist. Auch im aktuellen Beteiligungshaushalt gibt es Vorschläge von Bürgern zur Reduzierung des Autoverkehrs in der City.

Was ist dann neu an dem Vorstoß?

Claudias Kranz und Nikolas Löbel legen einen mit Zahlen hinterlegten Vorschlag für ein Verkehrskonzept vor. Sie fordern nicht nur einfach eine Ausweitung der Fußgängerzone, sondern zeigen auch im Detail auf, wie der Vorschlag realisiert werden könnte und welche Folgen die Umgestaltung hätte. Zudem verbinden sie ihr Projekt „Neue Innenstadt“ terminlich und inhaltlich mit der anstehenden Bundesgartenschau 2023. Sie erhoffen sich davon einen „positiven Schub“ und eine Begeisterung für Veränderungen nicht nur im Grünzug Nordost, sondern auch in der Innenstadt.

Können Autos dann nicht mehr in die Quadrate fahren?

Im Gegenteil. Die CDU betont, dass weiterhin jeder Besucher, der mit dem Auto in die City möchte, willkomen ist. Der Durchgangsverkehr, das wäre einer der Haupteffekte des CDU-Plans, würde allerdings auf den Ring bzw. die Bismarckstraße verlagert. In der Fressgasse (Richtung Schumacher-Brücke/Ludwigshafen) sind das durchschnittlich 1450 Autos am Tag, in der Kunststraße (Richtung Wasserturm) knapp 900 Autos am Tag.

Durchgangsverkehr verlagern – das wurde doch in der Innenstadt bereits versucht?

Ja, das war Mitte der 1990er Jahre. Allerdings blieb es damals bei einem wenige Wochen andauernden, vergleichsweise brachialen Versuch, ohne weiteres Konzept die Durchfahrt durch die Kunststraße am Paradeplatz abzuschneiden. Dadurch kam es zu langen Staus, und für die betroffenen Autofahrer war völlig unklar, wie sie nach dem erzwungenen Rechtsabbieger Richtung Schloss weiterkommen sollen. Die CDU will für die „Neue Innenstadt“ nun aber ein Gesamtkonzept in der Region abstimmen, das den Ziel- und Durchgangsverkehr in der Mannheimer City ebenso umfasst wie Verbesserungen im öffentlichen Nahverkehr.

Kann man die Parkhäuser noch erreichen?

Mit der Erreichbarkeit der Parkhäuser steht und fällt das Konzept. Denn genau das wollen Nikolas Löbel und Claudius Kranz unbedingt sicherstellen: „Die Zu- und Abfahrt aus sämtlichen Parkhäusern und Tiefgaragen muss gewährleistet sein“, betonen sie. Dafür müsste beispielsweise die Einbahnstraßenführung zwischen Lauerschem Garten und Hermann-Heimerich-Haus neu geregelt werden, um die Zufahrt auch zum Parkhaus N 7 zu ermöglichen.

Müssen sich Besucher von außerhalb dann umständlich ihren Weg durch die Quadrate suchen?

Nein, denn das Konzept „Neue Innenstadt“ setzt zusätzlich auf ein modernisiertes und digitalisiertes Parkleitsystem, das unabhängig vom CDU-Vorstoß bereits in Arbeit ist. So können Autofahrer in Echtzeit auf dem Navi oder Handy angezeigt bekommen, wo freie Parkplätze sind und werden entsprechend geleitet.

Wenn die Fußgängerzone ausgeweitet wird, wie viele öffentliche Parkplätze fallen dann weg?

Es fallen nach Berechnungen der CDU rund 300 öffentliche Parkstände am Straßenrand weg. Sie werden in die Parkhäuser und Tiefgaragen verlegt. Ohne Wasserturm und Collini-Center gibt es in der City 6903 Plätze in Parkhäusern und Tiefgaragen, die durchschnittliche Auslastung liegt den Angaben zufolge bei unter 60 Prozent. Öffentliche Parkstände am Straßenrand gibt es in der City zudem derzeit 4731. Damit die Tiefgaragen attraktiver werden, schlagen die Chistdemokraten entsprechende Tarifanpassungen nach unten vor: Die erste halbe Stunde sollte kostenfrei sein.

Was ist mit den Anwohnern? Wo sollen die künftig parken?

Anwohner, die bisher ihr Auto in Kunststraße und Fressgasse oder einer der betroffenen Seitenstraßen abstellen, müssten tatsächlich auf Anwohnerparkplätze in der näheren Umgebung ausweichen. Geduldetes öffentliches Parken soll in die bestehenden Tiefgaragen und Parkhäuser verlagert werden.

Das wäre dann eine Art Verdrängungseffekt?

Das kann man so sehen. Aber auch Anwohnern sollen von den städtischen Parkhausbetrieben günstige Dauerstellplätze angeboten werden. Löbel und Kranz halten dies für die Innenstadtbewohner für zumutbar. Zum einen habe die City die geringste Pkw-Quote mit 500 Fahrzeugen pro 1000 Haushalten. Zum anderen bestehe der Vorteil für die Anwohner vor allem darin, dass der Verkehrslärm in den Innenstadt-Straßen durch die Ausweitung der Fußgängerzone deutlich reduziert würde.

Wie kommen Anwohner zu ihren Häusern und Hofeinfahrten?

Die Zufahrt für direkte Anlieger soll auch künftig – wie jetzt auch schon – möglich bleiben. Wer beispielsweise im Innenhof Privatstellplätze oder eine Tiefgarage hat, soll diese auch weiter nutzen können.

Und der Lieferverkehr für den Einzelhandel?

Auch dies soll in der „neuen Innenstadt“ nicht grundsätzlich anders geregelt werden als bisher: Natürlich können auch die Geschäfte, die in der Kunststraße und in der Fressgasse liegen, weiterhin beliefert werden. Zufahrtsbeschränkungen sollen wie in der bisherigen Fußgängerzone gelten. Es sollen zudem Ladezonen eingerichtet werden.

Wo bleiben in dem Konzept eigentlich die Fahrradfahrer?

Radfahrer sollen ebenfalls vom Konzept der „Neuen Innenstadt“ profitieren. Sowohl in der Kunststraße als auch in der Fressgasse sollen Zweirichtungs-Radwege angelegt werden. Die bisherigen Querungen der Fußgängerzone für Radfahrer bleiben bestehen.

Und was hat das Ganze mit der Bundesgartenschau 2023 zu tun?

Die Gartenschau würde der Umsetzung des Konzepts den zeitlichen Rahmen setzen. Zudem ist die historische Perspektive reizvoll: Schließlich wurde die heutige Fußgängerzone zur Bundesgartenschau 1975 eingerichtet. Die jetzt vorgeschlagene Erweiterung des autofreien Bereichs würde die Innenstadt wie damals positiv verändern, so Löbel und Kranz. Die Fläche der Fußgängerzone würde nahezu verdoppelt, außerdem könnten Bäume gepflanzt und Grünflächen angelegt werden – das Ganze wäre quasi ein dritter Bauabschnitt der Plankensanierung.

Schaden solche Pläne nicht dem Einzelhandel in der Innenstadt?

Natürlich wissen die Christdemokraten, wie sensibel der Handel auf Einschränkungen der Erreichbarkeit der Einkaufsstraßen reagiert. Die Innenstadt habe durch die Plankensanierung, die Umwidmung von Parkplätzen für Gastronomie und die neuen Fußgängerbereiche in Q 6/Q 7 bereits „deutlich an Qualität gewonnen“. Dieser Weg solle nun weiter beschritten werden. Dazu zitiert die CDU ausdrücklich das Einzelhandels-Zentrenkonzept der Stadt: „Die Aufenthaltsqualität des öffentlichen Raumes wird künftig immer mehr über den Besuch der Stadt entscheiden“, heißt es dort. In diesem Zusammenhang ist auch der Vorschlag zu sehen, an zentraler Stelle einen Spielplatz einzurichten.

Redaktion koordiniert die Berichte aus den Mannheimer Stadtteilen.

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