Mannheim. Mehr als 10 000 Teilnehmer, dicht stehende und anfeuernde Zuschauermassen am Straßenrand? Aus heutiger Sicht undenkbar. Daher ist der für den 15. Mai geplante SRH Dämmer Marathon abgesagt. „Da nicht abzusehen ist, wie sich das Infektionsgeschehen entwickelt“, erklärt Christian Herbert, Geschäftsführer des Veranstalters M3, sei „eine seriöse Planung für eine solche Großveranstaltung nicht möglich“. Nach dem Maimarkt entfällt damit die zweite Traditionsveranstaltung. Und was sagen andere Veranstalter, sehen sie Chancen für das, was Herbert „seriöse Planung“ nennt?
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Mannheimer Großveranstaltungen 2021
- Maimess ab 24. April 2021 für zwei oder vielleicht vier Wochen.
- Stadtfest 28. bis 30. Mai 2021 oder Ausweichtermin 23. bis 25. Juli 2021.
- Schlossfest 11. September 2021
- Oktobermess ab 25. September.
- SRH Dämmer Marathon erst wieder 14. Mai 2022. (pwr)
„Wir können derzeit nicht viel sagen“, antwortet Christine Igel nur, die Geschäftsführerin der städtischen Tochtergesellschaft Event und Promotion. „Definitiv“ sei lediglich, dass es keinen Fasnachtsmarkt gibt. Auch alle Überlegungen, trotz Ausfall der Saalfasnacht und des Fasnachtszuges wenigstens ein paar Stände von Schaustellern und eine kleine Bühne zu ermöglichen, wurden gekippt. Schließlich gilt der Beschluss von Bundeskanzlerin und Ministerpräsidenten mit dem Verbot aller Events bis zum 14. Februar.
Auf Begrenzungen einstellen
Doch für alles, was danach kommt, kann sie nicht viel sagen. „Verboten ist noch nichts, aber es gibt natürlich einen großen Unsicherheitsfaktor“, erklärt Igel. Für sie und ihr Team bedeutet das zum Beispiel, dass sie die Maimess zunächst normal planen muss. In die Verträge hat sie aber eine Klausel aufgenommen, wonach sie eventuell die Zahl der Buden und Fahrgeschäfte sowie die Fläche wieder begrenzt – je nach Vorschrift.
„Wir planen zunächst groß und stellen uns darauf ein, womöglich zu reduzieren“, erklärt die Geschäftsführerin. Möglich sei dann eben ein Modell wie im Herbst, wo aus der Oktobermess die „Fun & Food“ wurde – mit 40 Schaustellern statt der sonst üblichen über 150 Stände und Fahrgeschäfte, Maskenpflicht und einer Obergrenze von Besuchern.
Stadtfest im Juli statt im Mai?
Igel geht davon aus, dass selbst dann, wenn wieder Veranstaltungen erlaubt werden, noch mehrere Monate Abstands- und Hygieneregeln gelten. „Aber genau wissen wir das einfach nicht“, was eine Planung erschwere. Doch im Gegensatz zur Mess sei ein Stadtfest so „nur mit großen Schwierigkeiten“ zu organisieren, da sich die Innenstadt nicht einzäunen lasse. „Wir würden gerne ein Stadtfest ermöglichen – so viel geht, aber auch so viel verantwortbar ist“, sagt Igel. Daher erwägt sie, auf den Traditionstermin Ende Mai zu verzichten und auf einen Alternativtermin vom 23. bis 25. Juli auszuweichen; in der Hoffnung auf weniger strenge Regeln.
Um der gebeutelten Kulturszene Auftrittsmöglichkeiten zu bieten, wird die Curt-Engelhorn-Stiftung schon ab April und bis Oktober im Zeughausgarten eine Bühne aufbauen. Die gab es erstmals im vergangenen Sommer – denn da waren ja zumindest Events im Freien und mit Abstand erlaubt.
Konzept für Open-Air-Events
Die SPD-Gemeinderatsfraktion geht noch einen Schritt weiter und hat jetzt in einem Antrag die Stadt aufgefordert, in Absprache mit dem Bündnis Kulturschaffender ein Konzept für die Nutzung von Freiflächen für Kulturevents ab Mai 2021 zu erarbeiten. „Die Kulturszene hat unter der Corona-Pandemie gelitten wie kaum eine andere Branche. Applaus und Einnahmen fehlen. Weil die finanzielle Lage der Clubs, Livemusikspielstätten und Kulturschaffenden so schwierig ist, müssen Kosten für die Infrastruktur von der Stadt übernommen werden“, fordert Thorsten Riehle, Fraktionsvorsitzender und kulturpolitischer Sprecher der SPD.
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„Der Vorstoß kommt zum richtigen Zeitpunkt“, lobt Peter Baltruschat, Chef vom Kulturnetz Mannheim/Rhein-Neckar. „Künstler und Publikum sehnen sich nach Open- Air Kulturveranstaltungen. Da ist Druck im Kessel, so nehme ich das in fast allen meinen täglichen Gesprächen wahr“, so Baltruschat.
Er und Riehle in seiner Funktion als Capitol-Chef planen bereits für Mai eine Fortsetzung des erfolgreichen „Jetzt Erst Recht!“-Solidaritätsfestivals auf der Seebühne im Luisenpark, bei dem im vergangenen Jahr allen mitwirkenden Künstlern aufgrund des großen Publikumszuspruchs die Grundgage von 200 Euro auf über 400 Euro mehr als verdoppelt werden konnte. Er freue sich, dass Stadtpark-Direktor Joachim Költzsch „wieder mit im Boot ist“.
„Seebühnenzauber“ vorbereitet
Ob dann im Sommer die schon von 2020 mit allen Terminen auf 2021 verlegten Konzerte vom „Seebühnenzauber“ möglich sind, weiß er jetzt auch noch nicht. Geplant sei zwar alles, „aber hier werden wir auch Flexibilität zeigen und uns auf alle Szenarien vorbereiten“. Das gelte ebenso für Stadt- und Schlossfest, wo Baltruschat immer Bühnen bespielt. „Egal wie Entscheidungen ausfallen, wir werden sie kreativ mittragen“, verspricht er.
Auch über dem Schlossfest schwebt schließlich ein Fragezeichen. Es war 2020 ganz abgesagt worden. „Diesmal wollen wir nicht wieder absagen, aber wir müssen realistisch sein“, so Betty Kübe, Geschäftsführerin der Universität Mannheim Service und Marketing GmbH und Hauptorganisatorin des Schlossfestes. „Wir sind dabei, an einem Konzept zu arbeiten, das die Besucherströme entzerrt“, kündigt sie an. Doch die früher üblichen Besucherzahlen von 10 000 bis 15 000 seien sicher nicht möglich. Nur sie haben aber, über die Gastronomieeinnahmen, das Kulturprogramm finanziert. „Wir werden daher wohl einen kleinen Betrag als Eintritt nehmen müssen“, so Kübe.
Frei sein soll der Eintritt dagegen beim Baustellenfest, das die Bundesgartenschau im Sommer auf Spinelli plant. „Wir sind guter Hoffnung, dass das klappt, auch wenn wir noch einige Einschränkungen haben werden“, so Buga-Geschäftsführer Michael Schnellbach mit Blick auf die Corona-Pandemie.