Reiss-Engelhorn-Museen - Vorbereitungen der Normannen-Ausstellung trotz Corona

Virus bremst Nachfolger der Wikinger aus

Von 
Peter W. Ragge
Lesedauer: 
© akg-images / Science Source

Mannheim. Sie haben sich von Skandinavien bis ans Mittelmeer gekämpft, Raubzüge und Überfälle von der Ostseeküste bis nach Byzanz verübt, den ganzen Kontinent geprägt: die Normannen. Zehn Jahrhunderte später bremst aber ein Virus die Nachkommen der Wikinger aus. Durch die Corona-Pandemie findet die große Normannen-Ausstellung der Reiss-Engelhorn-Museen erst 2022 statt. Eine große internationale wissenschaftliche Tagung zur Vorbereitung gab es nun dennoch in Mannheim.

„Wir werden eine faszinierende und vielfältige Geschichte erzählen, die nie zuvor in dieser Weise gezeigt wurde“, verspricht Viola Skiba, die Projektleiterin der Ausstellung. Sie ist mit ihrem Projektteam, zu dem noch Oliver Plate, Giulia Worf und Olivia Mayer zählen, bereits in mehrere Länder gereist, um Leihgaben zu sichern, historische Stätten zu besuchen und Gespräche mit zahlreichen Wissenschaftlern zu führen.

Neben Rom waren Sizilien mit Palermo, Monreale und anderen Orten, Apulien, die Normandie und Norwegen bereits Reiseziele – vor Ausbruch der Corona-Pandemie. Die Ausstellungsvorbereitungen haben schon begonnen, als die „Päpste“-Schau 2017, die Skiba mit verantwortete, noch lief. Im Januar hatte sich der wissenschaftliche Beirat mit Mitgliedern aus mehr als sechs Ländern in Mannheim konstituiert.

Dann aber kam Corona. „Eine Reise nach Russland musste wegen der Pandemie leider auf unbestimmte Zeit verschoben werden“, erzählt Skiba. Und der große internationale Forschungskongress zum Thema Normannen in den Reiss-Engelhorn-Museen, den Skiba zusammen mit der Forschungsstelle Geschichte und kulturelles Erbe der Universität Heidelberg vorbereitet hatte, zog zwar 25 namhafte Wissenschaftler von Skandinavien bis ans Mittelmeer an – aber viele konnten nicht persönlich kommen, sondern sich nur per Video zuschalten.

„Da erschwert Covid-19 den Wissenschaftlern und Ausstellungsmachern die Arbeit“, so Skiba: „Viele internationale Gäste können oder dürfen die Reise nicht persönlich antreten“. Daher habe man die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Tagung teils vor Ort, teils digital organisiert. „Natürlich ist es schade, dass wir auf den persönlichen Austausch und die Gespräche, die sich in der Pause beim Kaffee entspinnen, verzichten müssen“, sagt Skiba. Aber die Wissenschaftler wie ihr Team seien sich einig, dass sich die besondere Herausforderungen meistern lasse.

Exklusive Leihgaben

Die Ergebnisse der Tagung fließen in einen Begleitband und direkt in die Ausstellung ein. Schließlich wollen die Reiss-Engelhorn-Museen ihre Ausstellungsprojekte stets nutzen, um Forschungen anzustoßen und dann neuste Erkenntnisse in die Sonderschauen einzubinden. So ging es etwa darum, warum die Normannen die weite Fahrt ins Heilige Land nicht scheuten und warum sie zu Recht als Wandler zwischen den Kulturen gelten.

Die größte Herausforderung war schließlich der Termin der Ausstellung selbst. Weil sich wegen Corona das gesamte Ausstellungsprogramm des Museums verschob, läuft die Normannen-Schau, für September 2021 geplant, nun erst von September 2022 bis Februar 2023.

„Das bedeutet natürlich zusätzlichen organisatorischen Aufwand – aber auch mehr Zeit für die wissenschaftliche Vorbereitung“, berichtet Skiba. Mehr Zeit werde aber benötigt, „da im Moment überall in Europa – auch in den Museen, Bibliotheken und Archiven – vieles sehr viel langsamer läuft und Kollegen oft wochenlang nicht erreichbar sind, etwa in Barcelona, Madrid, den englischen Museen und seit dem Frühjahr bis in den Herbst hinein auch in Italien“, erzählt die Projektleiterin. Gleichzeitig herrsche gerade unter Kulturinstitutionen derzeit „eine beispiellose Solidarität und Hilfsbereitschaft“, freut sie sich: „Also Licht und Schatten“, fasst sie zusammen.

Dennoch werde man „besondere Kostbarkeiten nach Mannheim bringen“, verspricht sie. Wie bei der „Päpste“-Schau ist die Biblioteca Apostolica Vaticana mit fünf kostbaren Handschriften dabei, ebenso die Britisch Library. „Tolle Objekte“ kämen aus Madrid und Girona, etwa ein Kästchen aus einem Kirchenschatz mit arabischer Beschriftung, das wahrscheinlich von einem jüdischen Goldschmied gefertigt wurde. Aus Bari sei die Krone Rogers II. zugesagt worden und eine Plakette mit einer Darstellung seiner Krönung. Aus der Normandie kommen Waffen der Wikinger, aus denen später die Normannen, also die Gründer der Normandie, werden.

Redaktion Chefreporter

Mehr zum Thema

Geraubte Kunstwerke Reiss-Engelhorn-Museen wollen Benin-Bronzen zurückgeben

Veröffentlicht
Mehr erfahren

Zeitreise Letzte Ruhe an wechselnden Orten - wo in Mannheim Menschen bestattet wurden

Veröffentlicht
Mehr erfahren