Mannheim. Sie ist der mit Abstand wichtigste politische Maßstab zur Beurteilung der Corona-Lage: die Sieben-Tage-Inzidenz. Und weil sie nur Neuinfektionen in dieser Zeitspanne erfasst (umgerechnet auf 100 000 Einwohner), kann sie schnell steigen oder sinken. Wie schnell, zeigt sich jetzt. Im Dezember kletterte die Inzidenz in Mannheim nach Zahlen der Stadt kurzzeitig auf 303,5, das war der bisheriger Negativrekord. Jetzt liegt sie nur noch bei 97,5 – und damit zum ersten Mal seit mehr als drei Monaten wieder unter der 100er-Marke. Auch vom baden-württembergischen Landesdurchschnitt (78,9) ist die Stadt nicht weit entfernt.
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Den unveränderten Ernst der Situation zeigen indes erneut die am Mittwoch von der Stadt – neben 31 neuen Fällen – vermeldeten Todesopfer: Ein über 70 Jahre alter Mann verstarb in einem Krankenhaus, eine über 80 Jahre alte Frau in einer Mannheimer Pflegeeinrichtung.
Erste Schreiben nächste Woche
Größter Hoffnungsträger im Kampf gegen die Pandemie sind, trotz mancher Probleme, unverändert die Impfungen. Hier will die Stadt nun zusätzlich zur zentralen Vermittlung über die Hotline der Kassenärztlichen Vereinigung (116 117) und die vom Bund eingerichtete Internetseite www.impfterminservice.de auf eigene Faust Termine an über 80-Jährige vergeben. Das hatte Oberbürgermeister Peter Kurz am Dienstagnachmittag im Hauptausschuss angekündigt (wir berichteten). Am Mittwoch erläuterte Stadtsprecher Ralf Walther auf Anfrage dem „MM“, wie das genau ablaufen soll.
Demnach werden aus dem Melderegister nach dem Zufallsprinzip (das genaue Verfahren wird im Austausch mit dem städtischen Statistikamt gerade entwickelt) über 80-Jährige herausgesucht. Diese erhalten dann persönliche Schreiben, dass sie zur Impfung berechtigt sind. Dazu werden ihnen eine individualisierte Zugangsnummer und eine städtische Telefonnummer genannt, unter der sie ihre beiden Impftermine (möglichst mit dreiwöchigem Abstand) ganz unkompliziert vereinbaren können.
Anfang bis Mitte nächster Woche sollen die ersten Briefe rausgehen. Wie viele es sein werden, kann Walther noch nicht sagen. Das hänge vom verfügbaren Impfstoff ab. Der Oberbürgermeister hatte im Hauptausschuss eine Größenordnung „von etwa 100“ genannt, die man zusätzlich zu den 420 aktuell in der Maimarkthalle pro Tag möglichen Impfungen anbieten werde. Die ersten Termine seien am 8. Februar. Wann sich die maximale Kapazität des Zentrums (1560 Impfungen täglich) nutzen lässt, ist laut Walther angesichts der bundesweiten Impfstoff-Engpässe nicht absehbar.
Knapp 20 000 über 80-Jährige gibt es laut Walther in dieser Stadt. Etwa 3000 lebten in Pflegeheimen, mit den Impfungen dort würden die mobilen Teams Ende der Woche fertig. Wie viele Senioren aus Mannheim schon in der Maimarkthalle geimpft worden seien, müsse man nun erst noch händisch auswerten.
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Die persönlichen Benachrichtigungsschreiben sind nicht übertragbar. Wer schon geimpft ist oder nicht geimpft werden will, kann die Zugangsnummer also nicht etwa an seinen Ehepartner weitergeben. Das sollte sonst bei der Personalien-Kontrolle in der Maimarkthalle auffallen.
Wie der Oberbürgermeister betont auch der Stadtsprecher, man wolle mit der eigenständigen Terminvergabe nur die zentralen Angebote des Landes ergänzen: „Eine Aufgabe dieses Systems und eine Ablösung durch kommunale Strukturen ist bislang nicht vorgesehen.“
Land prüft Konzept noch
Ob das Land die Pläne der Stadt als Konkurrenz oder als Bereicherung begreift, bleibt offen. „Wir kennen das Mannheimer Konzept erst im Ansatz und sind noch dabei, es zu prüfen“, teilt Sozialministeriumssprecherin Claudia Krüger auf Anfrage mit. Grundsätzlich seien Ideen zu begrüßen, die durch den massiven Impfstoff-Mangel entstandene Sorgen lindern könnten. Auch in anderen Kommunen gebe es ergänzende Angebote, aber eher beim Impftermin-Management. Wichtig sei indes, „ein Sammelsurium von Einzellösungen neben der zentralen Terminvergabe zu vermeiden“.