CDU-Politiker Nikolas Löbel hat eine Wohnung der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GBG dafür genutzt, um einen seiner Mieter dort unterzubringen. Das geht aus dem Urteil im Rechtsstreit Löbels mit dem Vermieter hervor.
GBG widerspricht Löbel-Aussage
- Nikolas Löbel hat am Sonntagnachmittag mit Facebook-Posts mitgeteilt, er habe bei der GBG lediglich Gästewohnungen angemietet. Dieser Service stehe nicht nur GBG-Mietern zur Verfügung. Die GBG widersprach dieser Darstellung. Bei den Anmietungen von Löbel handele es sich nach Angaben von GBG-Sprecher Christian Franke vielmehr um Drehscheibenwohnungen, die nur für Mieter des Unternehmens vorgesehen sind. Löbel hatte geschrieben, dass er als „Bürger dieser Stadt“ bei dem Unternehmen angerufen und zwei Gästewohnungen für zwei seiner Mieter während der Sanierungsphase angemietet habe, „und das zu satten Preisen, nämlich zu 950 € bzw. 750 € pro Monat (. . .), Wo liegt jetzt bitte mein Fehlverhalten, lieber Mannheimer Morgen?“
- In der Nutzungsvereinbarung Löbels mit der GBG, die dem „MM“ vorliegt“steht mehrfach, dass es sich um eine Drehscheibenwohnung handelt
Eine GBG-Sprecherin teilte auf Anfrage dieser Redaktion mit, in diesem Fall scheint „entgegen unserer Prozesse gehandelt worden zu sein“. Das Unternehmen prüfe aktuell, „wie diese Handlung erfolgt ist“. Denn es könnten nur Menschen bei der GBG Wohnungen anmieten, die dort auch als Mietinteressenten registriert seien. Die Sprecherin: „Die GBG hat einen Vermietungsprozess, der klar und transparent die Vermietung unserer mehr als 19 000 Wohnungen regelt.“ Im speziellen Fall handelt es sich zudem um eine „ Drehscheibenwohnung“. Diese stünden zeitlich begrenzt und nur GBG-Mietern zur Verfügung. Wenn das Unternehmen also andere Wohnungen umfangreich modernisiert, kann es eigene Mieter vorübergehend in einer Drehscheibenwohnung unterbringen. Momentan halte die GBG 175 Wohnungen für solche Zwecke frei.
Für Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD), der auch Aufsichtsratsvorsitzender der Kurz habe in einem Brief des Mieters an ihn von der Nutzungsvereinbarung Löbels mit der GBG nach seinem Urlaub am 11. September erfahren. „Die regelbasierte und nachvollziehbare Vergabe von Wohnungen der GBG sei von besonderer Bedeutung, da es sich um eine Frage der Gerechtigkeit handelt“, so Walther weiter.
Ablösesumme versprochen
Löbel und sein Anwalt Claudius Kranz ließen „MM“-Fragen am Freitag und am Sonntag unbeantwortet. Kranz ist Aufsichtsratmitglied bei der GBG, Löbel war es zuvor.
Der zuständige Amtsrichter schreibt in seiner Urteilsbegründung, der Vermieter verfüge „offenbar über beachtliche Möglichkeiten, Ersatzwohnungen zu beschaffen“. Dies zeige seine Nutzungsvereinbarung mit der GBG. Diese habe ihm für die Zeit der Modernisierungen in seinem Haus in der Neckarstadt-Ost eine möblierte Wohnung überlassen. Die Modernisierungsarbeiten sollten bis Mai 2020 dauern. Löbel teilte seinem Mieter im April aber mit, dass sich wegen Corona die Arbeiten bis in den Herbst zögen. Die mit der GBG für die Zwischenzeit geschlossene Nutzungsvereinbarung über die Ersatzwohnung habe er bis zum 31. Oktober 2020 verlängert.
Der betroffene Mieter, wir nennen ihn A., wunderte sich genauso wie der Richter über das wohl unkomplizierte Anmieten der GBG-Wohnung . In einem Brief vom 13. August an Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD), gleichsam Aufsichtsratsvorsitzender der GBG, stellt A. die Frage, ob auch private Immobilienbesitzer oder gewerbliche Immobilienunternehmen bei Bedarf Zugriff auf die Wohnungen hätten. Und ob diese Möglichkeit öffentlich kommuniziert werde oder nur Insider Kenntnis hätten? Eine persönliche Antwort des Oberbürgermeisters sei ihm am 14. August versprochen worden. Bis Samstag sei sie aber noch nicht eingetroffen, so der Mieter gegenüber dem „MM“.
Zudem, so A. weiter, habe ihm Löbel-Anwalt Kranz noch vor dem Urteil im Rechtsstreit die Ersatzwohnung langfristig angeboten. A. zitiert in seinem Schreiben an Kurz aus dem dieser Redaktion vorliegenden Brief von Kranz an seine Rechtsanwältin: Die GBG „hat meinem Mandanten zugesichert, dass die von Ihrem Mandanten aktuell innegehaltene Wohnung (. . .) auf Dauer direkt von Ihrem Mandanten angemietet werden könnte und zwar natürlich auch als nicht möblierte Wohnung“.
Kranz schreibt weiter, dass Löbel davon ausgehe, dass der Mieter sich in der Ersatzwohnung auch auf Dauer wohlfühlen würde. Löbel würde die Umzugskosten für die eingelagerten Möbel übernehmen und erkläre sich bereit, eine Ablösesumme an den Mieter zu zahlen. Die Höhe der Summe ist in dem der Redaktion vorliegenden Schreiben geschwärzt.
Viele Reaktionen - auch von Löbel
Auf die Berichterstattung im „Morgenweb“, und zuerst beim Mannheimer „Kommunalinfo“ und im „Neckarstadtblog“ zu den Anmietungen von Wohnungen durch Nikolas Löbel bei der GBG hat es Reaktionen der Grünen und der SPD gegeben.
Der Grünen-Ortsverband Neckarstadt sieht im Nutzungsvertrag mit der GBG „eine neue Dimension“: „Es ist nicht vorstellbar, wie Claudius Kranz und Nikolas Löbel ohne Nutzung ihrer politischen Funktionen und Mandate zu einem solchen Vorteil hätten kommen sollen“, schreibt Johannes Schuler, Sprecher des Grünen-Ortsverbandes. „Hier reden wir vom Verdacht der Korruption.“ Er und Gerhard Fontagnier, wohnungspolitischer Sprecher der Grünen, fordern Kranz zum Rücktritt aus dem Aufsichtsrat der GBG auf, sollten sich die Hinweise erhärten.
Claudius Kranz sagte am Sonntag dem „MM“, er „habe und hatte für die angesprochene Anmietung von Wohnungen bei der GBG nie ein Mandat und war daher auch nicht in Gespräche diesbezüglich involviert, und zwar in keiner Form“. Sein Mandant habe bei der GBG Gästewohnungen angefragt und vermietet bekommen. „Deshalb entbehren alle Vorwürfe jeglicher Grundlage.“ Der Vorwurf der Korruption und Erlangung eigener Vorteil seiner Person gegenüber sei unhaltbar.
„Es wird zu klären sein, ob die Regeln innerhalb der GBG verletzt wurden und ob diese ausreichend sind“, so Reinhold Götz, wohnungspolitischer Sprecher der SPD-Gemeinderatsfraktion. Eine Anfrage der SPD sei der GBG zugegangen.
Nikolas Löbel teilte am Sonntagnachmittag in Facebook-Posts mit, er habe bei der GBG lediglich Gästewohnungen angemietet. Dieser Service stehe nicht nur GBG-Mietern zur Verfügung. Die GBG widersprach dieser Darstellung. Bei den Anmietungen von Löbel handele es sich nach Angaben von GBG-Sprecher Christian Franke vielmehr um Drehscheibenwohnungen, die nur für Mieter des Unternehmens vorgesehen sind. Löbel hatte geschrieben, dass er als „Bürger dieser Stadt“ bei dem Unternehmen angerufen und zwei Gästewohnungen für zwei seiner Mieter während der Sanierungsphase angemietet habe, „und das zu satten Preisen, nämlich zu 950 € bzw. 750 € pro Monat (. . .), Wo liegt jetzt bitte mein Fehlverhalten, lieber Mannheimer Morgen?“
In der Nutzungsvereinbarung Löbels mit der GBG, die dem „MM“ vorliegt“, steht mehrfach, dass es sich um eine Drehscheibenwohnung handelt.