Mannheim. Luisa Wörner ist frustriert. Mit der Pandemie geriet ihr Führerschein ins Stocken. Letztes Jahr im April meldete sich Wörner in der Fahrschule an. Eigentlich könnte die 17-Jährige mit ihrem Vater auf dem Beifahrersitz heute längst fahren. Doch ihre erste Fahrstunde steht noch aus.
Erst musste sie mehrere Wochen darauf warten und dann – kurz bevor es so weit war – wurden die Fahrschulen am 11. Januar geschlossen. Schon der Theorieteil habe sich gezogen, weil die Gruppen kleiner sein mussten als üblich. „Ich will endlich zum ersten Mal mobil sein“, meint Wörner. Nun hofft sie, mit einem Intensivkurs an Pfingsten schneller an ihre Fahrerlaubnis zu kommen. Aber sie fragt sich, ob sie so die gleiche Sicherheit gewinnen kann wie durch verteilte Stunden.
Ein anderer Mannheimer Fahrschüler erzählt, dass sein Motorrad schon in der Garage auf ihn warte. Fünf Fahrstunden fehlen bis zur Erlaubnis. Doch sein Fahrlehrer darf sie ihm nicht geben. Nun sucht er in Bensheim nach Unterricht – in Hessen sind die Fahrschulen geöffnet. Auch das ein Punkt, der in Baden-Württemberg frustriert. Betroffen ist zum Beispiel auch die Mannheimer Schule „fa(hr)szination“. Es sei hart zu sehen, meint Geschäftsführer Tobias Wessely, dass in anderen Bundesländern Fahrstunden möglich sind oder bald wieder werden, während in Baden-Württemberg vor 7. März nicht einmal mit einer Entscheidung zu rechnen ist. In Bayern soll es etwa ab 22. Februar weitergehen. Wessely wünscht sich mehr Klarheit, auch bei der Frage, in welche Kategorie die Betriebe fallen. „Erst wurden wir den Schulen zugeordnet und zuletzt den Dienstleistern. Man bekommt den Eindruck, wir sind ein Spielball der Politik.“
Berufsbedingte Ausnahmen
Der Fahrlehrerverband Baden-Württemberg e.V. nennt das Verbot für Fahrschulen „bar jeder Logik der Hygiene“. Fahrlehrer kämen ihren Schülern weder bei der theoretischen noch bei der praktischen Ausbildung so nahe wie Friseure ihren Kunden, schreibt der Verband. Diese dürfen ab 1. März wieder öffnen. Bei den Fahrstunden gilt Maskenpflicht. Nach jeder Fahrt muss das Auto desinfiziert und gelüftet werden. Angesichts der „nicht länger ertragbaren wirtschaftlichen Not der Fahrschulen“ werde man eine Klage vor dem Verwaltungsgericht unterstützen.
Bis die Politik neu entscheidet, bekommen nur die Fahrstunden, die das für die berufliche Ausbildung brauchen, wie etwa für den LKW- oder Bus-Führerschein oder für die Arbeit bei Rettungsdiensten. Das aber reiche nicht – auch andere Gruppen seien berufsbedingt auf einen Führerschein angewiesen, etwa für den Schichtbetrieb, meint Wessely. Eine weitere Ausnahme gilt für alle, die kurz vor dem Lockdown „prüfungsreif“ waren. Sie durften ihre Prüfung noch ablegen.
Theorieunterricht dagegen ist für alle erlaubt – sofern er digital stattfindet. Auf die dafür nötige Genehmigung wartet Wessely seit Januar.
„Wir haben einen Ausbildungsstau in der Branche“, sagt er. Viele würden auf den praktischen Teil ihrer Ausbildung warten. Die Kapazitäten, das alles auf einmal nachzuarbeiten, seien nicht da. Die Ausbildung verlängere sich nach hinten.
Der Fahrlehrerverband Baden-Württemberg sieht nach einer Öffnung insbesondere Probleme für die Prüfungsorganisation beim TÜV. Der Andrang auf Prüfungstermine habe bereits nach der ersten Schließung zwischen Mitte März und Mitte Mai zu Schwierigkeiten geführt.
„Der Umsatzverlust ist für Fahrschulen existenzgefährdend. Wir sind jetzt den vierten innerhalb von zwölf Monaten geschlossen“, meint Wessely. Die Autos stehen – die Betriebskosten laufen weiter, so etwa die monatlichen Leasing-Raten für die Fahrzeuge. Das gehe an Reserven wie die Altersvorhersorge. Richtung März oder April könnte die Luft eng werden für viele Schulen, sollten sich nichts ändern, vermutet Wessely. Manchen sei die Luft schon ausgegangen. Am Donnerstag demonstrierten Wessely und sein Team in Stuttgart deshalb gegen den Lockdown. Rund 500 Teilnehmer forderten dort, dass auch Fahrschulen am 1. März wieder öffnen dürfen.