Die Freude stand allen Gottesdienstbesuchern nach acht Wochen Zwangspause ins Gesicht geschrieben – egal ob Katholik oder Protestant. In allen Gotteshäusern auf der Rheinau waren fast nur glückliche Gesichter zu sehen, bei den ersten Messfeiern in Corona-Zeiten.
„Das ist schon etwas ganz anderes als zu Hause zu sitzen und Eucharistiefeiern am Fernseher zu verfolgen“, sagte zum Beispiel Ingrid Klawitter in St. Konrad. Sie hatte zu Hause Gottesdienste am Bildschirm verfolgt, weil es nicht anders ging, gab sie zu bedenken. Um so mehr freute sie sich, jetzt wieder in die Kirche gehen zu können Pfarrer Lorenz Seiser begrüßte seine „Schäfchen“: „Ich freue mich, Euch alle wieder zu sehen.“
Abstand, Anstand und Ausdauer
Das wichtigste sei in diesen Zeiten Abstand zu halten, Anstand zu bewahren und mit Ausdauer den Gottesdienst zu besuchen, so der Pfarrer. Am Eingang wurden die Hände mit Desinfektionsmittel besprüht. Die Kirchgänger hatten sich vorab im Pfarrbüro angemeldet. Dies sei notwendig gewesen, um bei einem Ausbruch einer Epidemie im Ernstfall nachvollziehen zu können, wer, mit wem Kontakt hatte, so Seiser. In Corona-Zeiten müsse die Kirche über so manches neu nachdenken.
Für 56 Gottesdienstbesucher waren Sitzplätze geschaffen – alles von ehrenamtlichen Helfern sorgfältig ausgemessen, um einen Zwei-Meter-Abstand einzuhalten. Lediglich für Ehepaare gab es Ausnahmen. Sie durften gemeinsam nebeneinandersitzen. Es gab nicht die geringsten Probleme. Alle hielten sich an die Anordnungen.
So konnte der Gottesdienst mit zwei Ministranten – von Orgelmusik begleitet stattfinden. Am Ende sagte eine Besucherin:“Es war zwar eine ungewöhnliche Messfeier. Aber in diesen Zeiten geht das wohl nicht anders.“ Bei den Liedern habe sie unter ihrem Mund-Nasenschutz mitgesummt, meinte sie noch.
Nur einen Steinwurf entfernt, zelebrierten die Pfarrer Uwe Sulger und Hansjörg Jörger gemeinsam einen protestantischen Gottesdienst. Hier waren 48 Personen in der Kirche. Auch sie mussten zunächst am Desinfektionsspender vorbei, um die Hände zu reinigen. „Die Kirche ist doch ein Ort, wo die Menschen gerne hingehen. Daher muss man hier mit Zuversicht an die Sache herangehen“, stellte Besucherin Irmgard Kniehl fest. Obwohl nicht ausdrücklich vorgeschrieben, trugen doch alle einen Mund-Nasenschutz. „Was Protestanten sehr schwerfällt, muss heute eingehalten werden: Sie müssen den Mund halten“, hatte Pfarrer Sulger zu Beginn der Eucharistie nicht ganz ernst festgestellt. Die Kirchenlieder wurden von der Organistin Elena Kleiser-Wälz mit ihrem Instrument angestimmt. Kirchgänger Peter Stock stellte am Ende fest: „Das war ein ganz und gar ungewöhnlicher Gottesdienst. Aber er war wohl der Zeit entsprechend. Man hat gesehen, dass sich alle angestrengt hatten, um ein Ansteckungsrisiko so gering wie möglich zuhalten. Das war ein guter Kompromiss zu normalen Messfeiern.“
Gottesdienst ohne Gesang
Auch die Pfarrer waren am Ende zufrieden: „Wir wussten ja nicht, wie viele Menschen kommen und ob sich alle an die Vorschriften halten. Für uns war das auch Neuland.
Aber selbst beim Verlassen der Kirche hielten sich alle an die Abstandsregeln“. Pfarrer Seiser hofft, dass die strengen Vorschriften nur von kurzer Dauer sind. Er wünsche sich, dass zumindest bald wieder gesungen werden dürfe. „Das gehört doch zu einem Gottesdienst unbedingt dazu“, sagte der Pfarrer.
Ein älteres Ehepaar unterhielt sich auf dem Heimweg: „Das war doch ein wirklich ungewöhnlicher Gottesdienst. Aber alle hielten sich an die Vorschriften“, sagte der Mann zu seiner Frau. „So kann man zuversichtlich in die Zukunft blicken, wie es sich für die Kirche eigentlich gehört“, zog auch Irmgard Kniehl ein positives Fazit über diesen ersten Gottesdienst in Corona-Zeiten.