Nö, nein, auf keinen Fall: Das ist dieser Tage eine häufige Antwort auf die Frage, ob jemand die Fußball-Weltmeisterschaft im Fernsehen verfolgt. Mannheimerinnen und Mannheimer bewerten den Auftritt der Deutschen bei der WM oft als „schlecht“ bis „unterirdisch“, und ob die Nationalelf am Donnerstagabend den Einzug ins Achtelfinale schafft, interessiert viele, die der „MM“ in einer Stichprobe befragt hat, nicht.
„Früher waren die deutschen Fußballer spitze, aber die Mannschaft ist nicht mehr dieselbe. Das Zuschauen macht einfach keinen Spaß mehr“, findet eine Kioskbetreiberin in der Neckarstadt und begründet das damit, dass die Kicker gegen Spanien schlecht dagestanden hätten. Das Interesse an der WM sei stark zurückgegangen, ob das nun aber an Katar oder Corona liege, wisse sie nicht: „Früher hatte ich immer Sammelbilder, aber die Kinder fragen gar nicht mehr danach. Ich habe die Sammelhefte zurückgeschickt“, berichtet die Kioskbetreiberin.
„Wir gewinnen 5:0 oder 5:1“
Michael Gebhardt boykottiert die WM. In der Vergangenheit habe er gern mit Freunden zusammen Fußball geschaut, einen Beamer im Garten aufgebaut und zusammen gegrillt. Die strengen Regeln im Wüsten-Emirat haben ihm aber das Interesse daran verleidet. „In Katar ist eh alles verboten, was Spaß macht“, findet Gebhardt. Dabei geht es bei dem Spiel am Donnerstagabend gegen Costa Rica um das Achtelfinale. Dafür müsste die Nationalelf mit acht Toren Unterschied gegen Costa Rica gewinnen – oder gewinnen, während Spanien Japan besiegt, oder mit zwei Toren Unterschied gewinnen, während Spanien und Japan unentschieden spielen.
Über solche Feinheiten sprechen nur die wenigsten, wenn von der Fußball-WM die Rede ist. Ein Mannheimer Rentner tut es. Horst freut sich auf das Spiel und schaut zuhause, gemeinsam mit seiner Frau. „Wir gewinnen 5:0 oder 5:1. Zum 8:0 reicht es nicht, aber wenn Spanien gewinnt, sind wir eh weiter“, ist er überzeugt. Ralf Bühl hat die WM-Spiele im Fernsehen zu Beginn des Turniers angeschaut, jetzt tut er das nicht mehr, wegen der FIFA; Katar sei nicht der Grund, obwohl ihn die Vergabe in das Emirat schon verwundert habe. Erst habe die FIFA Gelb-Strafen für das Tragen der „One Love“-Binde angedroht. Nach dem Verbot deren sei, angeblich wegen des Sponsorings, auch das Auswärtstrikot von Belgien verboten worden, weil auf dem Kragen das Wort „Love“ in Regenbogenfarben stehen sollte. Es gehe bei dem Fußballweltverband nicht um Fußball, sondern um Geld, so Bühl. Früher hätte er gern in großer Runde geschaut. „Aber wo gibt’s denn Public Viewing? Die Gaststätten boykottieren die WM genauso wie die Zuschauer.“ Wie eine „MM“-Umfrage vor der WM ergeben hatte, zeigen einige Kneipen die Spiele allerdings.