Mannheim. Als „vernünftig“ bezeichnet Monika Walz-Kurz die Entscheidung, die Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am Donnerstag bekannt gab, dass Grundschulen und Kindertagesstätten in Baden-Württemberg bis Ende Januar geschlossen bleiben. Die Rektorin der Waldhofschule wünscht sich zwar, dass eine Rückkehr zur Normalität so bald wie möglich erfolge, aber nicht ohne dabei die hohen Coronainfektionszahlen außer Acht zu lassen.
Andere Regeln in Rheinland-Pfalz und Hessen
- In Rheinland-Pfalz erhalten alle Schülerinnen und Schüler bis einschließlich 22. Januar Fernunterricht. Für Kinder der Klassenstufen eins bis sieben besteht eine Betreuungsmöglichkeit in der Schule.
- Am 25. Januar wird an den rheinland-pfälzischen Grundschulen Wechselunterricht eingeführt.
- Kitas bleiben offen, hatte die Landesregierung in Mainz Anfang Januar beschlossen – verbunden mit dem Appell an die Eltern, von dem Angebot nur im Notfall Gebrauch zu machen.
- Hessen geht einen Mittelweg: Für die Klassen eins bis sechs besteht keine Präsenzpflicht. Die Kinder sollen daheim am Distanzunterricht teilnehmen, können aber auch im Klassenzimmer unterrichtet werden.
- Die Kitas sind offen, sollen aber nur im Notfall genutzt werden. tbö
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Bei Mannheimer Schulleiterinnen und Eltern rufen die noch mindestens zwei Wochen geschlossenen Grundschulen ein gewisses Verständnis hervor. Zu hoch seien im Moment einfach noch die Corona-Fallzahlen. Kritik gibt es jedoch für die mangelnde Perspektive ab Februar.
Unterricht findet analog statt
Was Walz-Kurz in ihren Lob für die Stuttgarter Entscheidung maßgeblich beeinflusst haben dürfte: Der Fernunterricht an ihrer Grundschule läuft recht reibungslos. „Wir arbeiten weniger digital. Die Kinder bekommen Wochenarbeitspläne, der Kontakt zu den Lehrern läuft per Mail, Telefon und Videokonferenz“, erzählt die Rektorin. Für die Zukunft wünscht sie sich eine klare Regelung. Vor dem Gesprächstermin zwischen Kretschmann und Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) am Donnerstagvormittag sei das Kollegium der Waldhofschule „in Anspannung“ gewesen. „Was wird in Stuttgart beschlossen? Planen wir den Fernunterricht weiter oder lieber Konzeptunterricht oder stellen wir uns auf Wechselunterricht ein? Auch für die Eltern ist das schwierig“, so Walz-Kurz, die sich weniger Unsicherheit wünscht.
Thorsten Papendick ist Vorsitzender des Gesamtelternbeirats (GEB) der Stadt Mannheim und sieht insbesondere den Druck, der nun weiterhin auf Eltern und Lehrern lastet. Dass die Schulen aufgrund des hohen Infektionsgeschehens nicht wieder geöffnet werden, sei „unvermeidbar“. Verwundert sei er aber, weil es in Baden-Württemberg keinerlei Richtwert gebe, ab wann die ersten Schülerinnen und Schüler wieder zurück in die Klassenzimmer dürfen. „Man müsste einen Inzidenzwert festlegen. Davor drücken sich aber die Entscheidungsträger“, so Papendick.
Die fehlende Perspektive ist nicht das einzige, was der GEB-Vorsitzende kritisiert. Die von den meisten Mannheimer Grundschulen genutzte Lernplattform SDUI sei noch problemanfälliger als andere. „Während Moodle nach dem Fehlstart am Montag nun einigermaßen gut funktioniert, ist das bei SDUI nicht der Fall.“
Wenig überrascht von der Kunde aus der Landeshauptstadt ist auch Angela Speicher. Die Geschäftsführende Leiterin der Mannheimer Grundschulen hatte mit der verlängerten Grundschulschließung gerechnet und mit Unterricht in halben Klassen spekuliert. „Normaler Unterricht mit der ganzen Schulklasse wäre aktuell unverantwortlich“, ordnet sie die vorhandenen Optionen ein. An ihrer eigenen Schule, Speicher ist Rektorin der Johannes-Kepler-Grundschule, erhalten die Kinder Materialpakete.
„In einem sehr gut gelüfteten Raum werden Unterrichtsmaterialien verteilt, die die Schüler bearbeiten und anschließend wieder zurückbringen“, erklärt sie. Am Telefon, per Mail oder in Videogesprächen sind Kinder, Lehrer und Eltern im engen Austausch. Warum die Schule nicht auf digitale Lernpakete setzt? „Viele Familien besitzen gar keinen Drucker oder haben kein WLAN daheim“, weiß Speicher.
Der Stadtelternbeirat Kitas (Steb) weist auf die Probleme hin, die geschlossene Kindertagesstätten verursachen. „Trotz des Verständnisses aufgrund der hohen Zahlen und Sorge vor Ansteckung, spitzt sich die Lage in den Familien immer weiter zu“, teilt der Steb in einem Schreiben mit. Die Forderung nach konkreten Perspektiven begründet der Beirat mit dem Spagat zwischen Kinderbetreuung und Homeoffice. „Werden nicht nur Kitakinder daheim betreut, sondern noch ältere Geschwister beschult, ist das für Eltern oft eine Zerreißprobe.“