Kohleausstieg

GKM-Betriebsrat klagt an: „Wir fühlen uns im Stich gelassen“

Von 
Martin Geiger
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Das Mannheimer Großkraftwerk (Archivbild). © Prof. Dr. Hans-Peter Schwöbel

Mannheim. 2038 – diese Zahl schwebt seit fast einem Jahr wie ein Damoklesschwert über dem Grosskraftwerk Mannheim (GKM). Und damit auch über den rund 570 Mitarbeitern. „Die Stimmung und die Moral sind am Boden“, sagt Ümit Lehimci, der Vorsitzende des Betriebsrats. „Die Belegschaft hat Angst.“

Denn spätestens 2038 soll das letzte deutsche Kohlekraftwerk abgeschaltet werden. Was das für die Beschäftigten bedeutet, steht noch nicht fest. Aber es dürfte nichts Gutes sein. „Die Älteren sind abgesichert“, erklärt Lehimci. „Aber für die im mittleren Alter und für die Jungen ist das eine Katastrophe. Die wissen nicht: Was passiert mit mir, wenn hier Schluss ist?“

Der 53-jährige Dreher, der seit 17 Jahren dem Betriebsrat vorsteht und das GKM und seine Mitarbeiter so gut kennt wie kaum ein anderer, berichtet von den Auswirkungen; von Kollegen, die keine langfristigen Kredite mehr bekommen, weil ihr Arbeitsplatz als zu unsicher gilt; von Kindern, die in der Schule nicht mehr zugeben wollen, dass ihr Vater in einem Kohlekraftwerk arbeitet. „Wir fühlen uns wie Menschen zweiter Klasse.“

Das könnte mittelfristig auch Folgen für die Energieversorgung haben, befürchtet Lehimci: „Wenn wir den Mitarbeitern keine Perspektive aufzeigen, wandern sie ab. Und dann kann es passieren, dass wir zwar noch dringend benötigte Anlagen haben – aber keine Menschen mehr, die sie betreiben.“

Darum fordert er die Bundesregierung auf, den Kohleausstieg wie versprochen sozialverträglich zu gestalten: „Das muss laufen wie beim Ende des Steinkohlebergbaus, wo die Politik darauf gedrängt hat, dass es faire Lösungen für alle gibt.“

Doch bislang ist seiner Meinung nach in dieser Hinsicht viel zu wenig geschehen: „Wir fühlen uns von der Politik im Stich gelassen. Hier hat noch kein Einziger angerufen, um mal zu erfahren, was wir denken oder wie es uns dabei geht – weder von der Stadt, noch vom Land oder vom Bund.“

Vor allen Dingen auf Letzteren ist der GKM-Betriebsratschef nicht gut zu sprechen: „Die Bundesregierung hat hier komplett versagt“, findet Lehimci. „Sie hat es noch nicht mal geschafft, die Empfehlungen der Kohlekommission eins zu eins umzusetzen. Das Gremium hat nämlich gefordert, den Kohleausstieg sozialverträglich zu gestalten. Davon merken wir hier in Mannheim aber noch gar nichts. Es gibt kein klares Wort dazu. Das ist das Schlimmste.“

Auch den kürzlich von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) vorgelegten Entwurf zur gesetzlichen Regelung des Kohleausstiegs kritisiert Lehimci: „Die Förderung für den Umbau eines Kraftwerks von Kohle auf Gas ist eine Lachplatte. Da investiert keiner. Wenn an dieser Stellschraube nicht noch gedreht wird, weiß ich nicht, wie es im GKM weitergehen soll.“

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