Stephan Wolf
"Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal Stadtrat werden würde" - Walter Herrdegen wundert sich heute noch darüber, dass er vor knapp fünf Jahren von Listenplatz 42 für die CDU in den Gemeinderat gewählt wurde. Heute, zu seinem 70. Geburtstag, ist er über die Arbeit im Mannheimer Stadtparlament ernüchtert. Die ewigen Auseinandersetzungen in der Union haben ihn immer mehr geärgert, zur Wahl am 7. Juni tritt der gelernte Koch deshalb nicht mehr an. "Ich wurde nie richtig in der Fraktion aufgenommen", hadert er mit seinen Parteifreunden. "Vielleicht, weil ich immer gesagt habe, was ich denke." Nach Ende seiner Amtszeit will er sogar sein Parteibuch zurückgeben - nach über 30 Jahren.
Damit verliert die CDU einen Mann, der in der Quadratestadt einen sehr bekannten Namen hat. In der Filsbach geboren, machte er auf dem Tulla die Mittlere Reife. Der Tradition seiner Familie folgend, die seit 1838 in den Quadraten zu Kaffee und Kuchen einlädt, hatte er wie sein Bruder Hans im "Conditorei-Café" des Vaters das Handwerk erlernt. Im Augusta-Hotel machte er eine Koch-Lehre und ging anschließend ins Hamburger Atlantik-Hotel. Er wollte eigentlich weiter nach New York, hatte eine Option für das Waldorf Astoria.
Café mit 210 Plätzen
Doch dann starb der Vater, und Walter Herrdegen kehrte zurück in den elterlichen Betrieb. 1974 sorgte er als Pächter dafür, dass das Café im Luisenpark größer als geplant errichtet wurde. Das Restaurant mit 210 Plätzen und Terrasse wurde zum zentralen Anlaufort für die Mannheimer. Im September 2003 gab er das Café auf, doch dem Luisenpark ist er als Aufsichtsrat der Stadtpark GmbH treu geblieben. Auch um das Planetarium und das Leihamt kümmert er sich.
Mit seiner Frau Wiltraud engagiert er sich bei der Caritas. Im sozialen Brennpunkt auf dem Waldhof setzt er immer wieder gerne die Kochmütze auf und stellt sich für die dortigen Kinder an den Herd. Für Jungen und Mädchen, die an Mukoviszidose leiden, hat das Ehepaar Herrdegen über 15 000 Euro gesammelt und gespendet.
Auch als 70-Jähriger wird sich Herrdegen nicht über mangelnde Aktivitäten beklagen können. Täglich geht er eineinhalb Stunden im Wald spazieren, und Unterhaltung findet er im Nationaltheater. Heute freut er sich auf viele Freunde, die mit ihm gemeinsam feiern.