Mannheim. Falsche Euro-Scheine in Höhe von 2760 Euro? Eason H. (Name geändert) weiß davon nach eigenen Angaben nichts, das Geld habe er kürzlich von jemandem geliehen. Ein bereitliegendes Einhandmesser? Noch nie gesehen, kennt der gebürtige Iraker nicht. Rund 2200 Gramm Marihuana in zwei Wohnungen? Vor dem Landgericht gibt er zu, dass er damit gehandelt hat, um Eigenbedarf zu decken und Leben zu finanzieren. Weitere Drogengeschäfte, bevor ihn die Polizei am 1. Februar festnahm? Der 30-jährige schaut kurz zu seinem Verteidiger Günter Urbanczyk, der den Kopf schüttelt und erklärt: „Zu früheren Betäubungsmittelgeschäften möchte er nichts sagen.“
Beim Auftakt der Gerichtsverhandlung am Dienstag ist klar, dass Eason H. nur das gesteht, was sowieso nicht zu leugnen ist. Wobei sich dem Gericht die Frage stellt, womit die Miete der beiden Wohnungen bezahlt wurde. Zudem sei, so der Richter „nicht nachvollziehbar, wieso der Angeklagte bei der Schwester gewohnt hat“.
Bei seinem Lebenslauf fasst sich Eason H. kurz: 1991 im Irak geboren, 1996 Flucht mit den Eltern nach Deutschland. Grundschule in Heidelberg, die Hauptschule habe er mit der neunten Klasse beendet und danach als Friseur im Familienbetrieb bis zur aktuellen Untersuchungshaft gearbeitet. Erst auf Nachfrage des Richters kommen unschöne Details heraus: Die Hauptschule hat H. gar nicht abgeschlossen: „Das war wahrscheinlich eine Dummheit“, meint er. 2009 kam er bereits für zwei Jahre in Haft, habe im Gefängnis seinen Schulabschluss gemacht und danach eine dreimonatige Kurzausbildung als Friseur. Erst auf weitere Nachfrage des Richters - es gibt dazu Akten - kommt heraus, dass H. auch 2012 für rund ein Jahr ins Gefängnis musste. Die dazu gehörende Therapie lief laut Angeklagtem „am Anfang gut, ich wurde regulär entlassen“. Doch der Richter hält ihm vor, dass die bereits nach sieben Wochen und nicht nach regulär sechs Monaten beendet wurde.
Immer wieder Nachfragen nötig
H. spricht gut Deutsch, aber redet langsam. Doch selbst bei einfachen Fragen muss das Gericht nachhaken. Womöglich eine Folge des langjährigen Drogenkonsums, den H. mit fünf Gramm Marihuana pro Tag in den Jahren vor seiner Festnahme angibt. Ein Beispiel ist die Frage, wann er das erste Mal Marihuana geraucht habe - nach der jüngsten Haftentlassung 2016, erklärt H. Auf erneute Nachfrage lautet die Antwort: „Mit 16 Jahren.“ Andere Drogen habe er nicht genommen, nur ein, zwei Mal eine Partydroge. Und auf erneute Nachfrage sagt er: „Vielleicht Kokain, aber selten, das konnte ich nicht finanzieren.“
Die finanzielle Lage war bei dem 30-Jährigen nach eigenen Angaben bescheiden: Er habe im Familienbetrieb rund 500 Euro monatlich verdient, hinzu kamen 400 Euro Trinkgeld. Bei der Schwester habe er keine Miete gezahlt. Trotzdem war scheinbar genug Geld vorhanden, um einen Drogendeal bezahlen zu können: Rechtsanwalt Günter Urbanczyk las im Namen seines Mandanten eine Erklärung vor. Demnach habe H. eine Woche vor der Festnahme 2,5 Kilogramm Marihuana für 12 000 Euro gekauft und davon 9000 Euro direkt bezahlt. Der Rest sollte durch den Verkauf finanziert werden, und H. habe sich zusätzlich Geld geliehen, um den Ankauf zu bezahlen. Dabei habe er nicht damit gerechnet, Falschgeld zu erhalten.
Urbanczyk nennt sechs bis sieben Euro als Verkaufspreis pro Gramm. Abzüglich der 12 000 Euro würden bei sechs Euro Verkaufspreis 3000 Euro Gewinn bleiben. Jeder Euro mehr - und das ist auf der Straße nicht unrealistisch - würde komplett als Gewinn in die Tasche von H. wandern.
Und die Stichwaffe? „Das Messer gehört ihm nicht, er kennt es nicht“, erklärt der Verteidiger für seinen Mandanten. Mit Stichwaffen hatte H. auf andere Art 2017 näheren Kontakt: Es habe einen „Vorfall“ vor einem Club gegeben, H. erlitt Stichwunden im Bereich der Lunge und kam in die Notaufnahme. Der Richter möchte von H. wissen: „Wie soll es nach der Haftentlassung weitergehen?“ H. gibt sich optimistisch: „Ich bekomme einen Arbeitsvertrag, Vollzeit als Friseur im Familienbetrieb. Da verdient man gut, wenn man gut arbeitet.“ Die Verhandlung wird am Donnerstag fortgesetzt.