Mannheim. Nun ist sie aufgehoben - nach fast drei Monaten gilt die nächtliche Ausgangssperre ab Samstag nicht mehr und die Mannheimer dürfen auch nach 21 Uhr wieder auf die Straße gehen. Per Allgemeinverfügung hat die Stadt Mannheim am Freitagabend die Sperre aufgehoben und folgt damit dem Erlass des baden-württembergischen Sozialministeriums: Demnach soll die nächtliche Ausgangssperre so lange in Kraft bleiben, bis die Inzidenz an drei Tagen hintereinander unter 50 liegt.
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Mit den am Freitag vom Gesundheitsamt gemeldeten 32 Neuinfektionen ist das nun der Fall, die offizielle Inzidenz, also der Landeswert, liegt am dritten Tag in Folge unter 50. Am Freitag lag die Inzidenz laut Land in Mannheim bei 45,4. Deshalb fällt nun auch in Mannheim die Ausgangssperre. Das Kuriose dabei: Weil die Allgemeinverfügung erst einen Tag später in Kraft tritt, gilt die Sperre noch bis Freitagnacht 23.59 Uhr. Ab 0 Uhr dürfen sich alle ganz legal im Freien aufhalten. Allerdings gelten die landesweiten Kontaktbeschränkungen, sich mit nur einer weiteren Person aus einem andern Haushalt zu treffen, weiterhin. Warum sich die Stadt entschieden hat, die Sperre aufzuheben, statt weiter zu verlängern? „Dafür gibt es aktuell keinen Rechtsrahmen mehr“ erklärt Rathaussprecher Ralf Walther auf Anfrage.
Denn die Stadt Mannheim muss sich an den Erlass der Landesregierung halten. Weil der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim vor mehr als einer Woche die landesweite Sperre für ungültig erklärt hat, hatte das Sozialministerium per besagtem Erlass die Kommunen mit einer Inzidenz von mehr als 50 aufgefordert, erneut nächtliche Ausgangssperren anzuordnen. Voraussetzungen dafür sind auf lokaler Ebene auch ein „diffuses Infektionsgeschehen“ sowie, dass die Bekämpfung der Pandemie ohne diese Maßnahme „erheblich gefährdet“ wäre.
AdUnit urban-intext2Da uns ein paar Anfragen dazu erreichten: Hier die Infos der Stadt https://t.co/Tv76PdeVx6 zur Aufhebung der #Allgemeinverfügung zur nächtlichen #Ausgangsbeschränkung.
— Polizei Mannheim (@PolizeiMannheim) February 19, 2021
Bitte beachtet, dass auch die #Kontaktbeschränkungen aus der #CoronaVO des Landes noch weiter Gültigkeit haben. https://t.co/Bx6SomHkLv
Infektionsketten nachvollziehbar
Bedeutet die Aufhebung der Sperre also im Umkehrschluss, dass sich alle Kontakte wieder nachverfolgen lassen? „Mit der niedrigeren Inzidenz lassen sich derzeit wieder ungefähr 70 bis 80 Prozent aller Infektionsketten nachvollziehen. Bei den verbleibenden 20 bis 30 Prozent bedeutet das, dass die Ansteckungsquelle eben nicht bekannt ist und möglicherweise weitere Menschen infiziert hat“, erklärt Pressesprecher Walther weiter. Besonders bei den Mutationen sei die Eindämmung durch Nachverfolgen laut Stadt besonders wichtig. Derzeit beobachte man mehrere kleine Ausbrüche, die sich auf den privaten und betrieblichen Bereich zurückführen ließen.
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Obwohl das Infektionsgeschehen in Mannheim laut einer neuen Definition des Sozialministeriums weiterhin diffus ist, „rechtfertigt das bei niedriger Inzidenz aber nicht eine Ausgangsbeschränkung“, heißt es aus dem Rathaus. Laut Definition gibt es ein diffuses Infektionsgeschehen, wenn es den „weit überwiegenden Teil der Fälle betrifft, die keinen Häufungen zugeordnet werden können.“ Oder Fälle, die in kleineren Ausbruchsgeschehen in unterschiedlichen Settings auftreten würden. Hiervon abzugrenzen seien einzelne große Ausbrüche, die das Infektionsgeschehen im Kreis maßgeblich bestimmen.
Löbel kritisiert Rathausspitze
Ein diffuses Infektionsgeschehen als Grund für weitere Ausgangsbeschränkungen, hält auch Bundestagsabgeordneten Nikolas Löbel (CDU) für unzureichend. In einer Pressemitteilung am Donnerstag kritisiert der Mannheimer Politiker die Verwaltung scharf und spricht sich für ein absehbares Ende der Sperre aus: „Der Mannheimer Oberbürgermeister scheint auf Teufel komm raus an der nächtlichen Ausgangssperre festhalten zu wollen. [...]Das ist ein Festhalten an Symbolpolitik - und genau das haben die Menschen satt“, schreibt Löbel. Er fordere den Oberbürgermeister auf, „jetzt ein klares Bekenntnis zu einem absehbaren Ende der Ausgangssperre abzugeben“. Ausreden, warum das nicht gehen soll, wolle niemand hören, so Löbel. Die Rechtslage sei eindeutig. „Wenn die Stadtspitze jetzt nach Wegen sucht, die Ausgangsbeschränkungen nicht aufheben zu müssen, obwohl die rechtlichen und, was das Infektionsgeschehen betrifft, die tatsächlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind, verlieren wir das Vertrauen der Bevölkerung“, so Löbel abschließend.
Mit dem Ende der Ausgangssperre reiht sich Mannheim nun in die Liste der Städte und Landkreise ein, wo diese Maßnahme Geschichte ist: Dazu zählen Heidelberg und Ludwigshafen ebenso wie Südhessen und der Neckar-Odenwald-Kreis. Der Rhein-Neckar-Kreis rechnet nach dem Wochenende damit, die Beschränkungen aufzuheben. Könnte die Ausgangssperre aber schneller zurückkommen, als gedacht? Auch dafür hat der Erlass des Ministeriums eine klare Regelung: So sollen die Kommunen die Ausgangsbeschränkung wieder einführen, wenn die Inzidenz sieben Tage in Folge wieder über 50 beträgt.
Das Gesundheitsamt meldet am Freitag (Stand 16 Uhr) 47 Infektionen, bei denenneue Virusmutationen nachgewiesen wurden. Bei 28 Fällen handelt es sich um die britische Mutante aus Großbritannien. „Wir sehen einen Anstieg der Infektionen mit Mutationen, der gegenläufig zur Abnahme der Infektionen insgesamt ist“, so Oberbürgermeister Peter Kurz. Er will mit Masken und Schnelltests den Schutz bei Begegnungen erhöhen und die positive Entwicklung fortsetzen, um so Öffnungen zu ermöglichen.