Mannheim/Stuttgart. Die Corona-Krise wirkt sich jetzt auch spürbar auf den Arbeitsmarkt aus. Im abgelaufenen April, in dem üblicherweise eine Frühjahrsbelebung einsetzt, ist die Zahl der Arbeitslosen deutlich gestiegen. Nach den am Donnerstag von der Agentur für Arbeit in Mannheim veröffentlichten Zahlen liegt die Arbeitslosenquote in der Quadratestadt jetzt bei sieben Prozent.
„Das Schlimmste federn wir zurzeit durch Kurzarbeit ab“, sagt Denny Krupp, Sprecher der Agentur für Arbeit Mannheim. Man muss einige Jahre zurückgehen, um ähnlich hohe Arbeitslosenquoten in einem April in Mannheim zu finden: 2015 betrug sie letztmals sieben Prozent, seitdem sank sie kontinuierlich.
Wie berichtet, hatten sich die Auswirkungen der Corona-Krise auf den Arbeitsmarkt im März noch nicht abbilden lassen, weil der Stichtag zur Erfassung der Daten vor dem Lockdown lag. Deshalb war die Quote im Vormonat sogar leicht rückläufig. Jetzt aber geht es in die entgegengesetzte Richtung, und zwar deutlich: Gegenüber dem März stieg die Quote um einen Prozentpunkt, im Vergleich zum April vor einem Jahr sogar um 2,2 Prozentpunkte. Deutlicher werden die Unterschiede, wenn man die absoluten Zahlen betrachtet: 11 919 Menschen waren im April arbeitslos, gegenüber März ist das ein Anstieg von 1628, gegenüber April 2019 gar um 3864.
Wie die Arbeitsagentur erläutert, haben sich im April nicht nur mehr Menschen arbeitslos gemeldet, die eine Erwerbstätigkeit beendet haben. Es konnten auch weniger Personen ihre Arbeitslosigkeit beenden, indem sie einen neuen Job beginnen. „Dieser bereits erwartete doppelte Effekt führt zu diesem Anstieg der Arbeitslosenquote im April“, erklärt Krupp.
Abzulesen ist die derzeitige Situation auch bei der Anzahl der gemeldeten offenen Stellen. Im April waren in Mannheim noch 2278 freie Arbeitsplätze gemeldet, sieben Prozent weniger als im März und sogar 35 Prozent weniger als im April 2019.
Besonders stark macht sich die Arbeitslosigkeit in der Baubranche und der Gastronomie bemerkbar, sagt Krupp: „Speziell in der Gastronomie mit Biergärten, Strandbädern oder Ausflugslokalen wäre das Geschäft jetzt richtig losgegangen.“ Auch der Bereich Verkehr und Logistik, das verarbeitende Gewerbe, der Handel sowie das Dienstleistungssegment im Allgemeinen spürten eine geringere Nachfrage und seien auf weniger Personal angewiesen.
Wenn es überhaupt so etwas wie einen Gewinner in der Corona-Krise gibt, dann ist es der Lebensmitteleinzelhandel. Dort sei Personal gesucht worden, wenn auch häufig auf 450-Euro-Basis. Damit konnten zumindest einige Arbeitnehmer die Lohnlücke etwas ausgleichen, die durch Kurzarbeit entstanden ist.
Apropos Kurzarbeit: Von den Anträgen ist die Behörde regelrecht überrannt worden. Im März und April haben allein in Mannheim 3262 Betriebe für 58 439 Beschäftigte Kurzarbeit angezeigt – im Vorjahreszeitraum waren es fünf Betriebe und 80 Personen. Hier ist es wichtig zu beachten, dass die Zahl der Beschäftigten dargestellt ist, die maximal für Kurzarbeit infrage kommen. Die Zahl der tatsächlich Betroffenen kann davon abweichen. Trotzdem hilft zur Einordnung ein Vergleich: Im gesamten Jahr 2009, nach der Finanzkrise, gab es in Mannheim für 2329 Personen bewilligte Anträge.
Und wie wird sich der Arbeitsmarkt weiter entwickeln? „Wir werden das Ausmaß der Krise zeitverzögert sehen“, ist Krupp überzeugt. Er rechnet mit einem weiteren Anstieg der Arbeitslosen und weniger Neueinstellungen: „Dieser Effekt wird sich fortsetzen.“
Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Gastronomie in großer Gefahr