Bei einem Notfall kommt es auf jede Minute an, die ein Einsatzfahrzeug auf dem Weg zum Unfallort spart. Diese eingesparte Zeit kann Leben retten. Sandhofen, inklusive Scharhof, ist einer der nördlichsten Stadtteile Mannheims, daher beschäftigte sich der Bezirksbeirat Sandhofen mit der Frage, in welchem Zeitfenster die Unfallorte in Krisenzeiten erreicht werden.
In der Stellungnahme der Verwaltung hieß es, dass die im nördlichen Stadtgebiet liegenden Einsatzorte in der Regel innerhalb eines Zeitfensters von 10 bis 15 Minuten (genannt Hilfsfrist) erreicht werden. Vereinzelt könne es jedoch zu Zeiten der Pandemie sein, dass die Fahrzeuge aufgrund von Desinfektionsmaßnahmen häufiger nicht verfügbar sind. Laut einer Statistik dauert es an den Rändern der Stadt, im Norden und Süden, am längsten. In Sandhofen kommt auf den Notruf auch schon einmal ein Einsatzwagen aus Lampertheim, und für Bewohner, die in der Nähe der Firma Roche wohnen, springt der Roche Werksrettungsdienst ein.
Innerhalb des ersten Halbjahres 2021 konnten jedoch in Mannheim Nord 95 Prozent aller Einsatzstellen innerhalb von 15 Minuten erreicht werden. Der Bezirksbeirat Sandhofen sieht Verbesserungsbedarf und wünscht sich einen zusätzlichen Wagen im Stadtteil. „Die Stadt Mannheim hat keine Entscheidungshoheit, sie ist nur Beraterin“, sagte Andreas Pitz, Professor für Medizin- und Sozialrecht und ehrenamtlicher Berater der Stadtverwaltung. Die Stadt würde einen Standort Nord begrüßen, doch darüber entscheiden müssen sieben Hilfsorganisationen, darunter ASB, Malteser, DRK, mit Zustimmung der Krankenkassen. Grund dafür ist das in Baden-Württemberg geltende Selbstverwaltungsrecht.
Keine Standortanalyse
Pitz bemängelte, dass es keine Standortanalyse für Sandhofen gegeben habe, man wisse nicht, welche Auswirkungen eine Verlagerung des Rettungswagens von Käfertal nach Sandhofen auf andere Teile der Stadt hat. Testfahrten werden von Seiten des Rettungsdienstes und der Feuerwehr nicht durchgeführt. Hinzu kommt, dass sich das Erstellen von Statistiken für Rettungswagen schwierig gestaltet, da diese oft nicht von der Wache aus zum Einsatzort fahren, sondern aufgrund der hohen Auslastung von einem Einsatz oder vom Krankenhaus kommen. „Es geht darum, Menschenleben zu retten. Wir wären froh, wenn die Kassen und Hilfsorganisationen beschließen würden, dass es einen zusätzlichen Wagen im Norden geben wird“, sagte Sitzungsleiter und Bürgermeister Christian Specht. Das Problem könne nur mit einer Gutachter-Analyse geregelt werden. Oder lieber mit moderner Technik, meinte Pitz: „Gutachten schauen in die Vergangenheit, das ist nicht zeitgemäß. In anderen Ländern gibt es eine Software, die voraussieht, was passieren könnte. Diese künstliche Intelligenz kann ermitteln, wo perspektivisch die Notfälle sind.“ Die zusätzliche Wache in Sandhofen voranbringen könne ein Modellprojekt, das auf der nächsten Sitzung des Selbstverwaltungsgremiums vorgestellt werden könnte, um die Hilfsorganisationen und vor allem die Krankenkassen zu überzeugen. Politik, Öffentlichkeit und Bürger sollten dranbleiben und sich einsetzen, dann verändere sich etwas.