Sie behält Recht: „In einer halben Stunde, wenn der Zug beginnt, hört der Regen auf“, äußert sich Doris Kirsch überzeugt, während sich der Feudenheimer Fasnachtszug formiert. Und tatsächlich: Weitgehend im Trockenen ziehen die Narren mit 53 Zugnummern zum 67. Mal fast drei Stunden durch den Stadtteil, sogar die Sonne zeigt sich. 15 000 bis 20 000 Zuschauer schätzt Roland Werner, der Leiter des Polizeipostens, der die ganze Strecke mitfährt.
Es gibt aber eine Panne. An der Ecke Brunnen-/Eintrachtstraße steht ein parkendes Auto, die Besitzerin ist im Odenwald. Daher müssen es die Männer der Freiwilligen Feuerwehr mit Muskelkraft zur Seite hieven, damit zumindest das CDU-Schiff knapp durch die Engstelle passt. Große Wagen müssen indes umgeleitet werden. „Das hatten wir noch nie“, so Roland Werner.
Humorvolle Motivwagen
Während der Aufstellung der Wagen und Fußgruppen in der Spessartstraße ist eher das Wetter ein Thema. Da nieselt es noch, und ein kalter Wind ist spürbar. „Ich bin nach dem Einladen der Sachen von unserem Lager bei der Baufirma Streib noch mal nach Hause, um mich dicker anzuziehen“, erzählt „Gowe“-Präsident Manuel Kohl. „Gowe“-Elferrat Günter Wörns ist aber Optimist: Er macht das Verdeck von dem alten, von 1982 stammenden „Iltis“ der Bundeswehr, den er liebevoll restaurierte und der als Bagagewagen dient, ab. „Wenn wir erstmal loslaufen, wird es einem ohnehin warm“, weiß Kohl aus den Vorjahren.
Heidrun Back weiß das nicht – die CDU-Gemeinderatskandidatin aus Wallstadt läuft erstmals mit: „Ich habe meine Skihose angezogen“, erzählt sie, „und Plastik um den Piratenhut gemacht, wie ich das bei Gardemädchen gesehen habe“. Sie gehört zu den Seeleuten und Piraten um den Käfertaler Bezirksbeirat Chris Rihm und Feudenheimer Bezirksbeirat Alexander Fleck, die sich mit dem Boot „Cinderella“ am Umzug beteiligen. „Ob Kapitän oder Pirat, wir entern den Gemeinderat“, so das Motto des Kandidaten-Schiffs.
Politisch ist auch die Freiwillige Feuerwehr Feudenheim, vorneweg Ehrenkommandant Norbert Dreher. Sie glossieren den in der Au zur Bundesgartenschau geplanten See. Ein „Löschwasserteich in der Buga-Olach“, so reimen sie, gibt „eine Schnooge-Plag“. Dazu haben sie sogar eine kleine Konfettikanone gebaut, die Gregor Gehrke bedient – mit einem Schaumrohr und einer Pressluftatmer-Flasche. Zudem sind zwei Gäste aus Hessen angereist: Bernd Töpfer und Thilo Neumann, die einst zu den Pionieren der Feudenheimer Jugendfeuerwehr gehörten und nun eigens zum Fasnachtszug zurückkehrten.
Das gilt auch für Thomas Kern – er hatte es aber noch weiter, denn inzwischen wohnt er bei Bremen. „Fasnacht gibt es da oben nicht, und hier ist es so schön“, begründet er die lange Reise, um – wie früher – bei der „Teutonia“ mitzumachen. Hier steuert er das eigens gebaute kleine Wägelchen, dazu kommt ein großer Motivwagen, den die Sänger wieder mit viel Einfallsreichtum und Aufwand gebaut haben. „Auch wenn alle über Datenschutz reden, in Feudenheim kennt doch eh jeder jeden“, reinem sie darauf.
Den „Helden des Alltags“ hat der „Lallehaag“ seine ganze Kampagne und auch den Wagen gewidmet – Polizisten, Feuerwehrleuten, Soldaten. So haben sich die Elferräte auch kostümiert, Gardeminister Karsten Schüßler trägt aber einfach seine Berufskleidung als Schornsteinfeger: „Die gibt sehr schön warm!“
Absage „kein Thema“
Dick angezogen ist auch Susanne Spatz von den Landfrauen – durch ihr tolles Kostüm als „Feilemer Dampfnudelkönigin Susanne I.“ Weil sie jedes Jahr beim Landfrauen-Herbstfest 400 Dampfnudeln formt und backt, hat sie sich diesen Titel verdient. „Brutzeln im Herbst die Dampfnudeln in der Pfanne, verdanken wir das unserer Susanne“, reinem die Landfrauen dazu.
„Bunt ist die Vielfalt hier am Ort – drum kauf hier und fahr nicht fort“, appelliert der Bund der Selbständigen (BDS) von seinem Wagen an die Feudenheimer. Dahinter laufen viele Geschäftsleute, verteilen Süßigkeiten und Warenproben. „Hier ist einfach gute Stimmung, da wird es einem nicht kalt“, betont Buchhändlerin Barbara Waldkirch.
Für diese gute Stimmung sorgen am Zugrand immer wieder einzelne Familien, die dort feiern. Bei der Boutique „Lieblings“ ist eine kleine Party mit Susanne Neumann als Sprecherin. Und am Rathaus ist es das Gespann aus den Ex-Präsidenten von „Lallehaag“ (Werner Barth) und „Narrebloos“ (Thomas Frank), die den von ihnen seit Monaten vorbereiteten Umzug kommentieren.
„Bei Sonne kann jeder, bei Regen kann nur Feudenheim Fasnacht feiern“, ruft Barth vom Rathausfenster aus erfreut, als hier – noch im Nieselregen und vor Eintreffen des Zuges – schon viele Zuschauer in Viererreihen stehen. Eine Absage, wie am Vortag auf der Rheinau, sei „kein Thema“ gewesen, bekräftigt Thomas Frank: „Da hätte es schon ganz, ganz dick kommen müssen, denn da steckt so viel Mühe von so vielen Aktiven dahinter“, betont er.
Als der – verspätet startende – Zug eintrifft, gilt das erste laute „Ahoi“ der Polizei. „Ein Motivwagen des Landes Baden-Württemberg mit hervorragenden Lichteffekten“, grüßt Thomas Frank den Postenchef Roland Werner als „Polizeipräsident von Feudenheim“ und dankt ihm für die gute Zusammenarbeit.