Ludwigshafen. „Liebe Menschen, weil wir uns ja nicht treffen dürfen, versuche ich Sie mit ein paar schönen Tönen zu treffen“, wendet sich Laurent Leroi an sein Publikum, unmittelbar bevor er zum Akkordeon greift und seine Worte in klangvolle Wahrheit verwandelt. Beim Überraschungs-Balkonkonzert, das das lokale Bündnis „Für die Kunst!“ in den Friesenheimer Hohenzollern-Höfen ausrichtet, sitzt der Musiker auf einer Bank auf dem zentralen Parkdeck, wo er – einen Koffer auf der einen, ein Glas Wein auf der anderen Seite neben sich – mit wunderbare Weisen auf die Reise geht.
Auch auf Balkonen gelauscht
Umgeben von dem denkmalgeschützten Gebäudeensemble aus den 1920er Jahren, entführt der im Elsass geboren und in Mundenheim lebende Musiker seine Zuhörer alsbald nach Paris und ans französische Meer, weiter nach Argentinien, nach Brasilien und in die Jazz-Clubs der USA. Er spielt etwa den sehnsüchtig wogenden Klassiker „La Mer“, das einst von Yves Montand gesungene Chanson „La Bicyclette“, den Tango La Cumparsita“ oder den Jazz-Standard „All Of Me“.
Einige der durch Flyer über den Auftritt informierten Bewohner der Hohenzollern-Höfe lauschen den Klängen von den Balkonen aus. Andere haben sie sich auf dem holzverkleideten Parkdeck und auf den Rasenflächen eingefunden, darunter mehrere Familien mit Kindern. Einige tanzen mit, während der virtuose wie vielseitige Leroi sein Akkordeon durch die Welt wandern lässt.
Entstanden ist die Aktion auf Initiative des Vereins Kultur Rhein-Neckar und von „Musikerinnen und Musikern, die in dieser Pandemie-Zeit sehen, dass Künstler und Kulturschaffende hier in Ludwigshafen wirklich von Not bedroht sind, weil alle ihre Einnahmen ausfallen“, wie Mitinitiatorin Eleonore Hefner berichtet. Die Initiative habe eine Form gesucht, um auch während der Pandemie Gagen zahlen zu können. „Deshalb gibt es diese Balkon-Konzerte, die keine Veranstaltung sind, wo es keine Ansammlungen gibt, wo genug Abstand gehalten wird, in relativ privatem Rahmen“, erläutert die Geschäftsführerin von Kultur Rhein-Neckar. Inzwischen seien fast 5000 Euro an Spenden eingegangen. Das lokale „Bündnis für Kunst und Kultur in der Krise“ organisiert auch andere Projekte, wie Fenster-Konzerte sowie „Schaufenster-Kunst“ und „Klassik zum Kaffee“.
„Es werden weitere folgen, so viele wie möglich“, verkündet Hefner nach dem einstündigen Überraschungskonzert, das großen Anklang findet. „Ich finde das super, es ist total wichtig“, sagt etwa Anwohner Steffen Matz. „Ich glaube, dass uns etwas Großes verloren gehen kann, wenn es so etwas nicht mehr gibt, bedingt durch die Situation“, meint der 38-Jährige mit Blick auf die Pandemie-Folgen und fügt hinzu: „Was wären wir ohne Kultur.“