Ludwigshafen. „Ich habe um eine dringende Telefonkonferenz wegen der Allgemeinverfügung gebeten, aber erst tags darauf am späten Vormittag eine Rückmeldung erhalten. Daher hat eine gemeinsame Abstimmung mit dem Rhein-Pfalz-Kreis, Speyer und Frankenthal nicht geklappt.“ Mit diesen Worten wies Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (SPD) am Donnerstag den Vorwurf eines Alleingangs der Stadt zurück. Noch am Montag hatte die Verwaltung Bedenken gegen eine Aufhebung der Allgemeinverfügung geäußert, diese aber am Dienstag gekippt – und viel Kritik geerntet. Damit entfielen die nächtliche Ausgangssperre, die Maskenpflicht in der Innenstadt und die Besuchereinschränkungen in den Alten- und Pflegeheimen.
„Ich habe keine einsamen Entscheidungen gefällt. Die Stadt muss immer die Verhältnismäßigkeit der Einschränkungen beachten. Persönliche Freiheitsrechte dürfen nur so lange eingeschränkt werden, wie die Maßnahmen zielgerichtet sind“, rechtfertigte Steinruck den Beschluss. Nachdem am Montag die Testergebnisse keinen Corona-Ausbruch in der Asylunterkunft angezeigt hatten und die Ausgangssperre in Baden-Württemberg zurückgenommen wurde, „bestand für mich dringender Handlungsbedarf“. Zumal es Klageandrohungen von Bürgern gegeben habe.
„Wir müssen fast minütlich die Corona-Situation abwägen“, so die Rathauschefin. Deshalb habe sie die Verantwortlichen in der linksrheinischen Nachbarschaft um eine rasche Telefonkonferenz gebeten, aber erst am Dienstag eine Antwort erhalten. Bereits in der Vergangenheit habe die Abstimmung in der Vorderpfalz nicht geklappt. Offen ließ Steinruck die Frage, wie die Verwaltung auf die neuen Beschlüsse vom Mittwoch auf Bundesebene reagiere. „Wir warten erst einmal die Landesverordnung ab.“
Die Corona-Situation in der Stadt habe sich unterdessen weiter entspannt, so die Rathauschefin. Der Inzidenzwert liege erneut unter dem Landesdurchschnitt. In den Krankenhäusern gebe es wieder freie Intensivbetten. „Nur ein Drittel der Intensivbetten werden von Covid-Patienten belegt“, so Matthias Bauer, Direktor des Instituts für Labordiagnostik, Hygiene und Transfusionsmedizin am Klinikum. Derzeit würden 26 Corona-Patienten behandelt, davon 15 auf Intensivstationen.
Im Klinikum wurden laut Bauer mittlerweile 16 Mutationsträger festgestellt. Davon kommen drei aus Ludwigshafen, die alle isoliert seien. Bei den 16 Mutanten gebe es keine schweren Verläufe. In Rheinland-Pfalz liege der Anteil der Mutationen an den Neuinfektionen bei fünf Prozent. Dies sei im bundesweiten Vergleich relativ wenig.
Die erneuten Corona-Tests am Mittwoch in der Asylunterkunft ergaben laut Steinruck keine weiteren Infektionen bei den Bewohnern. Wegen der Inkubationszeit von 14 Tagen werden die Tests in der nächsten Woche fortgesetzt. An den Abstrichen beteiligten sich indes nicht alle der 157 gemeldeten Bewohner. Am Mittwoch wurden 85 Proben genommen, am Montag waren es 88.
„Einzelne haben versucht, sich der Quarantäne zu entziehen“, merkte Steinruck an. Daher sei der Sicherheitsdienst verstärkt worden. Zudem wurden Sozialarbeiter abgeordnet. Nach Übergriffen und Bedrohung gegen eine Person sei das medizinische Personal nur in Begleitung von Ordnungskräften in die Unterkunft gegangen. Mittlerweile sei aber Ruhe eingekehrt. Die Zahl der Polizisten sei reduziert worden.