Ludwigshafen. „Die Schließung im März kam schon sehr kurzfristig, da konnte man sich vorher nicht mehr mit Lektüre eindecken. Daher bin ich sehr froh, dass die Bibliothek nun wieder offen ist“, sagt Ernst Heck erleichtert. Einige Sachbücher hat er sich schon ausgesucht, während er in der Ecke bei den Romanen noch nach einem Buch für seine Frau sucht. Nach achtwöchiger Zwangspause wegen der Corona-Krise hat die Stadtbibliothek zwar wieder geöffnet – aber mit Einschränkungen. Die Leseplätze auf der Empore blieben ebenso gesperrt wie andere Sitzmöglichkeiten und die Kreativabteilung „Ideenwerk“. Kinderaktionen und kulturelle Veranstaltungen starten vermutlich erst wieder im Herbst. „Aus Gründen des Infektionsschutzes können die Besucher derzeit nur etwas ausleihen, sich aber nicht länger aufhalten“, erläutert Bibliotheksleiterin Tanja Weißmann die aktuelle Regelung.
Meistfrequentierte Kultureinrichtung der Stadt
- Die Stadtbibliothek hat 325 000 Medien (Bücher, E-Books, CDs, Filme, Karten) im Bestand. 22 000 werden jährlich neu angeschafft.
- Die Besucher leihen pro Jahr rund 530 000 Medien aus.
- Die Bibliothek hat 44 Mitarbeiter, darunter viele Teilzeitkräfte. Zweigstellen gibt es in acht Stadtteilen.
- Die 1963 errichtete Zentralbibliothek in der Bismarckstraße wurde von 2014 bis 2018 generalsaniert. Dabei wurde auch die Ausstellungsfläche um 300 auf 1700 Quadratmeter vergrößert und eine spezielle Kreativabteilung eingerichtet.
- Nach der Sanierung hat sich die Zahl der Besucher auf rund 215 0000 verdoppelt.
„Maximal 50 Besucher dürfen sich gleichzeitig in den Räumen aufhalten“, nennt sie eine wichtige Vorgabe – die aber bislang noch nicht überschritten wurde. Vor allem Schüler, die sich häufig in Arbeitsgruppen in dem generalsanierten Gebäude getroffen haben, fehlen derzeit. „In normalen Zeiten kommen 5300 Besucher pro Woche, aktuell sind es nur 2500“, verdeutlicht die Leiterin den Unterschied.
500 Schutzmasken genäht
In den Räumen gelten die üblichen Hygieneregelungen mit Maskenpflicht, die laut Weißmann ohne Diskussionen akzeptiert werden. Desinfektionsspender stehen am Eingang bereit. Große Schilder weisen die Nutzer daraufhin, dass sie unterschiedliche Türen für Ein- und Ausgang benutzen müssen. Die Bibliothek verlassen sie über den Hinterhof zum Reichert-Haus. Die Mitarbeiter an den Infotheken sind durch Spuckschutzscheiben abgeschirmt. Gleiches gilt für die Zweigstellen in den Stadtteilen, die derzeit nur einmal statt wie früher zweimal wöchentlich geöffnet haben – zum Schutz der ehrenamtlichen Mitarbeiter, die häufig zu einer Corona-Risikogruppe zählen, so Weißmann.
Erleichtert über das Ende der Zwangspause sind viele Besucher wie Stefan Raff, der seit Jahrzehnten Stammkunde der Bibliothek ist und sich gerne gute Belletristik und geschichtliche Werke ausleiht. Ines Schramm freut sich, dass sie wieder Bücher und Spiele auch für die siebenjährige Tochter mitnehmen kann.
Sehr überraschend war die Zwangspause nicht nur für die Besucher gekommen, sondern auch für die Mitarbeiter. „Wir erfuhren am Mittwochnachmittag, dass ab Donnerstag alles dicht ist – auch die Zweigstellen“, erzählt Weißmann.
Während der Schließung waren die Beschäftigten nicht untätig. Sie wuschen alle durch eine Folie geschützten Bücher ab, um ein Infektionsrisiko zu vermeiden. Einige Mitarbeiter räumten ein zusätzliches Magazin ein oder wurden an andere Stellen der Verwaltung für Botendienste abgeordnet. Wer mit einer Nähmaschine vertraut ist, fertigte in der „Ideenwerk“-Abteilung insgesamt 500 Schutzmasken an. Am 3D-Drucker wurden 40 Schutzschilde hergestellt.
Kurz vor der Wiedereröffnung bot die Bibliothek einen Lieferservice an – mit starker Resonanz. „Wir haben binnen zwei Wochen 300 Pakete mit 2500 Medien gepackt und in den Stadtteilen zugestellt“, berichtet Weißmann. Dieser Service läuft erst mal weiter, weil viele Nutzer zu einer Risikogruppe zählen.
Ab Juni, so der Plan, sollen die Leseplätze und andere Aufenthaltsbereiche wieder geöffnet werden. Dann könnte auch der 30 Quadratmeter große Raum der Kreativabteilung teilweise zugänglich sein. Die Kinderliteraturtage wurden indes bereits auf das nächste Frühjahr verschoben. Frühestens Ende 2021, so die Auskunft der Verwaltung, soll die lange ersehnte Sanierung der Kinderbibliothek mit 25 000 Medien beginnen, die sehr beengt im Reichert-Haus untergebracht ist.
Pläne gibt es seit längerem auch für die Modernisierung der Zweigstellen, die in Oggersheim beginnen soll. Weißmann, die das Konzept gerne umsetzen möchte, muss indes die Erwartungen wegen der schwierigen Finanzlage dämpfen. „Einen genauen Zeitplan gibt es nicht.“