Brennpunkt

Feueralarm an Ludwigshafener Problemschule, als der Bildungsminister anfährt

Wenige Minuten vor dem Besuch von Minister Sven Teuber (SPD) lösen Schüler mutwillig Fehlalarm aus. Lehrkräfte überlegen inzwischen, ob sie kündigen, so die Lehrergewerkschaft GEW.

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Stephan Alfter
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Fast schon Routine: Feuerwehrleute aus Ludwigshafen laufen in die Karolina-Burger-Realschule Plus. Es handelt sich erneut um einen Fehlalarm, der von Schülern ausgelöst wurde. © Stephan Alfter

Ludwigshafen. Die Lehrergewerkschaft GEW hat die Ausnahmesituation betont, in der sich die Schullandschaft in Ludwigshafen befindet. Angesichts der sich verschärfenden Lage an der Karolina-Burger-Realschule Plus im Stadtteil Mundenheim, hat die GEW-Co-Vorsitzende Christiane Herz im Gespräch mit dieser Redaktion an Bildungsminister Sven Teuber (SPD) appelliert, schnell ein Sicherheitskonzept für diese Schulen vorzulegen.

Zum konkreten Fall sagte sie: „Es gibt wirklich Kolleginnen dort, die Angst um ihr Leben haben und die auch überlegen, aus dem Beamtendienst auszuscheiden, weil sie sich nicht mehr sicher fühlen. Das ist ein großes Problem an dieser Schule speziell.“ Herz mahnte zudem eine Fallberatung und Supervision für alle Kolleginnen und Kollegen an, die in diesem Kontext arbeiteten. Es müsse wesentlich mehr Personal an diese Einrichtungen.

Jungen Lehrern und Lehrerinnen müsse die Arbeit an solchen Schulen schmackhaft gemacht werden, indem ihnen alle verfügbaren Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Ein Beispiel sei die Rütli-Schule ihn Berlin-Neukölln. Dort sei aus einem Problem ein Vorzeige-Exemplar entstanden. Die Gewerkschafterin forderte einen Runden Tisch, an dem auch die Ludwigshafener Stadtverwaltung sitzen müsse, denn es gebe in der Stadt noch mehrere Realschulen mit ähnlichen Problematiken.

Lehrergewerkschaft: Schulaufsicht hält bei Ludwigshafener Realschule vieles unter der Decke

Eine solche Häufung von Gewalt sehe man im landesweiten Vergleich eigentlich nur in Ludwigshafen, so Herz. Sie nennt als Beispiel den Amokalarm aus dem Jahr 2018. Damals gab es einen SEK-Einsatz, nachdem ein Mann mit Messer wahrgenommen worden war.

Dieser Vorgang sei bis heute nicht ordentlich aufgearbeitet worden – weder von der Schulaufsichtsbehörde noch vom schulpsychologischen Dienst und auch nicht von anderer Seite. Ähnlich war es auch nach dem Amokalarm vergangene Woche. Am nächsten Tag war niemand von der Aufsichtsbehörde bei den Lehrern vor Ort. Das geschah erst am Mittwoch und wohl in Folge der Berichterstattung der vergangenen Tage. „Wir haben den Eindruck, dass man doch so ein bisschen versucht, alles möglichst auch ein wenig unter der Decke zu halten“, sagt Herz und fordert endlich Offenheit und Transparenz.

Von einem intensiven Austausch sprach der rheinland-pfälzische Bildungsminister Sven Teuber (SPD) nach seinem Drei-Stunden-Besuch in Ludwigshafen an der Karolina-Burger-Ralschule Plus. © Stephan Alfter

Insofern begrüßte sie, als Landesbildungsminister Sven Teuber sich am Mittwoch persönlich vor Ort zeigte. Den an der Schule beschäftigten Lehrkräften rät die GEW-Vertreterin, sich personalrechtlich vertreten zu lassen – etwa durch den Bezirkspersonalrat, der dann auch mit Schulaufsichtsbehörde in Kontakt trete, um Lösungen zu finden. Für Kolleginnen und Kollegen, die massiv persönlich angegangen worden seien, müsse es die Möglichkeit geben, dass Versetzungsanträge schnell positiv beschieden würden. Keine Lösung sei es aber, wenn sich jetzt alle Kräfte woanders bewerben.

Was den Sicherheitsaspekt betrifft, so fordern die Lehrer der Ludwigshafener Realschule Plus in Mundenheim Kameras auf Gängen und Schulhöfen. Dazu hat sich die Gewerkschaft aber bisher keine Positionierung überlegt. Herz sagte nur: „Schwierig, Kamera irgendwo an Schulen und im öffentlichen Raum.“ Wichtig ist für sie, dass der Schulträger sich um konkrete Dinge vor Ort bemüht. Zum Beispiel um Türen, die von innen verriegelbar und dann von außen nicht zu öffnen sind. „Dass da nichts passiert, ist nicht wertschätzend und zudem ein Stück weit fahrlässig“, sagte Herz.

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Auf die kritische Frage, warum die Gewerkschaft sich erst jetzt mit diesen Forderungen äußert, nachdem diese Redaktion das Thema in den vergangenen Tagen ausführlich beleuchtet hat, sagt Herz, dass man sich permanent für die Schulen starkmache. Vorgänge aus Personalräten könne man auch nicht zwangsläufig öffentlich machen. Als Konsequenz aus den jüngsten Vorkommnissen müsse an den Problemschulen in jeder Klasse eine zweite Lehrkraft zur Verfügung stehen, um die besonderen Herausforderungen zu meistern.

Eine Tischtennisplatte aus Stein im Schulhof der Karolina-Burger-Realschule Plus. Die Schule gehört zum Start-Chancen-Programm der Landesregierung. © Stephan Alfter

Ob das in Zukunft tatsächlich Realität wird, ist angesichts der finanziellen Zwänge und personellen Engpässe fraglich. Sven Teuber, rheinland-pfälzischer Bildungsminister, schien im Kurzinterview am Mittwoch mit dieser Redaktion nicht überzeugt davon, dass mehr Lehrkräfte in der Klasse die Lage sofort verbessern würden. Er sieht vielmehr die Einbindung der Schulsozialarbeit und der Jugendhilfe als stärkendes Element. Die Karolina-Burger-Realschule Plus gehöre zum Start-Chancen-Programm des Landes und habe die Budgets, sich im öffentlichen Raum stärker zu vernetzen.

Der Landesbildungsminister befand sich am Mittwoch gerade in der Anfahrt zur Karolina-Burger-Realschule Plus in Ludwigshafen, als die Feuerwehr zum selben Ort ausrücken musste. Während der SPD-Politiker symbolisch einen tief in der Schule tobenden Schwelbrand zu bekämpfen hat, konnte die Feuerwehr nach wenigen Minuten wieder abrücken. Der Alarm hatte sich mal wieder als einer der vielen Fehlalarme herausgestellt, die von Schülern ausgelöst werden. Damit bot sich dem Minister die Möglichkeit, „live“ nachzuvollziehen, welche Problemstellungen in der Stadt mit einem hohen Migrantenanteil und einem riesigen Loch im Sozialhaushalt existieren.

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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