Ludwigshafen. Auch Studierende und Dozenten sind kalt erwischt worden von der Corona-Pandemie. Das Hochschul-Gebäude ist seit zwei Wochen geschlossen. Lehrveranstaltungen sind dort nicht möglich – und wurden kurzfristig in den virtuellen Raum verlegt. Eine Riesenumstellung. „Es ist teilweise etwas unübersichtlich. Bei den Videokonferenzen bekomme ich manchmal keinen Ton und manchmal kein Bild. Denn die Server sind offensichtlich überlastet. Es läuft sicher noch nicht alles ganz rund. Aber die Verantwortlichen der Hochschule bemühen sich sehr um Verbesserungen“, schildert Tanja Ertl, Studentin im vierten Semester, ihre Erfahrungen mit der neuen Form von Lehrveranstaltungen.
Wissenschaftseinrichtung
- An der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft werden rund 4600 Studierende in den Bereichen Betriebswirtschaft sowie Sozial- und Gesundheitswesen unterrichtet.
- In der Bismarckstraße hat die Hochschule eine Ladenfläche für zwei Jahre angemietet, wo Studierende soziale Innovationen erörtern.
- Wegen Raumnot hat die Hochschule seit Jahren Ausweichquartiere angemietet. Der 67 Millionen Euro teure Erweiterungsbau soll 2022 bezugsfertig sein.
Improvisation gefragt
Ähnliche Erfahrungen macht Victoria Berger, Semestersprecherin im Masterstudiengang Internationales Marketing Management: „Von unserer Seite ist Improvisation gefragt. Grundsätzlich klappt das E-Learning besser als erwartet.“ Anfangs gab es noch häufiger Probleme, „mittlerweile haben wir schon viel besser organisiert. Wir machen das Beste draus“.
Präsident Peter Mudra ist angesichts der Umstände recht zufrieden. „Wenn man berücksichtigt, dass wir ganz schnell umstellen mussten, läuft es erstaunlich gut“, so sein Eindruck. Etliche Dozenten nehmen beispielsweise ihre Vorlesungen per Video auf, die die Studierenden digital abrufen, nennt Mudra ein Beispiel. Skripte würden schon seit Jahren auf elektronischem Weg verteilt. „Die Online-Plattform Olat wird bereits seit längerem an der Hochschule verwendet“, sieht der Präsident einen weiteren Grund dafür, warum sich die Schwierigkeiten einigermaßen in Grenzen halten.
„Die E-Learning-Plattform wird nun aber intensiver bespielt, auch durch moderierte Gruppendiskussionen, Foren, Chats, Podcasts und Fragebögen“, ergänzt Imke Buß, Leiterin der Abteilung Studium und Lehre. Nach ihren Angaben gibt es vor allem Einschränkungen auf Nutzerseite, wenn etwa die Internetverbindung zu schwach ist.
„Wir wollen das Sommersemester so gut wie möglich fortführen“, nennt der Präsident das Ziel. Sehr froh ist er im Nachhinein darüber, dass er die Erstsemester-Begrüßung mit 700 Teilnehmern bereits zu einem frühen Zeitpunkt der Corona-Krise abgesagt hatte und sich für eine digitale Übertragung entschied. Die Bibliothek ist seit knapp zwei Wochen dicht. Deren Mitarbeiter stehen aber den Studierenden weiterhin telefonisch für Ratschläge bei der Suche nach Online-Literatur bereit.
Sehr erfreut ist Mudra auch über das Engagement der Lehrbeauftragten, die nebenberuflich an der Hochschule tätig sind. „Alle helfen mit, da gibt es viel Solidarität.“ Nicht ganz so gut läuft es indes in einem anderen Bereich. „Die meisten der 95 Professoren sind beim Thema Online-Lehre nicht so versiert“, räumt der Präsident ein. Aber 68 Prozent der Dozenten hätten schon vor der Corona-Krise Erfahrungen mit Homeoffice gemacht.
Baustelle läuft reibungslos
Das Hauptgebäude in der Ernst-Boehe-Straße ist derzeit fast völlig verwaist – bis auf einige Verwaltungsmitarbeiter, die etwa die eingehende Post einscannen und an die Adressaten weiterleiten. Präsident Mudra schaut zwei- bis dreimal wöchentlich vorbei, ansonsten arbeitet er von Zuhause und schaltet sich von dort auch zu Krisenstabsitzungen zu. Der neue Hochschul-Standort in der Innenstadt, in dem soziale Innovationen im direkten Austausch mit Passanten erörtert werden, bleibt ebenfalls geschlossen.
„Es ist für alle Seiten nicht einfach, aber schrittweise wird es besser“, meint Ertl, die Internationales Personalmanagement studiert. Noch positiver äußert sich An-Viet Sattler, Wirtschaftsinformatikstudent im Masterstudiengang und langjähriges Mitglied des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA). „Aus meiner Sicht sind die Maßnahmen und die Kommunikation der Hochschule gelungen. Die Online-Vorlesungen von meinen Freunden laufen ohne Probleme.“
Die Prüfungen für die Studierenden sind zunächst einmal bis zum 20. April ausgesetzt. Danach entscheidet die Hochschule weiter. An einer anderen Vorgabe soll aber auch danach nicht gerüttelt werden. „Durch die Corona-Krise sollen den Studierenden keine Nachteile entstehen“, bekräftigt der Präsident. „Das nimmt doch manchen den Druck“, freut sich Tanja Ertl über die Klarstellung. Zumal so mancher Geldsorgen hat, weil er nun nicht mehr in einer Kneipe oder einem Laden aushelfen kann, da das gesellschaftliche Leben stillsteht. Offenbar völlig unberührt von der Pandemie laufen indes die Arbeiten für den 67 Millionen Euro teuren Erweiterungsbau der Hochschule. Mudra: „Es ist schon erstaunlich, wie fleißig dort bis abends gearbeitet wird.“