Interview - Neuer parteiloser Baudezernent Alexander Thewalt sieht drei große Herausforderungen / Grünen-Mitglied bis 2007

„Die Hochstraßen-Krise schreckt mich nicht ab“

Von 
Thomas Schrott
Lesedauer: 
„Je größer die Aufgabe, desto größer der Spaß“, sagt Alexander Thewalt, der sein Amt als Baudezernent zum 1. Juli antreten wird. © Rittelmann

Ludwigshafen. Der neue Baudezernent Alexander Thewalt (52), den der Stadtrat am Montag einstimmig und ohne Aussprache gewählt hat, sieht ungenutzte Potenziale in Ludwigshafen – und sich gut gewappnet für die Aufgabe.

Alexander Thewalt

  • Der Sohn eines Ludwigshafener Chemikers wurde in der Partnerstadt Pasadena geboren und wuchs in Braunschweig und Ulm auf.
  • Der Bauingenieur arbeitete nach seinem Studium in Stuttgart als Verkehrsplaner in Leipzig. Von 1996 bis 1999 war er als Bauleiter in der Baresel-Niederlassung in Dessau tätig und danach bis 2007 bei der Glass Ingenieurbau Leipzig.
  • Seit 2007 leitet er das Amt für Verkehrsmanagement in Heidelberg.
  • Von 1993 bis 2007 war er Mitglied von Bündnis 90/Grüne in Sachsen
  • Thewalt ist Mitglied im Verband deutscher Ingenieure, der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen und beim ADFC
  • Thewalt ist verheiratet und hat vier Kinder (Alter: elf bis 20 Jahre)

Herr Thewalt, zunächst Glückwunsch zur Wahl. Wegen der Hochstraßen-Krise gilt die Stelle als Baudezernent sicher nicht als Traumjob? Warum haben Sie sich trotzdem beworben?

Thewalt: Gerade deshalb. Die Hochstraße-Krise schreckt mich nicht ab. Zum anderen gibt es weitere Aufgaben im Bereich Klimaschutz, Hochbau, Stadtplanung mit Verkehr und insbesondere mit dem Rad- und Fußverkehr, die mich reizen.

Wie lange haben Sie sich den Schritt überlegt?

Thewalt: Nicht sehr lange. Ich habe die Vorgeschichte um den Rücktritt des Baudezernenten Klaus Dillinger im „MM“ verfolgt und nur meine Familie konsultiert, sie hat mir freie Hand gegeben. Politisch Verantwortliche in Ludwigshafen habe ich zuvor nicht gefragt.

Im Gegensatz zum wohlhabenden Heidelberg können Sie in klammen Ludwigshafen aber nicht aus dem Vollen schöpfen, macht das Ihnen keine Sorge?

Thewalt: Überhaupt nicht. Eine gute Seite sehe ich daran, es macht manche Wege einfacher und schneller.

Was vermuten Sie, wird Ihre größte Herausforderung in Ludwigshafen sein?

Thewalt: Eine gute Frage. Die Grundsatzbeschlüsse zu den beiden Hochstraßen sind gefasst. Damit kann man gut arbeiten. Entlang der künftigen Stadtstraße ist das große Neubauviertel City West geplant. Es ist eine große Herausforderung, es so zu gestalten, dass es angenommen wird und Wohnen, Leben und Arbeit gut nebeneinander funktionieren. Die andere große Herausforderung für alle Städte ist der Klimaschutz.

Aber auch viele Schulen und Straßen müssen saniert werden, wo möchten Sie Akzente setzen?

Thewalt: Jeder Umbau einer Straße kann auch zu einer Verbesserung für Fußgänger führen. Schulen sind ebenfalls ein riesiges Thema wie in vielen westdeutschen Städten. Mit Fördergeldern von Land und Bund kann man einiges machen. Vieles geht aber nicht gleichzeitig.

Wo sehen Sie ungenutztes Potenzial in der Stadt?

Thewalt: Bei Flächen in der Innenstadt und um den Hauptbahnhof. Zumal diese Areale eine fantastische Verkehrsanbindung haben. Solche Flächen gibt es nicht häufig in der Metropolregion. Die städtische Vorleistungen können nur der Start für private Investitionen sein. Die Vorleistung muss aber so gut sein, dass Privatinvestoren auch kommen.

Für die hoch defizitäre Stadt Ludwigshafen ist es aber schwierig, in Vorleistung zu gehen.

Thewalt: Das ist die dritte große Herausforderung. Finanzen sind immer ein Thema. Ich sehe da keine riesigen Probleme. Nicht alles, was man bewegen kann, kostet viel Geld.

Ihr Großvater und Vater haben in Ludwigshafen gelebt. Gibt es Ecken in der Stadt, die Sie besonders schätzen?

Thewalt: Eine Hafengegend finde ich grundsätzlich faszinierend, und natürlich die Parkinsel selbst und das Filmfestival. Dort war ich schon öfters. Auch die Anlage des Ebertparks finde ich wunderschön.

Was ist Ihre besondere berufliche Stärke? Wovon könnte Ludwigshafen profitieren?

Thewalt: Durch mein Bauingenieur-Studium bin ich fachlich breit aufgestellt mit Kenntnissen, die für meine neue Tätigkeit wichtig sind, etwa in puncto Umwelt, Abfall, Wasser- und Energiewirtschaft. Zuvor war ich in einem Verkehrsfachbüro und einer Baufirma – zwei völlig unterschiedliche Bereiche. Daher fühle ich mich gut vorbereitet auf die Stelle.

Sie sind kein Grünen-Mitglied mehr, sondern parteilos, wie würden Sie sich politisch einordnen?

Thewalt: Das möchte ich selbst nicht tun. Ich würde mich kommunalpolitisch ganz anders einordnen als bundespolitisch. Ich war während meiner Tätigkeit in Sachsen einfaches Mitglied der Grünen, weil mir der Bündnisgedanke zusagte. Bei meinem Wechsel nach Heidelberg 2007 bin ich ausgetreten, weil ich keine Parteipolitik in der Verwaltung machen will. Bauingenieure sind von Beruf her eher Leute, die nach vorne schauen und etwas entwickeln wollen, wobei ich mich aber auch über alte Brücken freue. Insofern würde ich mich als fortschrittlich, wertkonservativ und offen einstufen.

In diesem Zusammenhang gab es in der Vergangenheit Kritik, weil das Baudezernat nicht schnell und umfassend genug informierte?

Thewalt: Ich werde darauf achten. Das ist ein wichtiger Punkt. Ich habe ein sehr großes Interesse, Wissen und Informationen zu teilen und an Politik und Bürger weiterzugeben. Es muss aber vorher im Stadtvorstand abgestimmt sein. Schnellschüsse per Twitter gibt es nicht.

Was haben Sie sich für Ihre ersten 100 Tage vorgenommen?

Thewalt: Ich will mir keine konkreten Ergebnisse vornehmen, sondern zunächst alle Bereiche und Mitarbeiter des Dezernats vor Ort besuchen. Mit dem lokalen Gewerbe und der BASF möchte ich ebenfalls schnell Kontakt aufnehmen. Zudem möchte ich mich möglichst rasch in den rheinland-pfälzischen Ministerien vorstellen. Das sind ganz wichtige Kontakte, weil es um gemeinsame Projekte geht.

Redaktion MM-Redakteur seit 1984, zuständig für den Bereich Ludwigshafen - mit all seinen Facetten

Mehr zum Thema

Ludwigshafen Schwierige Aufgabe

Veröffentlicht
Mehr erfahren

Wahl am 27. April Ludwigshafen: Thewalt soll neuer Baudezernent werden

Veröffentlicht
Mehr erfahren

Bebauungsplan für das 120 Millionen Euro teures Projekt verabschiedet Ludwigshafen: Stadtrat billigt Metropol-Hochhaus mit großer Mehrheit

Veröffentlicht
Mehr erfahren