Lampertheim. Die Neustrukturierung des Stadtmarketings wurde von den Parlamentsfraktionen beschlossen. Doch mit kaum einem anderen Thema hat Bürgermeister Gottfried Störmer seine eigene Amtszeit so stark verknüpft wie mit dem Ziel, Lampertheim nach innen wie nach außen attraktiver zu machen. Er steht freilich vor dem Problem, dass Stadtmarketing nur als Sichtbares wahrgenommen wird. Was das betrifft, geht es auch dem Verwaltungschef nicht schnell genug.
Auffälligster Beitrag im jüngsten Faschingsumzug des 1. Carneval-Clubs Rot-Weiß war ein Wagen, den die Technischen Betriebsdienste gestaltet hatten. Darauf zu sehen ein Modell des Schiller-Cafés, das allmählich in die Jahre kommt, ohne seinen Zweck zu erfüllen: einen Raum für Gäste zu bieten, die sich im Zentrum aufhalten.
„Dass das auch uns nicht gefällt“, sollte laut Gottfried Störmer mit diesem Beitrag deutlich gemacht werden. Der Verwaltungschef, zu dessen Dezernat der Regiebetrieb Stadtmarketing zählt, verhehlt seine Unzufriedenheit im Gespräch mit dem Südhessen Morgen nicht – und wählt mit seiner Selbstkritik ein wenig die Flucht nach vorn. Er verweist aber auch auf die noch jungen Entwicklungen im Bereich des Regiebetriebs, der seit einem Jahr von Santo Umberti geleitet wird und dem fünf Monate später City- und Eventmanager Dirk Dewald zugeordnet wurde. In den Büros werde hart gearbeitet; allerdings sei die Kommunikation nach außen bislang „nicht so optimal“ gelaufen, meint Störmer.
Das will er ändern. Denn als Visionär ohne Gestaltungskraft will der Bürgermeister, der seinen Posten am 26. Mai verteidigen will, nicht in die Stadtgeschichte eingehen. Aber er möchte auch keine halben Sachen machen. Das in städtischem Besitz stehende Schiller-Café hätte er nach eigenem Bekunden schon längst an einen Gastronomen verpachten können – wenn der ein ausgereiftes Bewirtschaftungs-Konzept in der Tasche gehabt hätte und nicht bloß die Lizenz zum Bierzapfen.
Erst überlegen – dann handeln
Hand und Fuß soll auch die Innenstadtentwicklung haben – deshalb die Befragungen und Gutachten, die Kriterien für konkrete Planungen liefern sollen. Etwa zur Frage: Wie viel Kultur braucht die Innenstadt? Liegt der Schwerpunkt auf dem Einzelhandel oder doch eher auf einer urbanen Infrastruktur, die das attraktive Wohnen für alle Generationen in den Mittelpunkt stellt? Weichenstellungen müssen wohlüberlegt sein, wobei die von City-Manager beaufsichtigte Befragung offensichtlich Ergebnisse liefern wird, die manchen Kritiker überraschen dürften: So sei die Gesamtbewertung in puncto Aufenthalts- und Versorgungsqualität rund um Schillerplatz und Kaiserstraße nicht so schlecht, wie oftmals behauptet werde, meint der Bürgermeister. Die Gesamtnote liege etwa bei „Befriedigend“, wobei die Gastronomie besser bewertet werde als der Einzelhandel.
Es werde eben häufig schlechter über das Vorhandene geredet als angemessen und gut wäre, um den Ruf Lampertheims zu mehren, meint Störmer. Auswärtige kämen oftmals zu einer positiveren Einschätzung der Qualitäten dieser Stadt als Einheimische. So werde häufig über Leerstände geklagt; dabei seien es zwischen Friedrich-Ebert- und Europaplatz gerade einmal ein halbes Dutzend. Das Stadtmarketing stehe im Gespräch mit den Eigentümern dieser Immobilien, um Ansiedlungswünschen – Störmer erwähnt hier das Interesse eines Brautmoden-Verkäufers – einen Weg zu bahnen.
Überhaupt scheint Stadtmarketing eine Übung in Sachen Demut zu sein. Neben dem City- und Eventmanagement und dem Tourismus ist auch die Unternehmensförderung ein Arbeitsbereich des Regiebetriebs. Hier gilt es, für den Regiebetriebsleiter wie für den Bürgermeister, bei Lampertheimer Unternehmen ständig Klinken zu putzen und Kontakte aufzubauen. Der Verwaltungschef persönlich setzt sich ein, wenn ein Betrieb Expansionsabsichten bekundet und zusätzliche Flächen oder Räumlichkeiten benötigt.
Außerdem setzt Störmer auf die Vernetzung mit den Industrie- und Handelskammern, Wirtschaftsförderern und Unternehmerverbänden, um Netzwerke zu bilden – „die man nicht sieht, aber die man braucht“, wie er unterstreicht. Die Förderung einer Ausbildungsplatzbörse an der Alfred-Delp-Schule habe die Nachfrage nach Ausbildungsplätzen in Lampertheimer Betrieben stimuliert.
Fachkundige Beratung
So bildeten zwei Metall verarbeitende Betriebe gerade fünf Azubis aus. Ein Geldinstitut habe angeregt, diese Strategie auch auf die kaufmännische Branche auszudehnen. In die nächste parlamentarische Runde kommt der zweite Bauabschnitt des Gewerbegebiets, den die Stadt offensiv bewerben wolle. Start-up-Investoren erhielten obendrein fachkundige Beratung.
Ein großer Brocken: Der Ausbau des Tourismus. Der Ausbau von Radwegen, die Vermarktung Lampertheims als Mitglied im Geopark-Verbund, Ausstellungen und Führungen am Altrhein: „Hier gibt’s jede Menge Potenzial“, weiß Störmer. Immer mehr Auswärtige seien davon überzeugt – nun müsse es nur noch die eigene Bevölkerung merken.