Gesellschaft

Mehr Sport für jungen Menschen mit Handicap

Eine Initiative in Lampertheim möchte jungen Menschen mit Handicap den Zugang zu Sportvereinen erleichtern. Am 12. März findet ein Aktionstag in der Altrheinhalle statt.

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Dirk Timmermann
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Ulrike Gliem (v.l.), Chantal Schwarz und Günther Baus organisieren gemeinsam den ersten Inklusionssporttag. © Dirk Timmermann

Lampertheim. 53 180 Menschen mit Behinderung leben derzeit im Kreis Bergstraße. Gut 800 davon sind jünger als 17 Jahre, so die Daten des Hessischen Amtes für Versorgung und Soziales in Darmstadt. Junge Menschen mit und ohne Handicap an den Sport heranzuführen und die Vereine zu inklusiven Angeboten zu ermuntern, ist Ziel des ersten Inklusionssporttags in Lampertheim. Am Sonntag, 12. März, wird die Veranstaltung zwischen 10 und 16 Uhr in der Altrheinhalle stattfinden. „Wir möchten Kinder mit Beeinträchtigung in Sportvereine vermitteln, und das möglichst ortsnah“, erklärt Ulrike Gliem, Mitorganisatorin und Ideengeberin des neuen Formats.

Die Trainerin beim Kanu-Club Lampertheim, selbst Mutter einer Tochter mit Down-Syndrom, ist seit März vergangenen Jahres Sportinklusionslotsin im Kreis Bergstraße. In dieser Funktion sucht sie Vereine, die sich für inklusive Projekte öffnen möchten. Doch was bedeutet der vielzitierte Begriff eigentlich?

„Inklusion heißt, dass Menschen mit Behinderung ihr Leben nicht mehr an vorhandene Strukturen anpassen müssen. Vielmehr ist die Gesellschaft aufgerufen, Strukturen zu schaffen, die es jedem Menschen ermöglichen – auch jenen mit Behinderung – , von Anfang an ein wertvoller Teil der Gesellschaft zu sein“, erläutert Ulrike Gliem.

Der Ansatz, nach dem eine Orientierung auf Defizite nicht weiterführt und Barrieren so weit wie möglich abzubauen sind, ist in ihrem Heimatverein schon lange Realität. Mit den „Talenttagen“ hat der Kanu-Club Maßstäbe gesetzt und die Parakanuten sichtbar gemacht. Der Inklusionssporttag soll nun weitere Vereine miteinbeziehen.

Zum Austausch erster Ideen trafen jetzt Vertreter verschiedenster Organisationen in den Räumlichkeiten des Kanu-Clubs zusammen. SG Neptun, Black Tigers, TV Lampertheim, TC Hüttenfeld – sie alle interessieren sich für Möglichkeiten, Menschen mit Beeinträchtigung in ihre Vereine einzubinden.

Teilnahme bei Wettkämpfen

Bei den Schwimmern geschehe das bereits, berichtete Chantal Joosten. Die SG Neptun lässt Inklusionskinder in Schwimmgruppen und Kursen trainieren. Künftig will man auch bei Wettkämpfen antreten.

Wie Leistung bewertet wird, ist allerdings unklar, wie so vieles in einem Bereich, der den Großteil seiner Entwicklung noch vor sich hat. Die Einteilung in verschiedene Wettkampfklassen ist naheliegend, Klassifizierungen seien jedoch immer auch schwierig, wissen etwa die Parakanuten.

Harry Heidenreich ist Trainer in Sachen Selbstverteidigung. Seine Black Tigers kooperieren mit der örtlichen Lebenshilfe, Kinder mit Einschränkungen sind Teil seines Taekwondo-Teams. Beim TV Lampertheim gibt es eine eigene Ballsportgruppe. „Was die Fußballer schon haben, sollen die Handballer bekommen“, äußert Jugendleiter Gero Nieter seinen Wunsch.

Der Verein ist am 12. März ebenso vertreten wie die Athlets4charity und der Tennis-Club Lampertheim. Durch gezielte Werbemaßnahmen möchten die Organisatoren um Günther Baus, Vorsitzender der Lebenshilfe, weitere Vereine für eine Teilnahme gewinnen. Parallel werden Schulen und Kitas der Region kontaktiert, um Kinder zwischen vier und 16 anzusprechen.

Grundlage des Inklusionssporttags ist der „Aktionsplan Inklusion“. Beschlossen hatte ihn die Stadtverordnetenversammlung im Oktober 2022 – „eine bemerkenswerte Maßnahme für eine Stadt mit 33 000 Einwohnern“, wie Erster Stadtrat Marius Schmidt findet. Damit verbunden war die Schaffung der Stelle einer Inklusionsnetzwerkerin, die Chantal Schwarz inzwischen innehat.

Was am 12. März konkret passiert, beschreibt Ulrike Gliem: „Die Altrheinhalle wird in drei Abschnitte unterteilt. Im mittleren Hallendrittel finden Mannschaftssportarten statt, in einem Bereich die ruhigeren Sportarten, im letzten Drittel ist Platz zum Toben.“ Auf diese Weise sollen Handicaps wie Autismus und ADHS Berücksichtigung finden. Im Außenbereich sind Informationsangebote etwa von Sportjugend, Feuerwehr, DRK und dem Hessischen Behinderten- und Rehabilitationssportverband vorgesehen.

Zuschüsse für Vereine möglich

Bis es so weit ist, sind teilnahmewillige Vereine aufgerufen, sich folgende Fragen zu stellen: Welche Unterstützung benötigt mein Verein? Wie kann ich mein Training mit einem Rollstuhlfahrer organisieren? Welche Hilfsmittel könnten beim Inklusionssport in meiner Sportart hilfreich sein? Zudem regen die Organisatoren die Mitnahme von Flyern an, um über Trainingszeiten und mögliche Kosten zu informieren.

Unabhängig vom Inklusionssporttag, über dessen Ausweitung auf weitere Städte im Kreis Bergstraße bereits nachgedacht wird, lohne ein Blick auf die Fördermöglichkeiten. Eine Bezuschussung sei etwa durch die Stadt Lampertheim im Bereich des inklusiven Sports möglich, sagt Marius Schmidt. Bis zu 1000 Euro im Jahr können für den Ankauf von Geräten, aber auch für die Finanzierung von Trainerstunden und Weiterbildungsmaßnahmen bewilligt werden.

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