Porträt - Nach der Lampertheimer Heimatdichterin Luise Knecht ist die Verbindungsstraße zu einem neuen Wohnviertel benannt worden

Liebe zur Heimat in Verse gefasst

Von 
Bärbel Jakob
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Luise Knecht, Lampertheimer Bürgerin und Heimatdichterin. © Jakob

Lampertheim. Im neuen Wohnviertel Sedanstraße-West ist eine Stichstraße nach Luise Knecht benannt worden. Die jüngere Generation kann mit diesem Namen wahrscheinlich nicht viel anfangen. Schließlich ist die Lampertheimer Heimatdichterin schon lange vor ihrer Zeit, nämlich im Jahr 1955 verstorben. Es gibt ohnehin nicht viele Straßen, die nach Personen benannt sind, die in Lampertheim geboren wurden oder hier gewirkt haben.

Der Wilhelm-Herz-Ring nach dem Lampertheimer Rennfahrer gehört dazu, ebenso die Alfred-Delp-Straße in Hüttenfeld, die ihren Namen von dem Widerstandskämpfer hat, der in dem Stadtteil aufwuchs. In Lampertheim gibt es analog dazu auch einen Alfred-Delp-Platz. Die Pfarrer Johann Unger (katholisch) und Ludwig Konrad Frohnhäuser (evangelisch) wurden mit Straßenbenennungen gewürdigt. Weitere Straßen wurden nach Eugen Schreiber, Martin Kärcher, Eduard Feldhofen und Carl Lepper benannt. Auch die Leopoldstraße, die Schützenstraße und die Peterstraße gehen auf hiesige Einwohner zurück.

Keine Frauennamen

Darüber hinaus gibt es die nach den Bürgermeistern benannte Hans-Pfeiffer-Halle und das Adam-Günderoth-Stadion sowie die Bürgermeister-Ferbert-Anlage in Hofheim. Lampertheimer Frauen fungierten bisher kaum als Namensgeberinnen, wahrscheinlich weil sie lange in Politik und Wirtschaft kaum eine Rolle spielten.

Stadtarchivar Hubert Simon wurde von der Stadtverwaltung gefragt, welche Persönlichkeit denn gut in das neue Wohnviertel passen und mit den anderen Straßenbezeichnungen harmonieren würde. In der Nachbarschaft liegen die auf die letzte hessische Großherzogin zurückgehende Eleonorenstraße und im Süden die nach Kaiser Wilhelm II. benannte Wilhelmstraße, die bis 1897 noch Hintergasse hieß. Simon kam spontan die Lampertheimer Poetin Luise Knecht in den Sinn. Wobei diese, wie er betont, zwar Heimatdichterin war, aber ihre Werke üblicherweise nicht in Mundart verfasste. Eine Ausnahme bildet die Hommage an „De Gänshert“, die tatsächlich im Lampertheimer Dialekt geschrieben ist.

Luise Knecht wurde am 3. Dezember 1873 in Darmstadt geboren. Als sie fünf Jahre alt war, zog die Familie wieder nach Lampertheim. Die Familie, das waren der Vater Adam Knecht VI., ein gebürtiger Lampertheimer und seine Frau Charlotte, geborene Seim, aus Babenhausen, sowie Luises Schwestern Charlotte, Marie und Elisabeth. Wobei Charlotte, „Lottchen“, in den Aufzeichnungen keine Erwähnung findet. Eventuell lebte sie aus irgendwelchen Gründen nicht bei der Familie.

Adam Knecht war gelernter Polsterer und Tapezierer. Doch nach der Rückkehr in seinen Geburtsort eröffnete er in der damaligen Bahnhofstraße, heute Ernst-Ludwig-Straße, eine Gaststätte mit Kegelbahn „Zum kühlen Grund“. Später befand sich in dem Gebäude das Fischgeschäft Idt. Dieses Lokal bewirtschaftete Knecht, der wegen seiner Polsterei auch „Kanapee-Knecht“ genannt wurde, bis zu seinem Tod 1899. Seine Witwe führte das Gasthaus und die Werkstätte nicht weiter, sondern zog mit ihren Töchtern in die Elisabethenstraße. Auch nach dem Tod der Mutter blieb Luise Knecht mit den Schwestern dort wohnen.

Als Kind hatte sie schon viel Talent fürs Zeichnen gezeigt. Mit ihren Gedichten wurde sie auch regional bekannt. Inspiriert zu ihren poetischen Schilderungen wurde sie zumeist von Streifzügen in der näheren Umgebung. So schrieb sie beispielsweise in ihrem Gedicht „Unser Biedensand“: „Wie mich dieses Eiland grüßte schon als Kind im Traum. Und die Flut mich oftmals lockte. Dort im weiten Raum. Inseleiland – eingebettet in den schönen Rhein, Gelblichgrüne Wasser spielen um den glatten Stein.“ Ein anderes Werk widmete sie der Tuchbleiche: „Ja, auch ohne Rad und Rößchen, von zu Haus durchs Riesengäßchen, war der Weg zu meiner Freud‘ bis zur Bleiche nicht sehr weit.“

Doch nicht alle ihre Gedichte befassten sich mit so idyllischen Szenen wie den Sommernachmittagen an der Tuchbleiche, als sie die Füße in dem damals noch vorhandenen Wasser des Hollandgrabens baumeln ließ. Eines ihrer Werke ist den „Gefallenen und gefangenen Brüdern“ gewidmet, „Heimkehr“ lautet ein anderes und „Reminiscere… Dem Gedenken unserer Gefallenen“. Manches davon wirkt heute pathetisch, auch unkritisch, wenn zwar das Leid beklagt, der Krieg aber eher als ein abstraktes Ereignis geschildert wird, mehr wie eine Naturkatastrophe als von Menschen angefacht. Anlässlich ihres 80. Geburtstages hatte Jakob Koch, der langjährige musikalische Leiter des MGV Sängerbund-Sängerrose, eines ihrer Gedichte – nämlich „An die Heimat“ – vertont, das von dem Chor vierstimmig zu Gehör gebracht wurde.

Am 4. November 1955 wurde Luise Knecht, die im Alter von 82 Jahren verstarb, unter großer Anteilnahme der Bevölkerung beigesetzt. Bürgermeister Adam Günderoth würdigte ihre Verdienste und legte einen Kranz nieder.

Freie Autorin

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