Gedenken - Kirchengemeinden, Stadt und Bürgerstiftung erinnern zum 75. Todestag an Pater Alfred Delp / Auftakt zur Veranstaltungswoche

Leuchtendes Vorbild in dunklen Zeiten

Von 
Kevin Schollmaier
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Bürgermeister Gottfried Störmer (rechts) und Staatssekretär Thomas Metz legen einen Kranz vor Alfred Delps Geburtshaus in der Römerstraße nieder. © ksm

LAMPERTHEIM. Die Hände zu einem ungelenken Paar gefesselt, ein baumelnder Strick, der bedrohlich über der blassen Szenerie hängt. Es ist ein bedrückendes, beinahe schon furchteinflößendes Bild, das der katholische Priester Sieger Köder von Pater Alfred Delps‘ letztem Abschiedsbrief aus der Todeszelle gemalt hat. Es ist dieses düstre Bild, das die katholische Andreasgemeinde und die evangelische Lukasgemeinde beim ökumenischen Gedenkgottesdienst für den in Lampertheim aufgewachsenen Jesuitenpfarrer austeilen. Weil es eindrücklich zeigt, in welch’ auswegloser Lage sich Alfred Delp Anfang 1945 befunden haben muss – inhaftiert von den Nazis und zum Tode verurteilt.

Alfred Delp lebte in Hüttenfeld und Lampertheim

1907 in Mannheim geboren, wuchs Alfred Delp als erstes von sechs Kindern in Hüttenfeld auf. Dort lebte der Sohn einer katholischen Mutter und eines evangelischen Vaters einer schriftlichen Hochzeitszusage zum Trotz im evangelischen Glauben bei den Großeltern auf.

1915 zog die Familie nach Lampertheim.

Erst 1921, nach einem Streit mit einem Pfarrer, wechselte er als Gymnasiast zur katholischen Konfession. Sein Abitur legte er im bischöflichen Konvikt Dieburg ab.

Delp setzte sich zeitlebens für ein besseres Verhältnis zwischen den christlichen Konfessionen ein.

Nach dem Beitritt zum Jesuitenorden und Erzieher- sowie Lehrertätigkeit studierte er Philosophie und Theologie. 1937 erhielt er die Priesterweihe.

Wegen Kontakten zur Widerstandsgruppe „Kreisauer Kreis“ wurde Delp 1944 vom NS-Regime verhaftet. Ein Angebot der Gestapo auf „Freilassung gegen Ordensaustritt“ schlug der Geistliche aus.

Wegen Hoch- und Landesverrates wurde er am 2. Februar 1945 hingerichtet. ksm

Seine katholische Heimatgemeinde gedenkt Alfred Delp mit einer ganzen Woche voller Erinnerungsveranstaltungen. Zum 75. Todestag am Sonntag beteiligten sich aber auch die evangelische Lukasgemeinde, die Stadt sowie die Bürgerstiftung. Für sie alle ist Alfred Delp „ein leuchtendes Vorbild“.

Erinnerung spendet Hoffnung

Die Erinnerung daran hielten alle Beteiligten für „wichtiger denn je“. Das Bild von Pater Alfred Delp aus seiner Zelle spende paradoxerweise auch Hoffnung. Denn der Geistliche blieb standhaft. Dem Strick der Nationalsozialisten konnte er zwar nicht entgehen. Doch im Angesicht des sicheren Todes setzte er sich noch immer gegen das Unrechtsregime zur Wehr. „Die unvergängliche Kraft seiner Worte und Schriften hat gewissermaßen seine Gefängnisketten gesprengt. Sie haben die Zeit überdauert“, betonte Pfarrerin Sabine Sauerwein.

Delps Abschiedsbriefe gehören heute zu den bedeutendsten Glaubenszeugnissen der Kirche im 20. Jahrhundert – weil Pater Alfred Delp nie mit sich und seinen Überzeugungen brach. Der Gedenksonntag war deshalb auch nicht nur von Schwarzmalerei und Melancholie geprägt, sondern vor allem durch Mahnen, Aufrütteln – und Aufbruch. Eben, weil es solche Vorbilder wie Alfred Delp gibt, an denen man sich heute noch orientieren könne. Dessen besondere Bedeutung in seiner Heimatstadt wird nicht nur an den Gedenkorten und Institutionen mit seinem Namen sichtbar, sondern auch an der Wertschätzung der Menschen selbst. Beim Gottesdienst in Delps einstiger Heimatkirche St. Andreas drängten sich die Besucher bis ins Eingangsportal. Die Geistlichen Christian Rauch und Sabine Sauerwein verlasen Delps letzte Briefe und feierten, begleitet vom Lampertheimer Kammerorchester unter der Leitung von Ivetta Schober, eine ergreifende Zeremonie.

Auch beim anschließenden Empfang im Sitzungssaal des Stadthauses blieb kaum ein Platz leer. Bürgermeister Gottfried Störmer, der hessische Staatssekretär Thomas Metz, Landrat Christian Engelhardt und der Jesuitenpater Werner Holter sahen in Delps Vermächtnis auch ein politisches – die Aufgabe, sich für Freiheit und Demokratie einzusetzen.

„In Zeiten, in denen Menschen ihre persönlichen Belange immer mehr in den Vordergrund stellen, sollte uns Alfred Delps Tod eine Mahnung sein“, so Störmer. Denn Delp habe für seine Überzeugungen mit dem Leben bezahlt. „Soweit darf es nicht mehr kommen“, forderte der Rathauschef. Für Engelhardt war Delps Engagement umso unglaublicher, „da er sich nicht nur gegen ein Regime, sondern gegen die ganze Gesellschaft auflehnte“.

Nach dem Empfang legten Störmer und Metz einen Kranz der Landesregierung vor dem Geburtshaus Delps in der Römerstraße 98 nieder. In die Hauswand des „Schwanen“ ist auch eine Infotafel gemeißelt, im Boden liegt außerdem Lampertheims allererster Stolperstein.

Weitere sichtbare Zeichen gibt es künftig auf dem Alfred-Delp-Platz. Die Lampertheimer Bürgerstiftung hat die Denkmalsäule reinigen und ringsherum neue Basaltsteine verlegen lassen. Eine Infotafel, ähnlich der „Historisches Lampertheim“-Reihe, versorgt Besucher nun mit Fakten zum Leben Alfred Delps. Zwei neue Bänke laden außerdem zum Verweilen ein.

Damit wolle man nachhaltigen Raum zum Gedenken schaffen – auch im Alltag – sagte Altbürgermeister Erich Maier: „Ansonsten vergessen wir und verschmähen damit das Andenken der Opfer.“