Lampertheim. Im Stadtgebiet gibt es alleine bis zu 16 verschiedene Fledermausarten. Zwischen Naturschutzgebiet Biedensand und Lampertheimer Wald sind die Mückenfledermaus, aber beispielsweise auch der kleine und der große Abendsegler unterwegs, außerdem dreht die Zwergfledermaus ihre Runden. Wie Andrea Hartkorn vom Naturschutzbund (Nabu) in Lampertheim sagt, ist das Leben der nachtaktiven Säugetiere für viele Menschen noch immer ein Buch mit sieben Siegeln. Das Interesse habe in den vergangenen Jahren aber stetig zugenommen.
Bekannt durch Vampirgeschichten
„Fledermäuse hatten ein schlechtes Image, was etwa mit den Vampirgeschichten zu tun hatte. Außerdem gibt es Südamerika drei Arten, die sich vom Blut der Weidetiere ernähren“, sagt Hartkorn. Im Verhältnis zu den insgesamt 1400 Fledermausarten ist da nur ein geringer Anteil. Um Aufklärungsarbeit zu leisten, bietet Hartkorn regelmäßig zur internationalen Fledermaus-Nacht ihre Führungen in Lampertheim an.
Dabei können Kinder und Erwachsene manchmal sogar Zwergfledermäuse dabei beobachten, wie sie lautlos durch die Nacht jagen. „Vor wenigen Tagen kamen bis zu 40 Teilnehmer auf den Biedensand“, erzählt die Naturschützerin. Das spreche für das große Interesse an den Tieren, die ihre Beute per Echo-Ortung suchen. Insgesamt leben laut Nabu etwa zwei Dutzend Arten von Fledermäusen in der Republik. Viele davon gelten als gefährdet. Probleme bereiten etwa Insektizide und Pestizide in der Landwirtschaft, sagt Hartkorn.
Doch vor allem leiden die Kleinsäuger unter Wohnungsnot. In alten Bunkern, Ruinen oder in extra angelegten Quartieren fühlen sich Fledermäuse wohl. Ohne solche Plätze können die scheuen Tiere nicht überleben. So seien frostfreie Rückzugsorte etwa für den Winterschlaf wichtig, für die Geburt der Fledermausbabys im Sommer benötigen die Tiere wiederum trockene und möglichst kühle Plätze. Der Verlust der Quartiere sei ein zunehmendes Problem für die nachtaktiven Tiere, die sich von Insekten und Schädlingen ernähren. Gerade wegen ihres Appetits nehmen die Säugetiere einen wichtigen Platz im Ökosystem ein. Die seltene und somit auch streng geschützte Mückenfledermaus kann beispielsweise in einer Nacht bis zu 4000 Insekten vertilgen.
„Gut für die Tiere ist etwa eine Mischung aus Waldgebieten mit Baumhöhlen, Streuobstwiesen, Scheunen und Gewässern“, sagt die Vertreterin des Nabu. Solche Orte gebe es viele in Lampertheim, wo auch Breitflügelfledermaus und Rauhautfledermaus ihre Runden drehen. Doch auch in Südhessen wirkten sich die Versieglung von Flächen und Forstarbeiten auf die Lebensräume der Fledermäuse aus. „Wenn beispielsweise alte Bäume gefällt werden und Totholz aus Wäldern geholt wird, gehen Quartiere natürlich verloren“, sagt Hartkorn. Daher fordere der Nabu auch, dass mehr Wälder ohne Bewirtschaftung existieren können und zunehmend naturnahe Gärten geschaffen werden. Auch wegen der fortschreitenden Wärmedämmung an Gebäuden gingen Rückzugsorte für die Säuger verloren. Obwohl Fledermäuse anpassungsfähig sind, sei es nicht für alle Arten einfach, Ersatz zu finden.
250 fliegen durchs Wohnzimmer
So fühle sich beispielsweise die Zwergfledermaus stark an Gebäude gebunden. Interessanterweise hätten weder Trockenheit noch Hitze des nun endenden Sommers den Tieren zu schaffen gemacht. Im Gegenteil. Da die normalerweise im Juni herrschende Schafskälte ausgeblieben war, könne man davon ausgehen, dass die Fledermäuse weniger stark dezimiert wurden als in früheren Jahren.
Dass die Tiere noch heutzutage Menschen verunsichern, erlebt Andrea Hartkorn immer wieder. Erst im Juni hatte sich eine erschrockene Frau aus Rosengarten gemeldet, weil etwa 250 Mückenfledermäuse durch ein Loch des Dachbodens in ihr Wohnzimmer gelangt waren. Immerhin, die Ritze habe man schließen können, die Kolonie darf nun aber nicht mehr gestört werden. Die Tiere sind streng geschützt. Das aber sei kein großes Problem. Mensch und Fledermaus können sich arrangieren, ist Hartkorn überzeugt.
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