Barrierefrei Leben

Bäder ohne Ecken und Kanten

Von 
Stephen Wolf
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Carsten Rößling und seine Schwester Stephanie Pfitzenreuter vor einem speziell angefertigten geneigten Badeschrank. © Berno Nix

Lampertheim. „Barrierefreies Bad“ – das klingt nach Gebrechlichkeit und Alter. Dabei sehen zunehmend auch junge Menschen Vorteile darin, wenn Stolperfallen und enge Nischen den Bewegungsradius nicht mehr einschränken. Dass Barrierefreiheit im Bad für Kunden eine immer wichtigere Rolle spielt, erlebt der Lampertheimer Carsten Rößling in seinem Berufsalltag. Nach dem Tod des Vaters vor einigen Monaten, führt er gemeinsam mit seiner Schwester Stephanie Pfitzenreuter den seit 1902 bestehenden Familienbetrieb für Sanitärtechnik.

Finanzielle Unterstützung

Finanzielle Unterstützung für den Umbau in der Wohnung können nach Angaben der Hessischen Fachstelle für Wohnberatung sowohl die Krankenkassen als auch die Pflegekasse leisten. Für die Institutionen gibt es unterschiedliche Bedingungen.

Leistungen der Krankenkassen können beispielsweise in Anspruch genommen werden, wenn ein Hilfsmittel als Ausgleich für eine Behinderung, zur Krankheitslinderung oder zur Vermeidung von Pflegebedürftigkeit genutzt werden kann. Dazu zählen etwa Haltegriffe, Duschhocker oder Badewannenlifter.

Die Pflegekasse ist zuständig, wenn ein Hilfsmittel beziehungsweise ein Umbau der Pflege dient, beziehungsweise, wenn Personen in einen Pflegegrad eingestuft worden sind. Sie können von der Pflegekasse „für Wohnumfeld verbessernde Maßnahmen“ laut Sozialgesetzbuch bis zu 4000 Euro pro Umbau erhalten. Mehrere Anspruchsberechtigte, die zusammenwohnen, können bis zu 16 000 Euro erhalten, wie es vom Hessischen Sozialministerium heißt.

Entsprechende Zuschüsse können bei der Pflegekasse beispielsweise für die Entfernung von Schwellen in der Wohnung beantragt werden. Außerdem können Türverbreiterungen sowie der Einbau von ebenerdigen Duschen von der Pflegekasse finanziert werden. Auch der Umzug in eine barrierefreie Wohnung kann durch die Pflegekasse aus diesem Zuschuss geleistet werden

Bei niedrigen Einkommen ist es möglich, einen Antrag beim Sozialamt zu stellen.

Mehrere Personen bieten auch in Lampertheim eine kostenlose ehrenamtliche Wohnberatung an.

Für den Behindertenbeirat ist es Jochen Halbauer. Er ist telefonisch unter 0 157/75 35 40 47 erreichbar.

Für den Seniorenbeirat sind die Wohnberater Ute Striebinger und Werner Brall. Sie sind telefonisch unter 0 6206/15 63 97 erreichbar. wol

„Früher haben Hausbesitzer und Wohnungseigentümer neue Bäder einbauen lassen, etwa weil Kacheln, Duschkabinen oder Spülkästen veraltet waren. Heute legen Kunden zunehmend Wert darauf, dass etwa die Duschfläche ebenerdig verläuft“, sagt der Anlagenmechaniker. So würden zunehmend Badewannen, Schränke und Toiletten nachgefragt, die für Senioren oder auch für Menschen geeignet seien, die in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt sind.

Technisch ausgeklügelt

„Ein barrierefreies Bad trägt dazu bei, dass viele Betroffene möglichst lange in ihren eigenen vier Wänden leben können“, sagt der 46 Jahre alte Rößling. Dass namhafte Hersteller von Badmöbeln, Duschkabinen oder Toiletten sich auf die Kundenwünsche eingestellt haben, wird beispielsweise beim Blick auf die technisch ausgeklügelten Dusch-WCs deutlich, die bei Rößling ausgestellt sind. Diese Toiletten mit ausfahrbarer Dusche, bei der sich Stärke und Temperatur des Wasserstrahls programmieren lassen, ermöglichen es, ohne fremde Hilfe zurecht zu kommen, wie Rößling sagt.

„Solche WCs werden nicht nur von Senioren nachgefragt, sondern auch von Menschen, die aufgrund einer Behinderung Probleme gaben“, sagt der Handwerksmeister. So habe er jüngst etwa ein solches WC in einer Wohngemeinschaft für Behinderte in Mannheim installiert.

„Beliebt sind bei den Kunden vor allem Duschen mit Sitz, die bodengleich, also ohne Schwelle, betreten werden können“, sagt der Geschäftsführer, der solche Umgestaltungen gemeinsam mit seinen Mitarbeitern bei Kunden in der Region verwirklicht. Auch Badeschränke hat der Familienbetrieb im Angebot, die derart nach vorne geneigt sind, dass der Blick in den Spiegel vom Rollstuhl aus problemlos möglich ist. „Das ist zwar nur eine kleine Veränderung, bringt für viele Menschen aber eine erhebliche Verbesserung“, sagt Carsten Rößling.

Auch beim Lampertheimer Unternehmen Haustechnik Eistal spielt Barrierefreiheit heutzutage eine wichtige Rolle. Wie Geschäftsführer René Blume sagt, fragt mittlerweile jeder zweite Kunde an, auf welche Weise sich das Bad praktischer, ja großzügiger gestalten lasse. Mit dem Beseitigen von Schwellen und Stolperfallen in der Dusche sei es nicht immer getan, manchmal müssten die 14 Handwerker des Unternehmens lange tüfteln, damit Wasser aus einer bodengleichen Dusche auch abfließen kann. „Im Erdgeschoss ist das kein großes Problem, da sich das nötige Gefälle gut einrichten lässt“, sagt Blume. In höheren Stockwerken müssten Abflussleitungen hingegen mit einigem Aufwand neu verlegt werden, wie er hinzufügt. Gerade in Mietshäusern sei das eine Herausforderung. So habe das Unternehmen jüngst ein Mietshaus mit 14 Wohnungen in Mannheim unter anderem mit barrierefreien Bädern ausgestattet. Die Kosten für den komplizierten Umbau lagen Blume zufolge bei etwa einer Viertel-Million Euro.

Grundsätzlich sei die Einrichtung barrierefreier Bereiche nicht nur aus Sicht von Senioren und pflegenden Angehörigen eine sinnvolle Sache: „Es fällt auf, dass sich auch viele Kunden, die etwa um die 40 Jahre alt sind, für solche Bäder interessieren“, sagt der Geschäftsführer. Die barrierefreie Ausführung des Badezimmers sei schlicht komfortabel und attraktiv, ist Blume überzeugt.

Zuschuss möglich

Bleibt die Frage nach dem Preis für Privatleute. Rößling und Blume schätzen, dass der durchschnittliche Umbau eines Bades zwischen 10 000 und 12 000 Euro liegt. Das kann sich nicht jeder leisten. Wie eine Sprecherin der Verbraucherzentrale in Hessen sagt, ist es möglich, einen Zuschuss bei der Pflegeversicherung zu beantragen. Dies sei schon mit Pflegegrad 1 möglich.

Redaktion

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