Wie organisiert man Schulalltag so, dass der Mindestabstand von 1,50 Metern zwischen Schülern nicht nur in Klassenräumen, sondern beispielsweise auch an Waschbecken stimmt? Und wie lassen sich in Abschlussklassen Kollegen ersetzen, die alters- oder gesundheitsbedingt zur Corona-Risikogruppe gehören und zuhause bleiben müssen? Das sind nur zwei der Fragen, die Schulleitungsteams dieser Tage beschäftigen. Wir haben uns in der Region umgehört, wie der schrittweise Wiedereinstieg in den Schulbetrieb ab Montag, 4. Mai, gelingen soll.
„Man muss kreativ mit vielen Dingen umgehen.“ So fasst Stefan Baust, Rektor der Merian-Realschule (MRS) in Ladenburg, die Herausforderungen zusammen, vor denen zunächst die weiterführenden Schulen stehen. Auch wenn erst die älteren Schüler an der Reihe sind, bei denen in diesem oder im nächsten Jahr Abschlussprüfungen anstehen, lässt sich sagen: Bereits die ersten Schritte zu mehr schulischer Normalität nach der Corona-bedingten Pause für den Präsenzunterricht seit dem 17. März erfordern jede Menge an organisatorischer Sorgfalt.
„Wie ein neues Schuljahr“
„Es ist viel Planung erforderlich, aber wir sind gefordert, das umzusetzen, und hatten zum Glück zwei Wochen Vorbereitungszeit“, so Baust. „Das ist wie vor einem neuen Schuljahr“, sagt Christine Senger. Zur möglichst optimalen Vorbereitung arbeitet ihr Kollegium an der Karl-Drais-Gemeinschaftsschule Heddesheim sozusagen durch, auch an den Wochenenden. Dennoch sei man ebenso darauf angewiesen, dass sich die Schüler außerhalb der Klassenzimmer an Abstandsregeln halten und sich regelmäßig die Hände waschen. Dazu müssen auch sanitäre Voraussetzungen geschaffen werden.
„Der Hygieneplan hat oberste Priorität“, erklärt Jürgen Sollors als Direktor des Kurpfalz-Gymnasiums Schriesheim (KGS). Dort kommt erschwerend hinzu, dass wegen der anstehenden Gebäudesanierung gerade der Umzug der halben Schule in mobile Klassenzimmer umgesetzt wurde. Inzwischen befindet sich auch die Verwaltung in Containern. Dennoch gelinge es durch verschiedene Maßnahmen Sicherheitsabstände einzuhalten, versichert Sollors. Er hat aus der erweiterten Schulleitung eine Hygienebeauftragte bestellt, die zusammen mit dem KGS-Sicherheitsbeauftragten ein Konzept erarbeite und umsetze. Die Unterrichtsstruktur bleibe erhalten: „Das gibt planerische Sicherheit und auch ein bisschen gewohnten Alltag in dieser schwierigen Zeit“, so Sollors.
Dagegen erscheint es MRS-Chef Baust organisatorisch von Vorteil, die gewohnte Unterrichtsdauer von 45 auf 60 Minuten zu erhöhen. Außerdem gibt es an seiner Schule verschiedene Anfangszeiten, damit die „Klassen untereinander so wenig Berührungspunkte wie möglich“ haben. „Unser Doppelstundenmodell bleibt erhalten, aber weil wir eine Staffelung beim Räumen und Begehen der Klassenzimmer erarbeitet haben, wird es unter anderem bei den Pausen Änderungen geben“, erläutert Petra Carse. Die Leiterin der Kurpfalz-Realschule Schriesheim (KRS) setzt Kollegen aus der Risikogruppe verstärkt beim Stellen von Hausaufgaben ein.
In Hedddesheim hat man sich einen Schichtbetrieb ausgedacht, um die Vorgaben zu erfüllen: Ein Teil der Drais-Schüler hat montags, mittwochs und einen halben Freitag lang Unterricht, der andere dienstags, donnerstags und während der zweiten Freitagshälfte. „Der jeweils andere Part hat dann Homeschooling“, erklärt Chefin Senger. Diesbezüglich sei in den vergangenen Wochen viel passiert: Man sei digital gut aufgestellt. Schülern, die zuhause über keine entsprechende Ausstattung verfügten, leiht die „Drais“ hauseigene Tabletcomputer.
Was Schutzmasken betrifft, gilt an Schulen keine Tragepflicht. Begründung des Kultusministeriums: Die Sicherheitsdistanz sei ausschlaggebend. „Wir möchten dennoch, dass unsere Schüler auch im Unterricht Masken tragen“, sagt Thomas Schneider. Der Rektor der Werkrealschule Unterer Neckar (WUN) in Ladenburg plant sogar, allmorgendlich genügend Masken vorzuhalten, die täglich im Schulhaus gewaschen und getrocknet werden.
Schutz dringend empfohlen
Sein Kollege Baust (MRS) empfiehlt „dringend“ das Tragen von Masken, die mitzubringen sind. „Unsere Schüler sollten vor allem außerhalb des Unterrichts Masken tragen“, sagt Direktorin Hannelore Buchheister (Carl-Benz-Gymnasium Ladenburg). Auch dort gibt es ein besonderes System zur Abstandswahrung: Die Klassenräume werden von hinten her aufgefüllt, von vorne wieder verlassen, gründlich gelüftet und von den Reinigungskräften penibel gesäubert.
„Das jeweils genutzte Klassenzimmer soll unmittelbar zuvor nicht besetzt gewesen sein“, so CBG-Chefin Buchheister. Sie hält es für „sehr vernünftig, dass man in Baden-Württemberg nicht zu forsch ist bei der Schulöffnung“. Am Heinrich-Sigmund-Gymnasium (HSG) Schriesheim darf der Gesichtsschutz erst im Klassenzimmer abgenommen werden, „sobald sich der jeweilige Lehrer vergewissert hat, dass der Sicherheitsabstand eingehalten wird“, teilt Direktor Wolfgang Metzger mit. Man fühle sich für den Schulbeginn gerüstet: Genügend Desinfektionsmittel seien vorhanden. Allerdings befürchtet Metzger, „dass die virologischen Herausforderungen über das Schuljahresende hinaus bestehen bleiben und 2020/21 ähnliche Flexibilität von allen Schulen abverlangen werden“.