Pandemie - Städtische Marketing GmbH übergibt Erlös aus Weihnachtsmarktpaketen / 45 000 Euro sollen Geschäftsausfall abfedern

Wie die Heidelberger ihren Schaustellern in der Krise helfen

Von 
Michaela Roßner
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Scheckübergabe (v.l.): Simon Heß, Ann-Christin Kirsch, Laura Treiber, Mathias Schiemer, Joe Schwarz, Marcel Oswald und Horst Kräher. © Philipp Rothe

Heidelberg. Karussell, Autoscooter, Schießbude: In den vergangenen Monaten gab es diese Vergnügungsangebote höchstens in alten Filmen. Die Corona-Pandemie hat der Schaustellerbranche – wie einigen anderen auch – arg zugesetzt. Doch nun bekamen die, die sonst andere glücklich machen, ein Lächeln ins Gesicht gezaubert: Heidelberg Marketing übergab den Budenbetreibern 45 000 Euro. Das ist der Erlös der spontan umgesetzten Idee, den Heidelberger Weihnachtsmarkt für daheim in einen Karton zu packen. 7500 Mal wurden eine Flasche Glühwein, Tassen, Magenbrot und gebrannte Mandeln verpackt – zum Teil in Nachtschichten, damit die riesige Nachfrage gedeckt werden konnte. Auch die Schausteller packten dabei mit an im kalten Lager von Heidelberg Marketing.

Heidelberger Weihnachtsmarkt

Der Heidelberger Weihnachtsmarkt ist auch überregional ein Magnet: Hoteliers und Pensionen berichten über eine Bettenauslastung „wie bei der Formel 1“ – also quasi eine Vollauslastung.

Rund 140 Stände verteilen sich in der Altstadt auf sechs Plätzen. Mit rund 70 Buden ist der größte Weihnachtsmarkt-Bereich auf dem Universitätsplatz zu finden.

Normalerweise öffnet der Weihnachtsmarkt von der vierten Novemberwoche bis kurz vor Heiligabend.

Mitte Oktober war der Weihnachtsmarkt 2020 wegen der Corona-Pandemie abgesagt worden. miro

Idee aus „Tassen-Not“ geboren

„Die Kunden kamen aus Heidelberg und ais dem Umland, im Lkw, im Auto oder mit dem Rad“, erinnert sich Mathias Schiemer, Geschäftsführer von Heidelberg Marketing, an den „Drive-In-Weihnachtsmarkt“ am 5./6. Dezember 2020 auf dem Neckarmünzplatz. Allein gut 2000 Pakete gingen an diesem Wochenende weg. Gut eine Woche vor dem Fest waren Glühwein, Tassen, Magenbrot und gebrannte Mandeln dann komplett ausverkauft.

Vom Preis in Höhe von 19,50 Euro je Paket gehen sechs Euro an die Schausteller. „Ich hätte am Anfang nicht zu hoffen gewagt, dass es so erfolgreich wird“, zeigt sich Schiemer dankbar für die Unterstützung: „Die Heidelberger haben wieder bewiesen, dass sie da sind, wenn sie gebraucht werden.“

Die Idee sei aus der Not geboren gewesen, erinnert sich Joe Schwarz, Leiter der Eventabteilung, an den Herbst. Als endgültig feststand, dass die Heidelberger Weihnachtsmärkte abgesagt würden, fiel der Blick auf die bereits gelieferten Glühweinbecher im Lager – zum Teil mit Jahreszahl beschriftet und begehrtes Sammelobjekt von Weihnachtsmarktfans.

Sie in Pakete zu packen und typische Adventsprodukte dazu zu stecken, hatte auch Firmen interessiert, die den „Heidelberger Weihnachtsmarkt to build (zum Selberbauen)“ ihren Mitarbeitern unter den Weihnachtsbaum schickten.

Marcel Oswald und Horst Kräher, die den Scheck jetzt stellvertretend für ihre Schaustellerkollegen in die Hand bekamen, strahlten „wie die Honigkuchenpferde“: Ich bin wirklich sehr gerührt“, sagt Kräher, der dem jungen „Schaustellerverein Region Heidelberg“ vorsteht. „Wir sind größtenteils Familienbetriebe, halten zusammen und schaffen das schon irgendwie“, gibt er sich trotz der schwierigen Lage optimistisch.

Heidelberg sei eine der ersten Städte Deutschlands gewesen, die während der Pandemie einzelne Stände und Buden in der City erlaubte, ist auch Oswald, Vorsitzender des Schaustellerverbandes Heidelberg, dankbar.

Von Juli bis Dezember konnte man an wenigen Stellen eigentlich für den Weihnachtsmarkt typische Produkte kaufen oder genießen. „Das hat sechs Monate lang eine Einnahmequelle gesichert“, ist Kräher begeistert. Doch während über die Altstadt verteilt einige wenige Händler Glühwein und Bratwurst „to go“ verkaufen konnten, fehlten Betreibern etwa vom Kinderkarussell komplett die Einnahmen.

Statt 44 nur ein Volksfest

„Statt 44 geplanten Messen und Volksfesten im vergangenen Jahr konnten wir nur eine einzige im Oktober in Stuttgart beschicken“, sagt Oswald nüchtern. Seine Familie betreibt Autoscooter und Karussells. Investitionen in die Technik gehören bei diesem Geschäft immer dazu – wegfallende Einnahmen fehlen quasi doppelt.

Die beiden Vereine wollen den Erlös der Weihnachtsmarktpakete nun gerecht an einen Kreis von etwa 25 bis 30 Kollegen verteilen. Und weil beim Geld bekanntlich manchmal auch der Spaß aufhört, verspricht Heidelberg-Marketing-Chef Schiemer ebenfalls, „danach zu gucken“, dass die Summe gut ankommt.

Redaktion Redakteurin Metropolregion/Heidelberg