Heidelberg. Ein altes Gespenst ist aufgewacht: Nach mehreren Jahren Ruhe wurden die Pläne für die Süddeutsche Erdgasleitung wiederbelebt. Besonders im Süden Heidelbergs sind die Sorgen groß: Befürchtet wird, dass die Trasse quer durch alte Kulturflächen aus Gärten und Weinbergen führt. Am Mittwochabend hören die Bezirksbeiräte im Stadtteil Rohrbach den Stand der Dinge. Bis 6. Juli wird das Projekt auch auf den Tagesordnungen der Bezirksbeiräte auf dem Emmertsgrund (29. Juni), in Kirchheim (30. Juni) und Wieblingen (6. Juli) stehen. Dazu ein paar Fakten.
Betreiber: Die Planungen zur Süddeutschen Erdgasleitung hat der Fernleitungsnetzbetreiber Terranets BW aufgenommen, Spezialist für Glasfasernetze. Das Unternehmen möchte die Gaspipeline in den nächsten fünf bis zehn Jahren realisieren. Zur Begründung verweist der Netzbetreiber auf steigende Nachfrage wegen des Kohleausstiegs und zur Belieferung von Gaskraftwerken.
Strecke: Die Erdgasleitung soll rund 250 Kilometer lang werden und führt von Lampertheim in Südhessen bis nach Bissingen in Bayern durch die Metropolregion.
Geschichte: Die Energieversorger Ruhrgas und Wingas hatten im Jahr 2002 zunächst getrennte Leitungswege in Süddeutschland gesucht. Auf Druck der Behörden wurden die Pläne zu einem Gemeinschaftsprojekt zusammengelegt. 2006 war das Projekt in der Region baureif – trotz Gegenwind aus der Stadt mit damals Oberbürgermeisterin Beate Weber und Umweltdezernent Eckart Würzner an der Spitze. Eine Klage der Stadt wurde wegen mangelnder Erfolgsaussichten wieder zurückgenommen. Richtung Stuttgart gab es aber ungeklärte Passagen. Ende 2008 stieg der Projektpartner Wingas (eine gemeinsame Tochter von BASF und russischer Gazprom) aus. Die damals auf 600 Millionen Euro Kosten taxierte Röhre sollte zunächst von der E.ON Gastransport GmbH (Tochterfirma der E.ON Ruhrgas) alleine geplant werden. Terranets übernahm die Planung der SEL von OGE (Open Grid Europe).
Baurecht: Im schwäbischen Bereich wird bereits an der Leitung gearbeitet. Doch Baurecht gibt es nicht für die gesamte Streckenlänge. Für die Grundstücke im Zuständigkeitsbereich des Regierungspräsidiums Karlsruhe ist das Baurecht erloschen, weil zu viel Zeit ohne Realisierung verstrich seit der Genehmigung 2006. Das betrifft auch den Bereich in Heidelberg. Die alten Pläne berührten Gemarkungen der Stadtteile Emmertsgrund, Rohrbach, Kirchheim und Wieblingen. Es müsste nun ein neues Planfeststellungsverfahren durchlaufen werden. Laut Stadtverwaltung zeigt sich der Leitungsbauer offen für geänderte Streckenführungen.
Sicht der Stadt: Die Verwaltung sieht die Planungen laut Vorlage für den Bezirksbeirat kritisch: „Zum einen steht die Frage der Erforderlichkeit eines fossilen Energieträgers im Hinblick auf die Energiewende mit erneuerbaren Energien im Raum, zum anderen müssen die Eingriffe in Natur und Landschaft sowie Beeinträchtigungen der Landwirtschaft zwingend vermieden werden.“
Vorgehen: Terranets hat mit Vermessungsarbeiten begonnen und sieht für die zweite Jahreshälfte eine Umweltverträglichkeitsprüfung vor. Auch die Öffentlichkeit solle bald umfassend eingebunden werden. Die Stadt ist Verfahrensbeteiligte. Die Verwaltung ist nach eigenen Angaben im Moment damit befasst, „weitere Informationen – insbesondere auch zum Raumordnungsverfahren aus den Jahren 2003-2004 – einzuholen, um die kommunalen Handlungsspielräume für das künftige Planfeststellungsverfahren auszuloten“.