Porträt - Imke Poeschel und Joachim Kurz sind das neue Führungsduo des Karlstorkinos / Zwei Kinos in Alt- und Südstadt?

Drei Chefs, zwei Standorte

Von 
Michaela Roßner
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.Das Karlstorkino stellt sich neu auf (v.l.): Medienforum-Vorstand Claus Schmitt mit den beiden neuen Geschäftsführern Joachim Kurz und Imke Poeschel. © Philipp Rothe

Heidelberg. Ein Filme liebendes „Nordlicht“, das die Zahlen und das Organisatorische im Blick halten wird und ein kreativer Filmexperte aus der Region, der die Szene bestens kennt und sich vor allem um das Programm kümmert: Imke Poeschel und Joachim Kurz sind die neuen Geschäftsführer des Karlstorkinos. Mit der Corona-Pandemie und dem geplanten Umzug des Karlstorbahnhofs in die Heidelberger Südstadt haben die beiden gleich zwei Herausforderungen zu bewältigen.

Karlstorkino

  • Das Karlstorkino wird vom 1990 gegründeten Verein Medienforum Heidelberg getragen.
  • Im Juni 1948 war von Studierenden der Filmclub Heidelberg gegründet worden, der bis in die 1970er-Jahre existierte. Es war der erste deutsche, von Studierenden gegründete Filmclub.
  • 2004 wurde das Karlstorkino zum drittbesten Kommunalen Kino gewählt. 2018 und 2008 erhielt das Medienforum den 2. Platz beim Kinopreis Stiftung Deutsche Kinemathek.
  • Das Karlstorkino finanziert sich durch Zuschüsse der Stadt (127 000 Euro), des Landes (63 000 Euro) und muss 150 000 Euro selbst erwirtschaften.
  • Im vergangenen Jahr gab es ein Besucherplus von 1200 Personen: 2019 kamen rund 18 500 Menschen.
  • Der Heidelberger Gemeinderat hat im Dezember 2017 den Umzug des Kulturhauses und soziokulturellen Zentrums Karlstorbahnhof in die ehemalige Kutschenhalle auf der Konversionsfläche Campbell Barracks beschlossen. Auch der „Klub K“ und das Karlstorkino mit Medienforum sollen den Standort wechseln. Rund 20 Millionen Euro wird es kosten; Bund und Land beteiligen sich an der Summe. Ende 2021 soll die neue Spielstätte in der Südstadt fertig sein; der Umzug aus der Altstadt ist für Anfang 2022 vorgesehen.
  • „Die Stadt braucht zwei Kommunale Kinos“, argumentiert hingegen Claus Schmitt, Geschäftsführender Vorstand des Medienforums, dass das Karlstorkino am alten Standort bleiben möchte. Mit der Erweiterung des jetzigen „Klub K“ über dem Kino selbst. „Dort möchten wir zum Beispiel Diskussionen mit Regisseuren anbieten“, verweist Schmitt auf die – durch Corona zusätzlich beengten – Räume im Erdgeschoss. In der Südstadt wachse gerade eine Stadtteilgesellschaft, die durch junge Familien geprägt sein werde, geht der Vorstand auf Unterschiede der Standorte und den Bildungsauftrag des Kommunalen Kinos ein. Dort könnte beispielsweise eine „Kinderwagen-Kinoreihe“ sehr erfolgreich sein, sieht er Raum für Neues. 

„Wir wollten die Stelle eigentlich mit einer Person besetzen“, erinnert sich Claus Schmitt, Geschäftsführender Vorstand vom Verein Medienforum Heidelberg, der das Haus als kommunales Kino betreibt. „Als wir die Gespräche geführt haben, war uns klar: Wie wollen beide!“ Nun sei man „sehr, sehr glücklich“ mit der Doppelspitze. Poeschel hat am 1. Juli angefangen, Kurz am 1. August.

Drei Monate geschlossen

Drei Monate hatte das Kino im alten Bahnhofsgebäude am Ende der Altstadt Corona-bedingt geschlossen. Mit einem Hygienekonzept durften ab Mitte Juni wieder Filme gezeigt werden. Aber die Kapazität an Plätzen ist im Saal auf ein Viertel geschrumpft, weil immer zwei Reihen Abstand und jeweils ein Platz frei bleiben. Trotzdem: „Die Besucher kommen wieder“, freut sich Schmitt. Dankbar ist er, dass zwischen dem eigentlichen Kino und dem Bahngleis nun ein kleines Freiluftkino öffnen durfte. „Midnight Madness“ heißt die Reihe, die klassisches, skurriles und Nischen-Kino jeweils Freitag und Samstag ab 21.30 Uhr zeigt. „Schön schräg“ findet die neue Geschäftsführerin die Filmauswahl „genau nach meinem Geschmack“. Dazu komme: „Man weiß nie genau, was drumherum passiert: Kommt ein Güterzug vorbei oder braust ein Rettungswagen die B 37 entlang?“

Die 38-Jährige ist im ostfriesischen Leer geboren und hat in Passau Betriebswirtschaftslehre studiert. Stationen ihres Berufslebens waren unter anderem acht Jahre das Filmfest Braunschweig. Einen kurzen Abstecher in die Metropolregion Rhein-Neckar hatte sie 2010 beim Mannheimer Konzertveranstalter „BB-Promotion“ gehabt. „Dann bin ich aber wieder in den Norden, zum Filmfest Oldenburg.“ Seit 1. April ist Poeschel parallel beim Filmfest Mannheim-Heidelberg unter anderem für Personalfragen zuständig. Zwei Jobs, die sich aus ihrer und Schmitts Sicht bestens ergänzen – zumal das Filmfest Mannheim in diesem Jahr wohl unter anderem im Karlstorkino „gastieren“ wird.

Joachim Kurz (53) kommt aus Speyer und hat Film- und Theaterwissenschaften in Bochum studiert. Er kennt die Szene als Lektor, Buchautor und Journalist sowie als Mitgründer und Herausgeber des seit 17 Jahren betriebenen Arthouse-Filmportals „kino-zeit“. Seit 2009 gehört er zur Jury der Filmbewertungsstelle in Wiesbaden. Das Karlstorkino kennt er schon gut: Als Filmkritiker und Referent ist er häufig hergekommen. „Bei solchen Diskussionen nehme ich immer auch selbst etwas mit“, setzt er auf Gespräche „auf Augenhöhe“ mit Filmfreunden jeden Alters. Die gemeine Frage nach seinen Lieblingsfilmen beantwortet er lächelnd und mit Verweis auf seine Magisterarbeit zu Lars von Trier mit „auf jeden Fall Genre-Filme: Es muss wuchtig und dramatisch sein – das Ende der Welt, darunter mache ich es nicht“.

Auch Kurz hat noch einen weiteren Chefposten: Er kuratiert und organisiert gerade ein für April 2021 geplantes Heimatfilm-Festival in Oberbayern. Wie bitte? Genau dieses Thema, versichert Kurz, sei gerade sehr wichtig. Was bedeutet Heimat. Wie findet man sie in einer multikulturellen und mit Migration befassten Gesellschaft? Für junge Menschen wirke der Begriff Heimat eher abgedroschen – gleichzeitig erlebe er eine neue Beliebtheit. Für Heidelberg kann sich Kurz ebenfalls gut eine solche Filmreihe vorstellen. Poeschel ist gleich Feuer und Flamme: Als viel herumgekommenes „Nordlicht“ hat sie sofort einige Assoziationen zum Thema. Da scheinen sich zwei gefunden zu haben.

Redaktion Redakteurin Metropolregion/Heidelberg

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